Aus dem Briefwechsel (3)Beispiele zur Information und Anregung
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Pro Zukunft e-Mail der Humanistischen AKTION am 24.02.1999 an
- Wissenschaftspark Gelsenkirchen Sehr geehrte Damen und Herren, danke für Ihre Einlaung zu Ihrer Veranstaltung 'Ethik der Zukunft' am 4. März '99. Zu diesem Thema möchte ich Sie hinweisen auf drei Texte:
1. 'Globales Verantworten - Neuorientieren in Kultur und Politik'
3. 'Humanistisches Werte-System - Versuch einer Neu-Orientierung'
3. 'Menschliche Zukunft - Über die eigentlichen Probleme und
Lösungen.' Zu Ihrer Vorschau zum Thema 'Zwischen Protest und Konsens: Wo liegen die Solidarisierungs- und Protestpotentiale in der Zukunftsgesellschaft' möchte ich ergänzend den Bereich Innovationspotentiale erwähnen. Am 13. Januar '99 hatte ich an 4 von den 5 von Ihnen als Veranstalter genannten Organisationen eine e-Mail geschickt, von der ich nicht weiß, ob sie auch angekommen ist, deshalb nachfolgend noch einmal der Text: danke für Ihre Einladung zu 'Investitionen in lernende Organisationen' am 28.01.99. Sie haben mit dieser Veranstaltung ein grundlegend wichtiges Thema angesprochen. Leider kann ich nicht daran teilnehmen, bin aber sehr an dem Thema (ebenso an 'Weltumspannende Ethik') interessiert und würde gern in irgendeiner Weise daran mitwirken, da ich mich seit längerer Zeit damit befasse. Ich denke, daß eine nachhaltige Lösung des Problems der Unbeweglichkeit hinsichtlich Veränderung und Weiterentwicklung mental durch eine neue Sinn-Orientierung eingeleitet werden könnte, die in ganzheitlicher Weise den Menschen mehr als bisher in die jeweiligen Sachgebiete mit einbezieht.
Bekanntlich ist der Mensch das Problem des Menschen - und auch die Lösung.
Sein Handeln wird letztlich bestimmt von seinem mehr oder weniger vorhandenen
und bewußten, mehr oder weniger realen und ganzheitlichen Welt- und
Menschenbild. Auch die noch so nüchternen
Bei Interesse finden Sie einige Texte auf meinen Internet-Seiten. Ich würde
mich freuen, wenn Mit freundlichen Grüßen Rudolf Kuhr
Tel/Fax 089 129 35 30
Antwort (einzige)
eMail: Organization: Z_punkt buero fuer zukunftsgestaltung GmbH lieber herr kuhr,
vielen dank für ihr engagement und initiative. wir (z-punkt und sfz)
arbeiten
vielen dank noch einmal für ihre anfrage und anregungen und alles gute
für Unterschrift
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Mythos
und Wissenschaft Leserbrief zum Artikel 'Mythos und Wissenschaft' Heft 2/99, S.36 Die abschließende Frage von Prof. Mitschke "Was bedeutet eigentlich ganzheitlich? Ist das wirklich mehr als eine Leerformel?" möchte ich wie folgt beantworten: Ganzheitlich ist - analytisch gesehen - zunächst wie alle anderen Begriffe eine Leerformel oder besser eine leere Worthülse, die mit einem mehr oder weniger umfangreichen Inhalt gefüllt werden kann, und zwar unterschiedlich vom Sender und Empfänger. Ich verstehe unter ganzheitlich das Bemühen, alle vorhandenen Teilbereiche mit einzubeziehen, um ein sinnvolles Bild von etwas zu erhalten und ein sinnvolles Verhalten zu ermöglichen. In dem Satz von Dr. Pilick "Mythos ist als ganzheitliches Gegenbild in der heutigen, vom wissenschaftlichen Denken beherrschten Welt ganz wichtig." ist der Begriff ganzheitlich nicht korrekt verwendet worden. Nach meiner Auffassung müßte es heißen: "Mythos ist für diejenigen, welche die heutige Welt als vom wissenschaftlichen Denken beherrscht empfinden, ganz wichtig, um zu einem ganzheitlichen Gegenbild zu kommen." Ob jenen das bei diesem Ansatz und Empfinden gelingt, das ist allerdings fraglich. Nach dem, was ich über das Seminar gelesen habe, war dieses vom Ansatz her auch gar nicht ganzheitlich ausgerichtet. Es sollte wohl lediglich die bestehende Position des Veranstalters bestätigen. Schade, daß die Zeit und Energie nicht für sinnvollere und not-wendigere Themen verwendet wurde. Wenn kontroverse Positionen zwischen Freireligiösen und Freidenkern, die seit 150 Jahren immer wieder zu Namensänderungen und Abspaltungen geführt haben, versöhnt werden sollen, dann müßte es ein gemeinsames Ziel geben, das in seinem Anspruch möglichst über den beiden bestehenden Vorgaben liegt. Da wird auf der einen Seite der Mythos bemüht, was so viel bedeutet wie Erzählung, Fabel, Geschichte, Legende, Märchen, Sage, Überlieferung, im Dunkel der Vorzeit liegende Erinnerung eines Volkes. Und auf der anderen Seite wird von der Wissenschaft gesprochen wie von einem selbständigen Wesen, "sie ist bemüht", "sie haßt", "sie überwindet", ohne zu berücksichtigen, daß es lediglich Menschen mit oft fragwürdigen Zielen und Motiven sind, die sich ihrer - nicht selten mehr schlecht als recht - bedienen, wie wir täglich erkennen müssen. Wie viele unserer zurückliegenden und heutigen Probleme verdanken wir nicht sowohl den mythisch, als auch den wissenschaftlich orientierten Menschen? Solange man sich auf beiden Seiten an Wegen bzw. Methoden wie dem mehr gefühlsbetonten Mythos einerseits und der mehr verstandesbetonten Wissenschaft andererseits orientiert, anstatt an einem ganzheitlichen, beide Teilbereiche integrierenden Ziel, solange muß an der Ernsthaftigkeit ein gemeinsames Ziel erreichen zu wollen oder sogar an der Fähigkeit dieses zu können, gezweifelt werden. Wenn Freireligiöse und Freidenker und andere Separatisten - um das Wort Sektierer oder gar Extremisten nicht zu gebrauchen - nicht erkennen wollen oder können, daß Liberalismus lediglich die Freiheit ist, keine Gesinnung zu haben und zu behaupten, gerade das sei Gesinnung (Karl Kraus), solange wird es keine Versöhnung geben und werden sie auch nicht zur Weiterentwicklung der Gesellschaft beitragen. Was heute vordringliche Aufgabe wäre, das wäre Menschenbildung, Arbeit am Menschen als Grundlage für Stabilität von Gesellschaft und Umwelt. Von daher ist eine Neuorientierung, die bei einigen Vereinigungen mit der Umbenennung in Humanisten erkennbar wird, sehr zu begrüßen, vorausgesetzt es bleibt nicht bei der Namensänderung. Es ist nicht unbedingt Zeichen von Stabilität, wenn an alten Namen festgehalten wird, sondern eher von Unbeweglichkeit. Es ist aber nicht auch schon ein inhaltlicher Fortschritt, wenn sich die Veränderung auf den Namen beschränkt und nicht in den inneren Strukturen und in den Aufgaben fortsetzt. Ein Bekenntnis zum Humanismus ist jedoch eine optimale Orientierung, weil sie das für uns Menschen Wesentliche enthält. Wann endlich erkennen die Freireligiösen und auch die Freidenker, daß es stets auf die Zielvorgabe ankommt, vor allem anderen. Wenn Freireligiosität und Freigeistigkeit nicht einem konkreten Ziel untergeordnet werden, besteht die Gefahr, daß sie ebenso wie Christentum oder Liberalismus den unbewußten Gefühlen ihrer Benutzer ausgeliefert bleiben und zum Selbstzweck gemacht bzw. mißbraucht werden. Wann endlich erkennen zunächst einmal jene Menschen, die ein gewisses Maß an Mit-Verantwortung zu ihrer Mit-Welt empfinden, daß es heute not-wendiger als jemals zuvor um eine Orientierung an der Menschlichkeit geht, und zwar an positiver Menschlichkeit. Wann erkennen endlich die mit allem nur möglichen Wissen vollgestopften Intellektuellen, daß sie sich verantwortungslos verhalten, wenn sie weiter wie bisher in autistischer Weise in ihren elitären Nischen verharren und nichts zur Bewußtseinsbildung in Richtung positiver Menschlichkeit beitragen. Es ist deprimierend, wie manche auf die Frage nach ihrem weltanschaulichen Bekenntnis mit fadenscheinigen Argumenten einer humanistischen Orientierung ausweichen, vermutlich aus Angst davor, sich selbst mit in die Pflicht nehmen zu müssen. Ein erschreckendes Zeichen von menschlicher Entartung, wenn ein Bekenntnis zum Leitbild der eigenen Art verweigert wird. So wie wir erst in letzter Zeit gelernt haben, Luft und Wasser nicht schonungslos verbrauchen zu können, genau so werden wir lernen müssen, Menschlichkeit nicht als selbstverständlich gegeben hinzunehmen und ge- bzw. verbrauchen zu können, zumal diese nicht naturgegeben ist, sondern von jedem Menschen neu erlernt werden muß. So wie wir heute in den Urwald gehen, um Material für Gen-Banken zu sammeln, so könnten wir bei Ur-Einwohnern lernen, uns wieder zum Menschentum zu bekennen, denn diese nennen sich einfach Menschen, wenn sie nach ihrer eigenen Bezeichnung gefragt werden. Es wird höchste Zeit, der zunehmenden Entwicklung negativer Menschlichkeit mit zunächst einmal geistigen Strukturen positiver Menschenlichkeit dieser bedrohlichen Entwicklung entgegenzuwirken. Das beginnt bei vernunftbegabten Menschen mit einem Leitbild vom Menschen und einem bewußten Bekenntnis dazu, wenn eine sinnvolle Lebensgestaltung angestrebt wird. Um diesem Ziel näher zu kommen, wird ein verantwortungsbewußter Mensch den Stand seiner eigenen Entwicklung kritisch überprüfen und feststellen, daß eine Orientierung an Freiheit, Religiosität oder Wissenschaft ohne eine, diesen Bekenntnissen übergeordneten Orientierung an positiver Menschlichkeit nicht ausreichend, nicht sinnvoll und nicht verantwortbar ist, und daß andererseits die gewünschte Freiheit, Religiosität und Wissenschaft ja in dem Ideal vom mündigen Menschen unabdingbar enthalten sind. Eine verinnerlichte Orientierung an einem Leitbild vom Menschentum, am Humanismus wird manchen Streit um die alleinige Richtigkeit von Wegen oder Methoden überflüssig und manche ethische Pflicht zum Bedürfnis werden lassen. Wäre es nicht an der Zeit und eine sinnvolle Aufgabe sowohl für Gemeinschaften, als auch für den Einzelnen, zu fragen, wieweit das Handeln den eigenen Zwecken dient - was bis zu einem gewissen Grad durchaus notwendig ist - und wieweit es der Stabilität und Weiterentwicklung der Gesellschaft dient? Wäre es nicht an der Zeit, öfter mal zu fragen, wer für die Stabilität und Entwicklung unserer Gesellschaft und der Menschheit verantwortlich ist? Sind es die Politiker, die Philosophen, die Theologen, die Lehrer, die Schriftsteller? Können wir es uns erlauben, so wie bisher individualistisch und abgrenzend weiterzumachen? Müssen wir nicht über die Toleranz hinaus Möglichkeiten der Zusammenarbeit suchen und wahrnehmen, um unseren - nach unserer Erfahrung - sinnvolleren Glauben oder unsere wirklichkeitsnähere Erkenntnis mehr als bisher unter Beweis zu stellen, sie in entsprechendes Handeln umzuformen und die Gesellschaft im Sinne von mehr Menschlichkeit konstruktiv mitzugestalten? Eine der am wenigsten Kraft und Zeit erfordernden Möglichkeiten wäre zunächst einmal, Zeichen zu setzen, indem wir uns weniger abgrenzen, sondern zum alle Menschen vereinenden Humanismus bekennen und damit diese für viele noch neue Orientierung ins öffentliche Bewußtsein tragen. Obwohl es für die meisten, in den verschiedenen Gruppierungen Tätigen selbstverständlich sein mag, letztlich mit ihrer Arbeit doch irgendwie auch für die Verbesserung der Menschlichkeit tätig zu sein, erscheint es mir jetzt wichtig, diese Selbstverständlichkeit wieder mehr bewußt zu machen. Freie Religion - wofür? Freies Denken, freier Geist - wofür? - Freiheit schließt Menschlichkeit in positivem Sinne keineswegs aus, läßt sie aber auch sehr leicht in den Hintergrund treten, wie wir in unseren eigenen Reihen leider nicht selten feststellen können. Bewußte Orientierung am Ideal positiver Menschlichkeit aber schließt Freiheit unabdingbar mit ein und dürfte eher geeignet sein, diese fördern. Daher gibt es bisher keine sinnvollere und not-wendigere Orientierung als den Humanismus.
Rudolf Kuhr
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Phoenix
TV
München, 20.02.99
Phoenix Grundsätzliches Sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich, daß es Ihren Kanal gibt. Er ist mir inzwischen der wichtigste geworden. Selten, daß ich mal reinschaue und es läuft etwas, was mich nicht interessiert, wie z.B. Berichte über Adel und Königshäuser und andere restaurative Angebote. Ich informiere auch in meinem Bekanntenkreis über Ihr niveauvolles Programm, aber leider haben nicht wenige längst resigniert und ihren Fernseher abgeschafft. Sehr gut finde ich die deutlichen Einladungen zum Anrufen und Faxen. Hiermit erfüllen Sie als Medium eine sehr wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Das Medium Fernsehen sollte allgemein viel mehr herausfordern und vermitteln als unterhalten, denn Unterhaltung gibt es im Überfluß und wird als alleiniger Zweck leicht für unselbständige Menschen zur Droge. Sehr gut finde ich auch das Ritual, bei Übertragungen von politischen Veranstaltungen zwei unterschiedliche Journalisten zu ihrer Meinung zu befragen. Das fördert sehr die eigene Urteilsbildung. Auch das regelmäßige Interview mit einem Journalisten aus Bonn zu einem aktuellen Thema 'Bon(n)jour' ist eine gute Sache. Mit gefällt z.B. die Studiogestaltung Ihrer Gesprächsrunden, besonders der farblich kontrastreich und doch sehr harmonisch gestaltete Hintergrund. Bitte lassen Sie sich nicht davon abbringen und behalten Sie die schlichte Gestaltung bei, denn das Bild soll möglichst wenig vom Inhalt ablenken und schon gar nicht diesen erschlagen, wie das jetzt bei anderen Sendern immer mehr geschieht. 'In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister!' Was mich aber stört, ja entsetzlich nervt, das ist die Musik zu Ihren Zwischentiteln. Dieses "Tschingderätätä", das dann meist auch noch mehrmals direkt hintereinander erfolgt ist für meine Ohren dermaßen unerträglich, daß ich meist den Ton wegschalte. Vielleicht können Sie sich doch irgendwann mal zu einer dezenteren Musik durchringen, die wohl auch eher zum Charakter Ihrer Sendungen passen würde, in der es doch um Inhalte geht. Ich denke da an einen einfachen Gong, der in früheren Zeiten mal Mode war und mir noch in wohltuender Erinnerung ist. Ich finde, da Sie mit Ihrem Programm an sich auf einer sehr vernünftigen Linie sind und wie man hört, auch ankommen, da müssen Sie sich nicht mit Ihrer Titelmusik an dem inflationären Spektakel der übrigen Sender beteiligen. Auch die Eigenwerbung könnte inzwischen vielleicht etwas kürzer ausfallen. So viel zunächst einmal als kurze persönliche Rückmeldung, die ich Ihnen schon längst mal zukommen lassen wollte. Ich hoffe, daß Ihnen viele Zuschauer ihre Meinung, ihre Wünsche und auch Kritik mitteilen, wenn nicht, sollten Sie vielleicht hin und wieder dazu auffordern. Es würde sicher beiden Seiten guttun.
Mit besten Wünschen Rudolf Kuhr
Anlage PHOENIX
Der Ereignis- und Dokumentationskanal von ARD und ZDF
Herrn 80636 München 23.03.99 Sehr geehrter Herr Kuhr,
wir freuen uns über Ihr Interesse an PHOENIX, über Lob für
unsere
Wenn Sie unsere Musik "nervt", kann ich Ihnen sagen, daß wir uns
Wir hoffen, daß Sie uns als Zuschauer weiterhin begleiten und verbleiben
Britta Henke-Thomson Anmerkung: Die nervende Musik ist bis heute (2008) noch dieselbe! R. K.
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Freidenkertum -
wohin? Bekenntnis zum Humanismus Die Tradition der Freidenker kann zweifellos noch verbessert werden, sagt Finngeir Hiorth. Eine erfreuliche und hoffnungsvolle Aussage und Einstellung. Sinnvoll wäre es, das Bekenntnis zur humanistischen Ethik als wesentlichen Inhalt über die Form des Weges zu stellen. Freies Denken ist kein Selbst- und kein Endzweck, dagegen ist dieses in einer humanistischen Ethik unabdingbar enthalten. Die auf uns zukommenden - hoffentlich im geistigen Bereich bleibenden - Auseinandersetzungen mit anderen, auch fundamentalistischen Religionen bräuchte als Gegenüber eindeutige Orientierungen. Und zwar solche, die sich ganz konkret an der Menschlichkeit ausrichten. Es wird in naher Zukunft nicht mehr ausreichen, nur tolerant zu sein gegenüber freiheitseinschränkenden Religionen und Kulturen. Es wird erforderlich werden, klare Bekenntnisse zur Menschlichkeit als Alternative zu vertreten und einen konstruktiven Dialog anzubieten.
Was würden die Freidenker und Freireligiösen verlieren, wenn sie
sich deutlicher zum Humanismus bekennen würden, was würden sie
gewinnen? Wäre es Verrat oder Fortentwicklung ihrer Tradition, wenn
sie ihre bisherige Bezeichnung als eine Entwicklungsstufe sehen und zugunsten
eines zielgerichteteren, konkreteren und sinngebenderen Bekenntnisses aufgeben?
Würde ein solcher Schritt Schwäche oder Stärke beweisen?
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Zur Wahl in Hessen Februar
1999 Die Wähler haben entschieden, gewertet werden aber nur die Stimmen derjenigen, die an der Wahl teilgenommen haben. Die Nichtwähler, mit 33,6% stärkste Gruppe aller Wahlberechtigten, zählen nicht mehr. Wenn nun Politiker davon sprechen, daß "der" Wähler ihrer Partei den Auftrag gegeben hat, dann wird deutlich, wie leicht diejenigen sich selber täuschen, die für alle Bürger Verantwortung übernehmen wollen. Nachfolgend ein Vergleich der Ergebnisse mit und ohne Nichtwähler, zwischen den offiziellen und den effektiven Zahlen:
Offiziell: CDU 43,4; SPD 39,4; Grüne 7,2; FDP 5,1; andere 4,9 Prozent
In diesem Vergleich wird deutlich, daß die stärkste Partei nicht von 43,4% der Bevölkerung gewählt wurde, sondern bei der Wahlbeteiligung von 66,4% lediglich von 28,8% der Wahlberechtigten. Ein Bewußtsein von den effektiven Zahlen könnte den Gewinnern vielleicht zu etwas mehr Bescheidenheit und bei nachdenklichen Politikern möglicherweise zu einer realistischeren Politik beitragen. Rudolf Kuhr, München
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Wahl-Berichterstattung
München, 04.02.99
ZDF Chefredaktion gleichlautend an
ARD Büro, Bertramstr.8, 60320 Ffm Fax 069 1552075 sowie Wahl-Berichterstattung Sehr geehrte Damen und Herren, im Hinblick auf die bevorstehende Wahl möchte ich anregen, bei der laufenden Bekanntgabe der Zwischenergebnisse sowie der Endergebnisse stets auch die Zahl der Wahlbeteiligung mit anzugeben. Für jeden Bürger, der sich für die Zusammenhänge in Politik und Gesellschaft interessiert, ist diese wichtige Information von Anfang an von Bedeutung. Erst unter Einbeziehung dieser Zahl kann er sich ein ganzes Bild über die politischen Verhältnisse in der Bevölkerung machen. Erst wenn ein Ergebnis von beispielsweise 50% im Verhältnis zur Wahlbeteiligung von beispielsweise 70% gesehen wird, kann deutlich werden, daß nicht etwa die Hälfte der Bevölkerung die betreffende Partei gewählt hat und deren Richtung vertritt, sondern lediglich gut ein Drittel, nämlich 35%. Zu einer Berichterstattung, die nicht nur die Wähler, sondern alle Bürger betrifft, gehört eigentlich auch eine ganzheitliche Information über die wichtigsten Daten der Wahlentscheidung. Ich bitte freundlich um eine kurze Stellungnahme, was Sie von dieser Anregung zu einer umfassenderen Angabe der Wahlergebnisse halten. Mit freundlichem Gruß Rudolf Kuhr
Infratest dimap
Humanistische AKTION Berlin, 4. Februar 1999 Hi/Han Ihr Schreiben zur Wahl in Hessen Sehr geehrter Herr Kuhr, zunächst herzlichen Dank für Ihr Schreiben zum Thema Wahlberichterstattung. Wir bemühen uns bei der Wahlberichterstattung um eine möglichst ganzheitliche und analytisch fundierte Berichterstattung. Grundsätzlich gehört hierzu auch die frühest-mögliche Information, da gebe ich Ihnen völlig recht, über die Wahlbeteiligung. Die Ermittlung der Wahlbeteiligung ist allerdings empirisch etwas komplizierter als die Ermittlung des Wahlergebnisses, weshalb die Wahlbeteiligung bislang bei Infratest dimap keinen Eingang in die 18 Uhr-Prognose fand. In der Regel liegt eine gesicherte Annahme für die Wahlbeteiligung erst nach Vorliegen einer ausreichenden Zahl von Stimmbezirksergebnissen mit der jeweiligen Wahlbeteiligung vor. Dies ist i.d.R. erst zwischen 19 und 20 Uhr der Fall. Wir prüfen allerdings derzeit die Zuverlässigkeit von Verfahren, die Wahlbeteiligung bereits im Rahmen der Wahltagsbefragung zu ermitteln und dann um 18 Uhr zusammen mit der 18 Uhr-Prognose zu veröffentlichen. Diese Verfahren werden allerdings noch nicht bei der Landtagswahl in Hessen zur Anwendung kommen. Sollten Sie hierzu noch Fragen haben, rufen Sie mich gerne jederzeit an. Mit freundlichen Grüßen
Infratest dimap
ZDF
Humanistische AKTION Mainz, 11.02.1999 Sehr geehrter Herr Kuhr, vielen Dank für Ihr Schreiben, das ich Ihnen als verantwortlicher Redakteur beantworten darf. Die frühzeitige Ermittlung und Bekanntgabe der Wahlbeteiligung gehört seit langem zu den Elementen unserer ZDF-Wahlberichterstattung. Zwischen 1 7.45 und 18.00 Uhr wird die bisherige Wahlbeteiligung analysiert, um 1 8.00 Uhr wird mit der Prognose des Wahlergebnisses eine Hochrechnung der Wahlbeteiligung bekanntgegeben. Während des gesamten Wahlabends ist dieser Wert immer wieder Thema in analysierenden Gesprächen mit den Wahlforschern der Forschungsgruppe Wahlen und den Spitzenpolitikern der Parteien. Die Hochrechnungen und Wahlergebnisse sind daher in der ZDF-Wahlsendung stets im Zusammenhang mit der Wahlbeteiligung zu bewerten. Ihnen nochmals Dank für Ihre Anregungen, bleiben Sie dem ZDF auch weiterhin gewogen, mit freundlichen Grüßen Stefan Raue
ARD-Radio &TV Frankfurt, 18. Februar 1999
Humanistische AKTION Wahlberichterstattung Sehr geehrter Herr Kuhr, haben Sie besten Dank für Ihr Schreiben vom 4. Februar 1999. Ihren Überlegungen kann man sicherlich ungeteilt zustimmen. Wenn ich recht sehe, war Gegenstand der Berichterstattung über die Hessischen Landtagswahlen am 7. Februar 1999 durch den Hessischen Rundfunk auch regelmäßig die Wahlbeteiligung. Ich rechne darauf, daß es in Ihrem Sinne ist, wenn ich Ihr Schreiben im Blick auf die Tatsache, daß die nächsten Landtagswahlen in der Bundesrepublik Deutschland im Land Bremen stattfinden, an Radio Bremen weiterleite. Radio Bremen wird im ARD-Verbund für die entsprechende Berichterstattung zuständig sein. Mit freundlichen Grüßen Erhard Metz Kopie: Intendanz Radio Bremen
Leider wurden auch bei der Wahl in Bremen wieder keine Zahlen über die Wahlbeteiligung gezeigt. nach oben |
Zukunft
München, 08.01.99
W D R Sendung 'mittwochs live - Nach uns die Zukunft?' vom 06.01.99
Sehr geehrter Bernd Müller, ich habe mit großer Aufmerksamkeit Ihre interessante Sendung verfolgt und festgestellt, daß ein wesentlicher Bereich unserer zurückliegenden, derzeitigen und zukünftigen Probleme zu wenig beachtet wird: der Mensch. Zukunfts-Themen werden gern auf Technik, Ökologie, Wirtschaft oder Politik ausgerichtet und entsprechend behandelt. Was meistens fehlt, das ist das Thema Menschlichkeit. Dabei ist der Mensch das Problem des Menschen. Nicht die Technik bringt die Gefahr oder den Segen, sondern der Mensch, der sie schafft und sich ihrer bedient. Je weniger erwachsen und damit verantwortlich ein Mensch ist, um so eher läßt er sich zur Überschätzung und zum Mißbrauch der Technik verführen. Mehr ganzheitliche Denk-Ansätze sind erforderlich, denn immer sind es Menschen in ihrer geistigen Grund-Einstellung und Befindlichkeit, welche die Technik und andere Gebiete entwickeln und es sind Menschen, welche die Ergebnisse aus diesen Gebieten anwenden. Wenn bei dem Thema Zukunft im Vordergrund das Gebiet der Technik steht, dann ist das etwa so, als wenn beim Thema Fußball-Spiel vordergründig das Gebiet der technischen Beschaffenheit des Balles behandelt wird. Bei Zukunfts-Fragen wäre deshalb der Mensch und die Menschlichkeit vor allen anderen Gebieten zu behandeln, wenn das Thema nicht nur eine Alibifunktion erfüllen und zur Selbsttäuschung führen soll. Warum wird der Mensch als Verursacher der Probleme und als Endverbraucher der Zukunftsvisionen nicht in die Überlegungen mit einbezogen? Was ist Menschlichkeit, woraus besteht sie, wie entsteht sie, wie könnte, wie sollte, wie muß sie sein, wenn eine Erhaltung, Stabilisierung und Verbesserung der derzeitigen Verhältnisse innerhalb der Gesellschaft und zwischen Mensch und Natur erreicht werden sollen. Welche Motive treiben Wissenschaftler, Techniker, Wirtschaftler, Politiker an zu ihren Handlungen? Welche Welt- und Menschenbilder liegen ihren Motiven zum Handeln zugrunde? Wie bilden sich diese Welt- und Menschenbilder und die entsprechenden Werte? Sind die maßgebenden Bilder und Bildungs-Einrichtungen einer sinngebenden, ethischen Orientierung noch aktuell und zukunftsweisend? Die Medien gehören gleich nach dem Thema Menschlichkeit, noch vor den Themen Technik usw. in den Bereich der Zukunfts-Fragen. Die Medien sind viel wichtiger bei der gesellschaftlichen Entwicklung als bisher allgemein angenommen wird. Die Medienmacher haben viel mehr Verantwortung als ihnen bewußt ist und an ihren Produkten erkennbar wird. Sie könnten mehr Mediatoren sein, anstatt Unterhalter und Verstärker traditioneller Positionen. Es ist an der Zeit, zu diskutieren, ob die vom Gesetzgeber den öffentlich-rechtlichen Medien vorgegebenen Aufgaben Information, Bildung und Unterhaltung noch aktuell sind, und ob nicht die Vorgabe Unterhaltung durch Mediation ersetzt gehört. Bei dem heutigen Überangebot an Informationen und sinnlichen Einflüssen ist sogar zu fragen, ob Unterhaltung ohne einen gewissen ethischen Anspruch nicht als Droge eingestuft gehört. Das Thema Zukunft erfordert eine vorrangige Beschäftigung mit dem Gebiet der Menschenbildung, hier ist ein großer Nachholbedarf im Vergleich zu Technik, Wirtschaft usw. Immer sollte der Mensch als Entwickler und als Anwender gleichzeitig mit behandelt werden. Unsere allgemein analytisch orientierte Haltung muß durch eine ganzheitliche ersetzt werden, wenn nachhaltige Stabilisierung und Weiterentwicklung der Gesellschaft erreicht werden sollen. Im Hinblick auf die Globalisierung können auch Gebiete wie Kultur und Religion nicht weiter privatisiert und tabuisiert bleiben. Auch hier müssen separierende und ausgrenzende Orientierungen zugunsten der Erkenntnis von der einen Welt und der einen Menschheit überwunden werden. Erst wenn die Identität nicht mehr durch Abgrenzung, sondern durch individuelle, eigenständige Verbundenheit zum Ganzen erreicht wird, kann sich auch das Individuelle im Menschen frei von Abhängigkeiten voll entfalten. Kurze Texte (durchschnittlich 1 DIN A4-Seite) zu dem Themengebiet Menschenbildung befinden sich in allgemeinverständlicher Form auf der Internet-Seite 'Humanistische AKTION', z.B. 'Worum es letztlich geht - Menschlichkeit', 'Humanistisches Werte-System', Wachstum an Menschlichkeit', Einladung zur Menschlichkeit' und einiges mehr. (Adresse umseitig) Vielleicht hat jemand Interesse an einem Gedankenaustausch.
Mit besten Wünschen für den Rest des Jahres Rudolf Kuhr
Probleme lassen sich nicht Antwort vom WDR am 25.01.99 ... Sie haben Recht: Die Sendung konzentrierte sich auf Technik, Ökologie, Wissenschaft und Politik - Felder, die direkten Einfluß auf das Leben der Menschen haben. Das Thema "Menschlichkeit", das Sie anmahnen, kam zu kurz. Da aber die obengenannten Themenbereiche schon umfangreich genug waren, ließ sich dieser Aspekt nicht mehr einbinden. Falls wir uns noch einmal mit einem ähnlichen Thema beschäftigen sollten, werde ich mich bemühen, Ihre Gedanken und Überlegungen zu berücksichtigen. Wir haben Ihr Schreiben daher in unser Archiv aufgenommen. ...
Humanistische AKTION am 25.02.99 an WDR: Ihr Brief vom 25.01.99 (Nach uns die Zukunft?) Sehr geehrter Bernd Müller, ich danke Ihnen für Ihre Antwort auf meinen Brief, in welchem ich versuchte, darauf aufmerksam zu machen, daß der Mensch das Problem ist, mit dem wir uns im Hinblick auf die Zukunft mehr als bisher befassen müssen, wenn wir unseren Kindern eine Chance geben wollen. Es reicht wohl nicht, wenn wir uns mit Technik, Ökologie, Wissenschaft und Politik beschäftigen, auch wenn diese einen direkten Einfluß auf das Leben des Menschen haben, wenn wir uns nicht damit beschäftigen, welchen Einfluß der Mensch auf diese Gebiete hat und warum, und welchen Einfluß er nehmen müßte um sich nicht von diesen Gebieten beherrschen zu lassen, sondern diese menschlicher zu gestalten. Der Mensch mit seiner ethischen Orientierung, mit seinem Bild von einem sinnvollen Leben ist entscheidend für die Zukunft. Beiliegend sende ich Ihnen den Text 'Menschliche Zukunft' zu Ihrer Information und für Ihr Archiv. Weitere Texte mit innovativen Gedanken finden Sie auf der Internet-Seite der 'Humanistischen AKTION'. Gern wüßte ich, ob Sie meinen Brief auch an Ihre Gäste zur Kenntnis weitergeleitet haben, andernfalls bitte ich freundlich um die Namen der Gäste und die Anschriften der Institutionen, in denen diese arbeiten. Mit freundlichen Grüßen Rudolf Kuhr Anlage: Zukunft
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Medien-Kritik
München, 27.12.98
B R - Fernsehen
Sendung 'Lebenslinien - Streetworker Orange' 14.12.98
Sehr sehr geehrter Herr Intendant, ich möchte Ihnen meine Eindrücke mitteilen zu den oben genannten Sendungen, die etwas gemeinsam haben. Sie zeigen jeweils einen bemerkenswerten Menschen in seinem Wirken auf seine Mitwelt. In der Sendung über den Straßenkehrer Franky wurde ein Mensch gezeigt, der mit seinen jungen Jahren eine erstaunliche menschliche Reife und soziale Fähigkeit erkennen ließ. Ein Dreißigjähriger mit guter Intelligenz arbeitet seit 12 Jahren in einem allgemein sehr gering geachteten Beruf bewußt auf der untersten Stufe der Hierarchie und leistet gleichzeitig eine beachtliche soziale und künstlerische Arbeit. In der zweiten Sendung über die Ordens-Schwester Gabriele wurde ein Mensch gezeigt, der trotz seines hohen Alters einen auffallenden Narzißmus, ja eine gewisse menschliche Unreife aufwies. Eine Ordens-Schwester, die ihre Identität offensichtlich fast ausschließlich aus ihrer Malerei zu beziehen scheint, wie dies auch immer wieder ihren Äußerungen zu entnehmen war. Als Ergebnis eines Klosterlebens ist diese Frau ein ziemlich fragwürdiges Beispiel. Wären die Sendungen in den jeweils anderen Redaktionen erstellt worden, dann wäre dazu kaum etwas zu sagen. In der Redaktion 'Lebenslinien' hätten beide Filme ihren Platz und der Film über Franky in beiden Redaktionen, erinnert letzterer doch ein wenig an das Wirken von Jesus. Der Film über die Ordensschwester zeigte jedoch nicht Christlichkeit im eigentlichen, sondern Menschlichkeit im versagenden Sinn und damit Kirche in ihrer Entartung, eine Folgeerscheinung davon, wenn die Form eines Ideals zum Ziel erhoben wird. Als Bericht der Redaktion 'Kirche und Welt' war diese unkritische Darstellung der betreffenden Person eine einzige Peinlichkeit, sowohl für das Ansehen der Person selbst, als auch für das Kloster, für die Kirche, für die Redaktion und auch für den Sender. Selbst für mich als kritischem Zuschauer war es peinlich, eine derartige Blosstellung zu erleben, als Humanist konnte ich keine Schadenfreude, sondern nur ein mitfühlendes Bedauern der Person empfinden. Ich kann nicht verstehen, daß nicht bereits bei den Recherchen jemand gesagt hat, daß man so etwas doch nicht machen kann, daß es, nicht in Form einer Kritik gebracht zur Realsatire werden muß. Es wäre meines Erachtens für alle Beteiligten sinnvoll, daß sie den übergeordneten Maßstab ihrer Arbeit weniger in Formen und Teilbereichen, als mehr im Ideal einer verantwortlichen Menschlichkeit sehen würden, um zur Weiterentwicklung und nachhaltigen Stabilisierung der Gesellschaft beizutragen, anstatt in falsch verstandener Pietät und/oder vermeintlichem Zuschauerinteresse religiöse Fehlentwicklungen zu unterstützen. Eine unkritische Pflege von Traditionellem, sei es kirchlich oder bayerisch, ist nicht nur anachronistisch und peinlich, sondern letztlich auch wenig verantwortlich und gesellschaftsfördernd. Der BR und auch die Redaktion 'Kirche und Welt' haben oft genug bewiesen, daß sie zu hervorragenden Leistungen fähig sind (der erst kürzlich wiederholte Beitrag 'El loco - Frank Weber und die Straßenkinder von Cochabamba' ist wieder ein Beweis dafür), deshalb wäre hier mehr an Mut zu wünschen, sich innerhalb der Anstalt zu offener gegenseitiger - selbstverständlich immer konstruktiver - Kritik bereitzufinden, um als öffentlich-rechtliche Einrichtung noch besser als bisher dem gesellschaftlichen Auftrag gerecht zu werden, der von den Erfordernissen her eher hinterfragende und erneuernde als erhaltende und unterhaltende Komponenten verlangt, was die Menschlichkeit betrifft.
Mit besten Wünschen für das neue Jahr Rudolf Kuhr
Anlage
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Wissenschaft
München, 17.03.98
Vereinigung für Vernunft und Verantwortung e.V. Lieber Herr Kaegelmann, danke für Ihren Brief vom 13.03.98. Humanistisch kann jeder denken wie er will, da haben Sie recht, nur humanistisch muß es bleiben, das heißt, wahrhaftig, verantwortlich, menschenwürdig. Wer sich durch moralische Prinzipien "als ausgewachsener Mensch belästigt" fühlt, der hat zunächst einmal ganz persönlich Probleme damit, über die gesprochen werden müßte. Wer ernsthaft mit anderen Menschen zusammenarbeiten will, der muß bereit sein, moralische Grundsätze anzuerkennen und sich daran zu halten. Ein auch psychisch "ausgewachsener" Mensch wird sich durch solche nicht belästigt fühlen, sondern wird sie als Sicherheit begrüßen. Er wird sogar zu einer regelmäßigen Supervision bereit sein. Schließlich sind es meist die menschlichen Probleme, die gute Projekte immer wieder scheitern lassen. Ich denke da z.B. an die vertanen Chancen der Gewerkschaften mit ihren eigenen Betrieben wie Koop und Neue Heimat, die von menschlich unfähigen Führungskräften heruntergewirtschaftet wurden. Und schließlich ist es die Wertfreiheit der Wissenschaft, die immer wieder deren Mißbrauch ermöglicht. Dieses Thema zeigt, wie wichtig es ist, wissenschaftlich an die Menschlichkeit heranzugehen. Ich freue mich, daß Sie das unterstützen. Das Problem ist nur, daß menschliche Kriterien nicht so leicht meßbar sind wie physikalische, und daß der messende Mensch auf dem Gebiet wissenschaftlicher Menschlichkeit immer wieder selbst in seiner eigenen Person vom Thema mit berührt wird. Vor der Durchführung eines Symposions würde ich einen schriftlichen Austausch zu konkreten Themen mit Interessierten wünschen. Als Thema schlage ich zunächst vor Ihre bereits in die Arbeitsordnung eingepackte humanistisch orientierte Moral. Ich würde mir diese gern ansehen und humanistisch zu begründen versuchen, wenn Sie das für sinnvoll halten. Das wäre ein Anfang auf diesem Gebiet. Ein wichtiges Thema wäre eine humanistisch und naturgemäß begründete Ethik als Alternative zu religiösen Konfessionen, dabei muß es als Begründung der Arbeit auch zu einer fairen Kritik an dem Bestehenden kommen, ohne die Verbesserungen gesellschaftlicher Verhältnisse kaum möglich sind. Unser Bundespräsident hat uns ja gerade dazu aufgefordert: "Ohne kritischen Einspruch, ohne das Engagement unbequemer Denker verkümmert eine Gesellschaft. Wir brauchen Streit und Widerspruch, wir brauchen die Zumutungen und Fragen unabhängiger Köpfe. ... Ich mahne zu mehr Verantwortung! Ich rufe auf zu mehr Flexibilität! Alle, wirklich alle Besitzstände müssen auf den Prüfstand. Alle müssen sich bewegen. Durch Deutschland muß ein Ruck gehen. Wir müssen Abschied nehmen von liebgewordenen Besitzständen. Glauben wir wieder an uns selber." Und hier noch ein Zitat von Karl Jaspers aus einer Rede, die er kurz nach dem Ende des Nationalsozialismus zur Gründung der ersten Nachkriegs-Universität gehalten hat: "Die Unwissenschaftlichkeit ist der Boden der Inhumanität." Ich denke, daß es an der Zeit ist, die ethischen Grundlagen wie Religion und Kultur endlich wissenschaftlich zu betrachten, zumal wir spätestens seit Carl Friedrich von Weizsäcker, (Physiker u.Philosoph *1912) wissen: "Wissenschaft kann nur aus der Selbständigkeit des Menschen ohne Autorität geschehen, Theologie ist keine Wissenschaft weil sie die Autorität als Inhalt ihres Denkens betrachtet." Weder eine Vereinigung für Vernunft und Verantwortung, noch eine Gesellschaft für interdisziplinäre Wissenschaften dürfen Tabus bewahren helfen, und den anders denkenden Mitglieder sollte in Erinnerung gerufen werden, daß ein vernünftiger Glaube durch fair geäußerte Zweifel nicht erschüttert, sondern nur gefestigt werden kann. Schließlich geht es hier nicht um die Befriedigung privater Bedürfnisse, sondern letzendlich um die Festigung geistiger Grundlagen der Existenz von Gesellschaft und Menschheit. Ich finde es gut und wichtig, daß Sie mitteilen, für Kritik und Anregungen dankbar zu sein. Hier gleich eine Anregung zum ersten Absatz Ihrer Anlage: "Ihre Mitglieder können sich im Rahmen der vereinbarten und gemeinsam veränderbaren Richtlinien voll entfalten..." Beiliegend sende ich Ihnen den Text 'Religion - abschaffen oder reformieren?' vielleicht mögen Sie diesen den Mitgliedern zur Kenntnis geben. Zu Änderungen und Kürzungen bin ich bei entsprechenden konkreten Vorschlägen gern bereit. Auch steht Ihnen bei Bedarf der Text auf Diskette zur Verfügung. Den Mitgliedern sollte empfohlen werden, sich mit Internet und e-Mail zu befassen, das würde die Arbeit langfristig erleichtern und die Wirksamkeit vergrößern. Mit besten Grüßen Rudolf Kuhr
Anlage |
Fortsetzung
Briefe 01
Briefe 03
Briefe 1
Briefe 2
Briefe 4
Briefe 5
Briefe 6
Briefe 7
Humanistische AKTION nach oben - Service - Menue - Texte-Verzeichnis - Stichwörter - Gästebuch www.humanistische-aktion.de/briefe3.htm |
Aktualisiert am 25.10.11