Entwurf zu einer Bürger-Initiative Medien
BIM Mündige Menschen mögen mitgestalten! Das Fernsehen hat einen großen Einfluß auf unsere Gesellschaft und übertrifft die Wirkung von Presse und Hörfunk bei weitem. Es ist heute gewissermaßen die "Schule der Nation". Hierin liegen Chancen und Gefahren für die kulturelle Entwicklung und für die Demokratie. Fernsehen kann sowohl die Mündigkeit der Bürger fördern, als auch zu deren Entmündigung beitragen. Dies hängt fast ausschließlich ab von der ethischen Orientierung und der charakterlichen Verfassung der in den Anstalten Verantwortlichen. Gegenwärtig sieht es nicht selten so aus, als würde das Fernsehen eher zur Entmündigung der Gesellschaft beitragen. Die zunehmende geistige Orientierungslosigkeit und Kommerzialisierung der Gesellschaft spiegelt sich auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wider. Eine Anpassung an die private Konkurrenz ist nicht zu übersehen. Einige Produzenten sehen bereits in ihren Sendungen lediglich noch ein zu vermarktendes Produkt. Reißerische Aufmachung, anspruchslose Unterhaltung mit Schleichwerbung durchzogen und mit Gewinnspielen verbunden nehmen ständig zu. Die Einschaltquote - inzwischen mitunter schon sarkastisch als Einfaltquote bezeichnet - wird immer mehr zum Maßstab für die Produktionen. Die Verantwortlichen in den Anstalten scheinen sich ihrer Mitverantwortung gegenüber der gesellschaftlichen Entwicklung nicht genügend bewußt zu sein.
Wir müssen unseren Teil der Verantwortung für
das, was geschieht, und für das, was
Was können die Zuschauer, außer Gebühren zu zahlen oder dies
notfalls zu verweigern, noch tun? Sehr viel, sie können direkte Verbindung
zu den Medien aufnehmen, z.B.
Was wäre derzeit wichtig zu kritisieren, zu fordern und auch zu unterstützen? Ein vordringlicher Punkt ist wohl ein schrittweiser Abbau der Werbung in den öffentlich-rechtlichen, gebührenfinanzierten Medien. Im Interesse der Demokratie und der Kultur muß die Unabhängigkeit freier Medien nicht nur von der Politik, sondern auch von der Wirtschaft gewährleistet sein. Der Anteil der Einkünfte aus Werbung beträgt zwar bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten nur wenige Prozent, der Einfluß der Verflechtung mit der Wirtschaft ist jedoch qualitativ immer negativ und schon jetzt nicht mehr zu übersehen. Werbesendungen, Sponsoring, Produkt-Placement wirken sowohl direkt als auch - und vor allem - indirekt qualitätsmindernd auf das Programm und können im Rahmen einer kulturellen Veranstaltung von mündigen Bürgern nur als Verstoß gegen die Menschenwürde empfunden werden. Der Qualitätsverlust ist in seiner Wirkung etwa mit dem Grad der Verunreinigung des Wassers durch Öl zu vergleichen und als Innenwelt-Verschmutzung zu bezeichnen. Da die Werbeeinnahmen im Verhältnis zu den Einnahmen aus Gebühren einen so geringen Teil ausmachen, könnte sehr gut auch ganz darauf verzichtet werden. Bei dem Ausmaß des Wachstums der Fernseh-Anstalten in den letzten Jahrzehnten ist es durchaus sinnvoll, auch einmal an Rückbau zu denken. "Die ARD braucht für 7 Minuten Unterhaltung 700 Angestellte, wir nur 7 Leute für 700 Minuten Unterhaltung." So - übertreibend aber nicht ganz falsch - der ehemalige RTL-Chef Dr.Helmut Thoma. Es ist an der Zeit, zu diskutieren, ob die vom Gesetzgeber den öffentlich-rechtlichen Medien vorgegebenen Aufgaben Information, Bildung und Unterhaltung noch aktuell sind, und ob nicht die Vorgabe Unterhaltung durch Mediation ersetzt gehörte. Bei dem heutigen Überangebot an Informationen und sinnlichen Einflüssen ist sogar zu fragen, ob Unterhaltung ohne einen gewissen ethischen Anspruch nicht als Droge eingestuft werden müßte. In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister (Goethe) Es muß beispielsweise nicht unbedingt jeder große Sender nach dem - nun auch noch verbreiteten - Motto "mehr hören, mehr sehen" fünf Rundfunkprogramme betreiben. Weniger wäre da vielleicht sogar mehr. Auch wäre zu überlegen, ob Sinfonie-Orchester, Rundfunk-Orchester, Chöre, Opern-Produktionen und Ballett-Ensembles von Sendeanstalten unterhalten und von Gebühren finanziert werden müssen. Gebührenerhöhungen sollten der Teuerungsrate entsprechend erfolgen. Weitere Punkte der Kritik sind: Es gibt zuviel anspruchslose Unterhaltung, die einer geistigen Droge gleichkommt; zu viel Gewinnspiele mit teilweise überdimensionalen Gewinnen, die das allgemeine Gewinnstreben und die psychische Abhängigkeit verstärken; mangelnde Koordination zwischen ARD und ZDF, hier laufen zu gleicher Zeit gleichartige Sendungen; keine festen Termine für die Wiederholung wichtiger Beiträge, zu viele kurzfristige Programmänderungen, unzureichende Information darüber; zunehmende Reizüberflutung durch unnötigen Sprachmüll, optischen, musikalischen und technischen Schnickschnack; keine Angebote an die Zuschauer zur kritischen Zusammenarbeit und kreativen Mitgestaltung.
Mündigkeit bedeutet nicht nur Volljährigkeit.
- Mündigkeit heißt, eine kritische Fühlen Sie sich als freier und mündiger Bürger mitverantwortlich für die öffentlich-rechtlichen Medien, und damit für die Festigung der Demokratie und für die menschliche Weiterentwicklung der Gesellschaft, nehmen Sie Einfluß, gestalten Sie mit, schreiben Sie oder rufen Sie an bei den betreffenden Redaktionen. Die Anschriften, Rufnummern und Internet-Adressen gibt es im Teletext und Internet. Ermutigen Sie auch fortschrittliche Journalisten, die es meist schon in ihren eigenen Anstalten nicht leicht haben. Fordern Sie Manuskripte und Kopien von interessanten Sendungen an und erhöhen Sie dadurch die Bedeutung wichtiger Sendungen. Geben Sie Anregungen, machen Sie Themen-Vorschläge, schicken Sie Informations-Material an entsprechende Redaktionen. Wenn Sie diese Aktion der Bürger-Initiative Medien unterstützen wollen, dann teilen Sie uns bitte mit: - Was fehlt Ihnen in diesem Text? - Was würden Sie ändern, vorschlagen? - In welcher Weise würden Sie mitarbeiten wollen?
weitere Seiten zum Thema Medien Humanistische AKTION 5/1995,3 Kritik, Anregungen zu Form und Inhalt Dialog sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe und Belegexemplar erwünscht. Kürzungen und Änderungen nach Absprache möglich. nach oben - Service - Menue - Texte-Verzeichnis - Stichwörter www.humanistische-aktion.de/bimedien.htm |
Aktualisiert am 28.12.03
Buch Mattscheibe
Das Ende der Fernsehkultur Die Macht der Quote - wie das Fernsehen seine Seele verkauft Schleichwerbung, Korruption, Verflachung - es sind schwere Vorwürfe, die dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen zunehmend zu schaffen machen. Jürgen Bertram hat die Mechanismen, die das für die demokratische Kultur so wichtige Programm in Verruf gebracht haben, aus nächster Nähe beobachtet - als Redakteur, Autor und fast anderthalb Jahrzehnte als Auslandskorrespondent. Dabei geht er zurück bis in die Pionierjahre des gebührenfinanzierten Rundfunksystems. Jürgen Bertram, Jahrgang 1940, der fast dreißig Jahre lang für die ARD u.a als Auslandskorrespondent gearbeitet hat, stieß bei der Frage, inwieweit die Quote das Programm der öffentlich-rechtlichen Sender bestimmt, auf machtbesessene Politiker, selbstgefällige Sender und eine fatale Programmatik, die, wenn der Kurs nicht endlich korrigiert wird, seiner Ansicht nach "in die Sackgasse des Boulevards" führt. Seine schonungslose Analyse versteht der ehemalige Asien-Korrespondent als konstruktiven Beitrag zur Wiederbelebung einer im Grunde erhaltenswerten Idee. Inhalt
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Aktualisiert am 12.11.11