Aus dem Briefwechsel (03)

Beispiele zur Information und Anregung
  

Themenbereiche:

Humanismus 23.04.96
Freie Religion? 19.10.95
Zusammenarbeit
06.07.95
Gerechtigkeit 26.05.95
Bundeswehr 08.02.94
Gott in der Verfassung 20.08.93
Religion 22.11.92


 

Humanismus 


RUDOLF KUHR
80636 München
Artillerstr.10

23.04.96

Österr.Körperschaft der
Staatsbürger ohne rel.Bekenntnis
Sonnenuhrgasse 6/14

A-1060 Wien

Sehr geehrter Herr Steinwandtner,

vielen Dank für die Zusendung Ihres Briefes vom 9.4. mit den Exemplaren der Zeitschrift sowie für den interessanten Briefen und Anlagen von Herrn Hausner.

Ich fand es gut, daß Sie die Leser zur Stellungnahme zu meinem Artikel aufgerufen haben. Von Herrn Hausner kam ja bereits eine solche. Für den Fall, daß weitere, vielleicht auch kritische folgen sollten, würde ich mich über eine Kopie freuen, ebenso über Ihren Kommentar.

Die beigelegten Schriften von Herrn Hausner finde ich sehr interessant, es besteht eine weitgehende Übereinstimmung, was die Bereiche Humanismus und Menschlichkeit betrifft. Nur sein Festhalten am Gottesbegriff und an Jesus kann ich nicht teilen, ich denke, daß dies ein Anwenden dessen, was Gott bedeutet und was Jesus wollte eher erschwert, wie die Geschichte und die Gegenwart zeigen, selbst wenn eine neue Deutung erfolgt. Sinnvoller und notwendiger erscheint mir eine ständige Deutung des Humanismus als geistige Orientierung, weil hier direkt die Menschlichkeit angesprochen wird, um die es ja letztlich geht.

Sie sagen in Ihrem Brief, daß die organisierten Gemeinschaften immer äußerst mangelhaft waren und fragen, wie jetzt mit einer neuen Ideologie - Humanismus als ethische Ordnung - das Streben der Menschen verbessert, "humanisiert" werden kann. Ich denke, die bisherigen Gesellschaften waren allesamt von ihrem Ansatz her nie unmittelbar an der Menschlichkeit orientiert, sondern an Konfessionen mit diesseitigen und jenseitigen Führern, die bereits von diesem Ansatz her zur Entmündigung der Menschen führten oder sie waren an abgrenzenden ethnischen Gruppierungen (Nationalismus) oder an kollektivistisch-materialistischen Ideologien (Sozialismus) und heute bei uns am materiellen Wohlstand, am Wirtschaftswachstum. Die Orientierung am Menschentum wurde bisher vermutlich deshalb vermieden, weil es bisher noch immer einfacher war, die Umwelt zu verändern, als sich selbst.

Um die Lebensbedingungen zu verändern, damit wir uns "artgerecht" verhalten können, wie Sie schreiben, müssen wir uns sowohl über unsere Art klar werden, als auch eine geistige Einstellung erreichen, die uns dazu veranlaßt, diese Veränderung zu wollen und tun. Hierzu brauchen wir dann wieder als Orientierung eine Vorstellung von einem anzustrebenden Menschentum, den Humanismus, nicht unbedingt als Ideologie, sondern als Ideal, das nie ganz erreicht aber ständig angestrebt werden kann. Daß Humanismus und eine gewaltsame Verordnung desselben à la 1984 sich ausschließen, das scheint mir selbstverständlich zu sein. Und ebenso erscheint es mir im Hinblick auf unsere Geschichte kaum denkbar, daß eine humanistische Gesinnung als allgemeine gesellschaftliche Orientierung noch so lange auf sich warten lassen muß wie die Altsteinzeit gedauert hat. Die zunehmenden Erkenntnisse und Kommunikations-Medien einerseits und die ebenso zunehmenden Krisen andererseits werden dafür sorgen, daß dies schneller geschieht.

Wir, Menschen wie Sie und ich, können als sogenannte Multiplikatoren einiges dazu beitragen, daß dieses Thema immer mehr ins öffentliche Bewußtsein getragen wird. Das kann bereits mit der vermehrten Verwendung des Begriffs vom Humanismus beginnen, wie ich schon mal in meinem Brief vom 18.04.95 anklingen ließ. Unsere Zeit braucht Visionen, der Humanismus, Menschentum als geistige Orientierung ist eine solche, nur fehlt es an Menschen, die die Einsicht und den Mut haben, sich öffentlich dazu zu bekennen und sich selbst entsprechend in die Pflicht zu nehmen. Atheismus, Konfessionslosigkeit und Liberalismus sind keine Visionen, ihnen fehlt das Ziel.

Eine Bemerkung noch zu meiner Aussage "Kaum weniger redlich ist der, der allgemein behauptet, es gäbe keinen Gott. ... solange gibt es Gott, zumindest in deren Vorstellung". Ich sehe darin keineswegs eine liberale, indifferente Anschauung, die keine Bewertung treffen will. Für mich ist dies eine reale und tolerante, ja humanistische Anschauung meiner Mitmenschen. Es ist die schlichte Wahrnehmung der Realität. An dieser Stelle wird die Wichtigkeit einer humanistischen Einstellung deutlich, die dem Menschen den Vorrang gibt.

Als Humanist ist mir der ganze Mit-Mensch wichtiger als meine eigene oder seine Ansicht über einen Teilbereich des Denkens. Das bedeutet, daß ich zunächst einmal den Menschen mit seinem Glauben an einen Gott annehme, es ist sein Glaube, den ich ihm nicht unbedingt streitig machen will. Es wäre auch psychologisch ungeschickt, jemandem etwas für nichtexistent erklären zu wollen, an dem er sich festhält. Damit wird eher das Gegenteil erreicht.

Aber wenn der an Gott Glaubende mich nach meiner Meinung fragt oder versucht, mich oder andere von seinem Glauben zu überzeugen, oder wenn er politisch tätig wird, dann wird es für mich wichtig, meine Einstellung, nach der ich nicht an einen Gott, sondern an den Menschen glaube, kundzutun. Wenn ich ehrlich bin, dann muß ich sagen, daß ich es letztlich nicht weiß, ob es einen Gott, ob es Ufos oder ein Ende des Weltalls gibt, weil ich das nicht erkennen, sondern darüber nur Vermutungen anstellen kann. Ich halte die Existenz eines personalen Gottes für sehr unwahrscheinlich und den Gottesbegriff als Bezeichnung für ein Prinzip für gefährlich, aber ich halte es für nicht korrekt, allgemeingültig zu behaupten, es gäbe keinen Gott. Trotzdem halte ich es für sehr wichtig und für meine mitmenschliche Pflicht, auch unaufgefordert auf die Gefahren eines Glaubens an Gott sowie auf die Möglichkeit einer sinnvollen, humanistischen Lebensgestaltung ohne Gott immer wieder hinzuweisen.

Was Nietzsches Übermenschen betrifft, so denke ich, daß dieser wohl in den meisten Fällen falsch verstanden wurde. Er meinte sicher nicht einen überheblichen, sich über andere erhebenden Menschen, sondern den über sich selbst hinauswachsenden, den sich von sich selbst distanzieren könnenden, den sich selbst steuernden, den mündigen Menschen.

Mit freundlichen Grüßen

Rudolf Kuhr

Anlage
Karten 'Menschsein', 'realistisch'


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Freie Religion? 


RUDOLF KUHR
80636 München
Artillerstr.10

19.10.95

An die Zeitschrift
Wege ohne Dogma - Freie Religion

Sehr geehrter Herr Dr. P...

ich freue mich, daß Sie meinen Leserbrief veröffentlicht haben, und daß Sie die Anschriften der Autoren dieser Leser-Briefe nennen, ich habe schon mehrfach Gebrauch davon gemacht. Sinnvoll fände ich es, wenn Sie dies künftig auch bei den Autoren der Artikel tun würden. Es würde eine Kommunikation erleichtern.

Gern würde ich von Ihnen erfahren, warum Sie, mir wesentlich und im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Freireligiösen Bewegung wichtig erscheinende, Teile meines Leserbriefes ohne eine Kennzeichnung (...) weggelassen haben. Auch Herr Soeder bedauert die Kürzung wesentlicher Passagen ohne Kennzeichnung in seiner Zuschrift, und er teilt meinen Eindruck, daß hier gewissermaßen eine Art Zensur ausgeübt wurde, vermutlich aufgrund einer Schonhaltung der Redaktion sich selbst und den Betroffenen gegenüber.

Wer Sie nicht kennt, der könnte aufgrund solcher Beispiele den Eindruck gewinnen, es ginge den Freireligiösen lediglich darum, frei von Bischöfen und Päpsten zu sein, und ansonsten dasselbe entmündigende Prinzip von Hirten und Schafen zu praktizieren wie die Kirche. Ich gehe aber davon aus, daß Freireligiöse Gemeinschaften sich nicht nur als Selbstzweck sehen, sondern auch einen politischen Auftrag zur Weiterentwicklung der Gesellschaft für sich beanspruchen.

Ich gehe auch davon aus, daß Sie als freireligiöser Mensch in einer verantwortlichen Position dieser Bewegung für Kritik empfänglich sind und möchte Sie mit allem Wohlwollen darauf hinweisen, daß es unserer gemeinsamen Sache nicht dienlich sein kann, wenn wir uns selbst zu wenig mit in die Pflicht nehmen oder nehmen lassen und zugunsten unseres momentanen Wohlbefindens wesentliches zu tun unterlassen.

Ich denke, daß wir als Freireligiöse und als Humanisten, die - im Gegensatz zu den Anhängern der autoritätsgläubigen Konfessionen - die Mündigkeit fordern, besonders dazu verpflichtet sind, persönliche Belange zugunsten unserer Überzeugung zurückzustellen und auch an uns selbst zu arbeiten.

Wenn wir lediglich unsere Vergangenheit feiern und uns persönlich selbst und gegenseitig bestätigen, dann erfüllen wir unseren Auftrag kaum. Ich bitte Sie, meine Ausführungen nicht als Vorwurf zu verstehen. Ich appelliere an Ihre menschliche Größe und an Ihre Fairneß und möchte Sie freundlich bitten, mir mitzuteilen, wie Sie es sich vorstellen können, die wesentlichen Aussagen den Lesern doch noch zur Kenntnis zu bringen und zur Diskussion zu stellen. Gern hätte ich es gesehen, wenn Sie den gesamten Text als Artikel gebracht hätten.

Mit freundlichen Grüßen

Rudolf Kuhr

Anlage
'Reformation oder Transformation'

(Hierauf kam eine Postkarte mit dem Hinweis, daß die Antwort auf diesen Brief in einem der nächsten Hefte erfolgen sollte. - Es erfolgte dort eine allgemeine Klage über zu viel Arbeit des Redakteurs mit dem Schluß "Eigentlich bräuchte jeder Leser seine eigene Zeitschrift." 


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Zusammenarbeit 


 
Humanistische AKTION  für mehr Menschlichkeit
Gemeinnützige Initiative seit 1994

München, 06.07.95

An
Bund für Geistesfreiheit K.d.ö.R., Valleystr.27, 81371 München
Deutscher Freidenkerverband e.V., Adlzreiterstr.23, 80337 München
Humanistische Union e.V., Bräuhausstr.2, 80331 München
IBKA e.V., c/o Martin Weidhaas, Arminiusstr.1, 81543 München
Deutsche Unitarier e.V., c/o Horst Prem, Prinz-Otto-Str.9, 85521 Ottobrunn
Aktion Lebensqualität e.V., Augustenstr.43 Rgb., 80333 München
Neue Akropolis e.V., Steinheilstr.17a, 80333 München
Die Philosophen e.V., Ulrich-v.Hutten-Str.27, 81739 München
Nietzsche-Kreis, c/o Dr.Beatrix Vogel, Orionstr.8, 83624 Otterfing
Humanistische Bewegung e.V., c/o Lucas Parra, Holzapfelstr.5, 80339 München
LokalRadio München, Pariser Str.39, 81667 München

 Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie wahrscheinlich schon durch eine entsprechende Einladung erfahren haben, hat der 'Bund für Geistesfreiheit' unter dem Motto "Was uns eint und was uns trennt" zu einer Diskussion mit Vertretern des 'Deutschen Freidenkerverbandes' und anderer freigeistiger Organisationen am Montag, den 10.Juli 1995, 19 Uhr, Valleystr.27 eingeladen. Diese Veranstaltung soll dazu dienen, einander besser kennenzulernen, und daß das bisherige Nebeneinander oder gar Gegeneinander einer sinnvollen und fruchtbaren Kooperation weicht.

Da es einerseits in der Großstadt München eine ganze Reihe von Vereinigungen gibt, die freigeistig oder humanistisch orientiert sind, und die nicht nur zur Befriedigung eigener Bedürfnisse da sein wollen, die aber andererseits in der Öffentlichkeit noch viel zu wenig in Erscheinung treten, möchte ich einige Anregungen geben, die geeignet sein könnten, zu motivieren, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen, evtl. Berührungsängste zu überwinden und nach neuen Wegen zu suchen, um mehr bekannt zu werden und so noch mehr als bisher in die Gesellschaft hineinzuwirken. Ich teile Ihnen diese Gedanken bereits vorab mit, damit Sie vielleicht noch entsprechende eigene Vorstellungen dazu schon zur kommenden Veranstaltung mitbringen können:
 

  1. Gemeinsames Informations-Faltblatt über Veranstaltungen, jährlich oder monatlich zum Versand an die Mitglieder, Interessenten und Medien sowie zum Auslegen an entsprechenden öffentlichen Stellen wie Stadtinformation, Büchereien, Läden usw.
     

  2. Gemeinsame Veranstaltungen in den eigenen vorhandenen oder neutralen Räumen.
     

  3. Gegenseitiger, laufender Austausch von Informationen, Erfahrungen und Besuch der Einrichtungen, soweit dies noch nicht erfolgt.
     

  4. Gemeinsame Seminare für Gesprächs-, Streit- und Feierkultur, Selbstverständnis, EDV, Öffentlichkeitsarbeit usw.
     

  5. Gegenseitige Bereitstellung von Geräten und Materialien wie Papier- Bearbeitungsmaschinen, Videoprojektor, Bibliothek, Archiv usw.
     

  6. Gemeinsame Anzeigen- und Flugblatt- Aktionen, Infostände (Fußgängerzone, Tollwood-Festival usw.)
     

  7. Gemeinsame Veranstaltungen wie Jugendfeiern, Feste zu den Jahreszeiten.
     

  8. Schaufenster, Schaukasten in der Stadt, gemeinsam oder im turnusmäßigen Wechsel gestaltet.
     

  9. Überlegungen zu einem gemeinsamen Laden für ein Humanistisches Zentrum als Informations- und Begegnungsstätte mit Leihbibliothek.
     

  10. Überlegungen zu einem humanistischen Kindergarten nach dem Beispiel des bfg Nürnberg, eventuell in Zusammenarbeit mit der neuen Wohn-Genossenschaft WOGENO.
     

  11. Überlegungen zu einer humanistischen Jugendgruppe mit Themenbereichen wie Denkwerkstatt, Videofilmen, Programmieren usw.
     

  12. Bildung von einem Arbeitskreis humanistischer Verbände für diese Kooperation in München.
     

Mit freundlichen Grüßen

Rudolf Kuhr

Anlage
HA-Liste
Wogeno-Info
Karte 'Einfachheit'    


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Gerechtigkeit 


 
Humanistische AKTION  für mehr Menschlichkeit
Gemeinnützige Initiative seit 1994

München, 26.05.95

N D R - Fernsehen
Redaktion PANORAMA
Gazellenkamp 57
22504 Hamburg

Sendung PANORAMA vom 25.05.95

Sehr geehrter Herr Wagner,
sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe wieder mit großem Interesse Ihre Sendung verfolgt und bitte Sie freundlich um Zusendung einer Kopie von dem Mansukript des Beitrages Schüler als radikale Autonome. Vielen Dank!

Ich würde mir wünschen, daß über solche spektakulären Ereignisse hinaus noch mehr über die eigentlichen Hintergründe, die zu derartigen Auswirkungen führen, berichtet oder gefragt würde. Vielleicht sind ja derartige Reaktionen, so sehr sie auch zu verurteilen sind, doch auch ein positives Zeichen für ein gesundes Gerechtigkeitsempfinden Jugendlicher?

Ich bin ganz entschieden gegen Gewalt, aber wenn ich sehe, daß Häuser seit Jahren leerstehen, dann spüre ich in mir auch Aggressionen aufsteigen. Oder wenn ich im Sommer an einen unserer schönen Seen fahre und nicht ans Wasser komme, weil trotz Gesetz, das freien Zugang zum Seeufer fordert, überall Zäune mit Schildern wie "Privat" und "Zutritt verboten" mir den Zugang versperren, dann entstehen auch schon mal Phantasien, wie Autonome mit Planierraupen am Seeufer entlangfahren und so dem Gesetz Geltung verschaffen.

Haben Sie schon mal über einen solchen verbauten See berichtet? Wenn nicht, dann möchte ich Sie dazu anregen und nenne Ihnen gern einige anschauliche Beispiele.

Mit freundlichen Grüßen

Rudolf Kuhr
 
Anlage
Karte 'Artikel 14+15 GG'
BIM-Info2 


Antwort

NDR
NORDDEUTSCHER RUNDFUNK
Gazellenkamp 57, 22504 Hamburg
Redaktion PANORAMA

Herrn
Rudolf Kuhr
Artilleriestraße 10
80636 München

31. Mai 1995

Sehr geehrter Herr Kuhr,

haben Sie recht herzlichen Dank für Ihre Zeilen vom 26. Mai. Sicher haben Sie recht, daß man in dem Verhalten der Jugendlichen auch Ausdruck für ein Gerechtigkeitsempfinden sehen kann. So haben im übrigen auch die Jugendlichen in anderen Passagen des Filmes ihre Gewaltanwendung legitimiert. Aber das rechtfertigt natürlich nicht die Gewalt. In diesem Punkt sind wir uns - so glaube ich - einig.

Ihre Anregung, die verbauten Seeufer als Thema aufzugreifen, möchte ich nicht aufnehmen. Dieses Thema ist mindestens 30 Jahre alt und wiederholt behandelt. Ich glaube, daß diese Entwicklung nicht mehr zurückzudrehen ist - auch nicht durch einen PANORAMA-Beitrag.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim Wagner

Im Auftrag
Renate Mahnke 


 
Humanistische AKTION  für mehr Menschlichkeit
Gemeinnützige Initiative seit 1994

München, 11.07.95

N D R - Fernsehen
Redaktion PANORAMA
Gazellenkamp 57
22504 Hamburg

Sendung PANORAMA vom 06.07.95

Sehr geehrter Herr Dr.Wagner,
sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe wieder mit großem Interesse Ihre Sendung verfolgt und bitte Sie freundlich um Zusendung einer Kopie von den Mansukripten der Beiträge Papstbesuch, Hellinger, Impfschäden und Bundeswehr. Vielen Dank!

Zu Ihrem Brief vom 31.05. möchte ich bemerken, daß Sie die Wirkung Ihrer Arbeit unterschätzen, wenn Sie meinen, daß die Entwicklung bezüglich verbauter Seeufer nicht mehr zurückzudrehen ist. Dann bräuchten Sie ja beispielsweise über Kirchensteuer, Energieversorgungsrechte, und viele andere Themen auch nicht mehr zu berichten. Ich denke, daß die Aufgabe des freien Journalismus nicht nur darin bestehen sollte, über etwas zu berichten, was bereits in Bewegung geraten ist, sondern auch darüber, wo etwas festgefahren ist, um es in Bewegung zu bringen. Steter Tropfen höhlt den Stein! Und manchmal braucht es nur noch eines kleinen Anstoßes, um eine Lawine ins Rollen zu bringen.

Einmal im Jahr über eine grundlegende Ungerechtigkeit zu berichten, das sollte berechtigt sein. Immerhin gibt es bereits öffentliche Überlegungen, bezüglich des Bodens den Begriff Eigentum durch Nutzungsrecht zu ersetzen. Was die Seeufer betrifft, so besteht hier doch sowohl vom rechtlichen Inhalt, als auch von der optischen Darstellung her eine Fülle von Möglichkeiten, das Thema jedes Jahr neu und interessant zu präsentieren. Wenn sich seit dreißig Jahren trotz wiederholter Hinweise nichts geändert hat, dann kann das allein schon ein Argument sein, hier erst recht dran zu bleiben, damit sich endlich etwas tut. Ich möchte Sie ermutigen, nicht zu resignieren und es stattdessen lieber mit Voltaire zu halten, der sagte: "Ich werde mich so lange wiederholen, bis man mich versteht".

Mit freundlichen Grüßen

Rudolf Kuhr

Anlage
Christl.-abendländ.


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Bundeswehr - Psychologische Verteidigung 


RUDOLF KUHR
80636 München
Artilleriestr.10
08.02.94

Bundesministerium für Verteidigung
- Öffentlichkeitsarbeit -
Postfach
53113 Bonn

Psychologische Verteidigung

Sehr geehrte Damen und Herren,

als bewußter Staatsbürger und Steuerzahler interessiere ich mich für die Entwicklung unserer Gesellschaft und würde gern wissen, ob es im .Bereich der Verteidigung Alternativen zu den materiellen Kampfmitteln gibt. Ich denke da z.B. an psychologische Aufklärung in Konfliktgebieten über Funk, Fernsehen, Presse und Flugblätter.

Ich bitte Sie freundlich um entsprechende ausführliche Informationen.

Vielen Dank!

Anbei einige Texte von mir zum Thema Humanismus, die Ihnen über meine Bestrebungen Auskunft geben.

Mit freundlichem Gruß

Rudolf Kuhr
 
Anlage
Konfessionslos...
Humanismus...3 


Bundesministerium der Verteidigung
________- Fü H III 2 -____________

53003 Bonn, 18 Februar 1994

Herrn
Rudolf Kuhr
Artilleriestraße 10

80636 München

Sehr geehrter Herr Kuhr!

Vielen Dank für Ihren Brief vom 08.02.1994 in dem Sie nach Alternativen zu materiellen Kampfmitteln fragen.

Als zuständiger Referatsleiter für das Aufgabengebiet "Operative Information" (bis zum Ende des Ost-West-Konfliktes 1990 "Psychologische Verteidigung") darf ich Ihnen hierzu antworten.

Mit Interesse habe ich die Ihrem Schreiben beigelegten Texte zum Thema Humanismus gelesen und festgestellt; daß sich das von Ihnen skizzierte Menschenbild im Grundsatz mit meiner Auffassung deckt.

Gerade in unserer heutigen Zeit müssen aus Gegnern Partner für den Frieden gewonnen werden. Ansatz hierzu bieten permanente Information und Kommunikation.

Die Bundeswehr verfügt im Fernmeldebataillon 950 für Operative Information über ausgebildetes Spezialpersonal, das mit den Einsatzmitteln Lautsprecher, Handzetteln, Plakaten sowie Hörfunk zur Information fremder Streitkräfte (oder Konf1iktparteien) und deren Bevölkerung eingesetzt werden kann.

Zielsetzung dieser Einsätze ist es, durch aufklärende Information (besonders im Krisenmanagement und bei Hilfsaktionen) Spannungen abzubauen, die Unterstützungsbereitschaft des anderen zu gewinnen, Gewaltanwendung zu verhindern oder zu minimieren.

Es kommt darauf an, die Zielsetzung der eigenen militärischen Operation zu verdeutlichen und gefälschten Informationen, Gerüchten und Propaganda entgegenzutreten. Diese Informationsarbeit gewinnt besonders bei friedenssichernden Operationen von Streitkräften zunehmend an Bedeutung. Operative Information ist ein alternatives Einsatzmittel der Streitkräfte.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag
Mühlig


RUDOLF KUHR
80636 München
Artilleriestr. 10
25.02.94

Bundesministerium der Verteidigung
- Fü H III 2 -
Postfach 13 28
53003 Bonn
 
Ihr Brief vom 18. Februar 1994

Sehr geehrter Herr Mühlig,

ich danke Ihnen für Ihre Auskunft und möchte Sie freundlich bitten, mir nähere, ausführliche Informationen über das Aufgabengebiet 'Operative Information' zukommen zu lassen. Ich nehme an, daß Sie über entsprechen des Material zur Öffentlichkeitsarbeit verfügen.

Ich halte Ihre Arbeit für sehr zukunftsträchtig, und deshalb würde mich interessieren:
 

  1. Warum ist über Ihre Arbeit so wenig bekannt?
     

  2. In welcher Weise sind Sie mit dem Balkan-Konflikt beschäftigt?
     

  3. Arbeiten Sie mit Institutionen der Friedensbewegung zusammen?
     

  4. Von welchen Politikern werden Sie unterstützt?
     

  5. Ist ein Gedankenaustausch mit Bürgern erwünscht?
     

In Erwartung Ihrer geschätzten Antwort verbleibe ich

Mit freundlichem Gruß

Rudolf Kuhr 


Bundesministerium der Verteidigung
________- Fü H III 2 -____________
53003 Bonn, 24. März 1994

Herrn
Rudolf Kuhr
Artilleriestraße 10

80639 München

Sehr geehrter Herr Kuhr!

Vielen Dank für Ihren Brief vom 25.02.94, in dem Sie um weitere Informationen zum Aufgabengebiet Operative Information (OpInfo) bitten.

Mein Referatsleiter hat mich als zuständigen Fachreferenten mit der Beantwortung ihres Briefes beauftragt.

Operative Information ist eine neue Aufgabe, die auf dem in der Öffentlichkeit besser bekannten Aufgabengebiet "Psychologische Kampfführung" aufbaut. Im Gegensatz zur psychologischen Kampfführung wird durch OpInfo jedoch keine "psychologische Gewalt" angewandt.

OpInfo baut durch Kommunikation Brücken zum Gegenüber. Die Kernaufgabe von OpInfo ist die Information, die auf nachprüfbarer Wahrheit beruhen muß. Damit wird auch Propaganda ausgeschlossen.

Für die erfolgreiche Durchführung von friedenssichernden Operationen der Streitkräfte ist eine einsatzvorbereitende und begleitende Informationsarbeit von großer Bedeutung. Eigene Studien und Veröffentlichungen z.B. von Peter Glotz (DIE ZEIT vom 10.9.93) oder im STERN vom 19.3.93 bestätigen, daß es die VN im Krisengebiet des ehem. JUGOSLAWIEN versäumt haben, ihren Einsatz mit Informationen vorzubereiten und zu begleiten. So haben sich unter einer sog. "Kommunikations-Glocke" verzerrte Wahrheitsmuster verfestigt und radikalisiert, die nun durch (militärische) OpInfo-Maßnahmen kaum noch aufzubrechen sind. Aus diesen Erfahrungen gilt es zu lernen.

Ich denke, die Schadensbegrenzung und Verhinderung/Minimierung von Gewaltanwendung oder zumindest deren Eindämmung - auch durch gezielte Informationen - ist im Interesse aller Politiker, ohne daß sich hieraus eine Unterstützung für das militärische Aufgabengebiet OpInfo ergeben muß.

Abschließend möchte ich erwähnen, daß die Arbeit verschiedenster Institutionen zur Krisen- und Konfliktforschung für die OpInfo Arbeit ausgewertet und z.B. bei der Entwicklung von Informationsstrategien berücksichtigt wird.

Auch der Gedankenaustausch mit Bürgern ist willkommen.

Ich hoffe, Ihre Fragen mit diesen Ausführungen und beigefügtem Informationsmaterial hinlänglich beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag

Stahnke 


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Gott in der Verfassung 


RUDOLF KUHR
80636 München
Artilleriestr. 10
20.08.93

An die
Gemeinsame Verfassungskommission
des Dt.Bundestages und Bundesrates
Bundeshaus (AT 1 a)

53113 Bonn

Gottesbegriff in der Präambel des GG

Sehr geehrter Herr Prof. Scholz, sehr geehrte Damen und Herren,

wenn das Grundgesetz eine Ordnung für das gesamte Volk sein soll, dann sollte es keine Begriffe enthalten, die für einen zunehmend großen Teil nie etwas bedeutet haben, nichts mehr bedeuten oder aber entschieden abgelehnt werden.

Der Gottesbegriff, für die Vorstellung einer personifizierten jenseitigen Autorität verwendet, ist für einen mündigen, demokratisch gesinnten Staatsbürger nicht mehr annehmbar, und als Chiffre für ethische Grundwerte ist er nicht eindeutig genug.

Mit zunehmender Mündigkeit in unserer Gesellschaft, was im Hinblick auf die Demokratie positiv gesehen werden sollte, nimmt die Autoritätsgläubigkeit entsprechend ab. Das gilt auch für den Glauben an jenseitige Autoritäten. Die Vermittlung ethischer Werte in mystischer Form wird bei zunehmender Bildung und Aufgeklärtheit des kollektiven Bewußtseins immer fragwürdiger. Sie führt zu einer Zwiespältigkeit und zu Heuchelei, und sie behindert die Entwicklung von innerer Sicherheit und Echtheit. Nicht selten führt eine konfessionell-religiöse Erziehung zu ernsthaften psychischen Störungen. Und die meisten für Mensch und Umwelt schädlichen Handlungen werden im Vertrauen auf Gott ausgeführt.

Ein Festhalten am Gottesbegriff würde eher das Gegenteil von dem bewirken, was damit erhofft wird. Ein Verzicht hingegen würde einen verstärkenden Hinweis auf die Eigenverantwortung des Menschen bedeuten. Ich schreibe dies nicht als Atheist, sondern als Agnostiker.

Es sollte die Chance einer zukunftsweisenden Erneuerung des GG-Textes wahrgenommen und auf den Gottesbegriff in der Präambel verzichtet werden. Der Text des Grundgesetzes sollte für alle Bürger annehmbar sein, er könnte künftig lauten:

"Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor den Menschen
und den unveräußerlichen ethischen Grund-Werten,..."

In der Anlage sende ich Ihnen zu Ihrer Information eine Sammlung von etwa 30 Zitaten mehr oder weniger bekannter Persönlichkeiten zum Gottesbegriff.

Mit freundlichem Gruß

Rudolf Kuhr
 
Anlage
Zitaten-Sammlung zum Gottesbegriff 


Antwort

Gemeinsame Verfassungskommission
-Sekretariat -

53113 Bonn, Bundeshaus

Herrn
Rudolf Kuhr
Artilleriestraße 10
80636 München

8. Oktober 1993

Sehr geehrter Herr Kuhr,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 20. August 1993, in dem Sie die Forderung, den Gottesbegriff in der Präambel des Grundgesetzes abzuschaffen, erheben. Die Vorsitzenden der Gemeinsamen Verfassungskommission, Herr Professor Dr. Rupert Scholz, MdB, und Herr Erster Bürgermeister Dr. Henning Voscherau, haben es mit Interesse zur Kenntnis genommen und mich gebeten, Ihnen zu antworten.

In Ihrem Schreiben schlagen Sie vor, die Formulierung "im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott" in der Präambel des Grundgesetzes zu streichen. In der 18. Sitzung vom 4. März sowie in der 20. Sitzung am 22. April wurde dieses Problem erörtert.

Wenngleich die Präambel im Rahmen der Wiedervereingigung geändert wurde, so stammt doch der oben genannte Text aus dem Jahre 1949. Er ist geprägt von schrecklichen Erfahrungen mit dem nationalsozialistischen Gewaltregime. Er geht von der Annahme aus, daß es überpositives Recht gibt, das heißt Recht, das über den von Menschen aufgestellten Rechtssätzen steht. Denn gerade die nationalsozialistische Diktatur hat gezeigt, zu welchen Verbrechen es kommen kann, wenn eine Partei ihr eigenes (Un-) Recht, völlig losgelöst von einer höheren Instanz, setzt und ein Volk diesen Vorschriften folgen mußte.

Zum anderen muß berücksichtigt werden, daß sich ein Großteil des deutschen Volkes zum Glauben an Gott bekennt und die Änderung der Präambel im Jahre 1990 mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat vorgenommen wurde, ohne daß der von Ihnen beanstandete Text weggefallen ist. Außerdem ist mit der Formulierung keineswegs die Bindung der Kirche an den Staat gemeint. Von den eingebrachten Anträgen (siehe Anlage) konnte keiner eine Mehrheit erreichen; die für eine Empfehlung nötige Zweidrittelmehrheit wurde weit verfehlt. Der Gottesbegriff in der Präambel des Grundgesetzes wurde daher nicht in Frage gestellt.

In der Anlage können Sie die genaue Diskussion über die Änderung der Präambel nachvollziehen.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag
Meyer
 
An1agen 


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Religion 


RUDOLF KUHR
Mitglied der Humanistischen Union
8000 München 19,
Artilleriestr. 10
22.11.92

Herrn Hans K.
c/o 3Sat-Redaktion Begegnungen
Postfach 4040
6500 Mainz

Sehr geehrter Herr K.,

ich habe Sie zufällig ausschnittsweise in der Sendung "Begegnungen" gesehen, und mich hat Ihr Bekenntnis zur Lernbereitschaft sehr beeindruckt, und daß Sie "nicht den alten Käse immer wieder neu verpacken wollen". Aus Ihrem Munde erschien mir diese Äußerung glaubwürdig und mehr als ein Lippenbekenntnis.

Ich möchte Sie beim Wort nehmen und greife Ihren Aufruf zu einer "Universalen Weltethos-Erklärung" vom 15.11.91 auf, den ich grundsätzlich gut und wichtig finde. Aus diesen Ausführungen geht für mich deutlich hervor, daß Ihnen logische, diesseitige Begründungen für eine sinnvolle Ethik nicht ausreichen, Sie möchten an einer transzendenten Absicherung festhalten.

Ich denke, daß gerade in diesem Bemühen der verschiedenen Konfessionen nach transzendenter Absicherung ihres Glaubens die vielen Probleme entstehen unter denen unsere Welt leidet. Dadurch, daß die im transzendenten Bereich gesuchten Sicherheiten von der individuellen Stärke des Glaubens abhängig sind und nie völlige Sicherheit vermitteln, müssen sie immer wieder verbreitet und gegen tatsächliche und scheinbare Angriffe verteidigt werden, auch mit physischer Gewalt. So wurde auch aus der ursprünglich zur Nachdenklichkeit anhaltenden Religion eine festbindende Konfession, in der die eigentlich hinterfragenden religiösen Elemente unbequem wurden. Der Weg führte in eine Einbahnstraße, in eine transzendente Sackgasse.

Wenn Transzendenz einen Sinn hat, dann m.E. den des Übersteigens des eigenen narzistischen Ichs, um frei zu werden zu einer sinnvollen, humanistischen und damit auch diesseitig-christlichen Lebensgestaltung, die in ihrer Nächstenliebe auch die Umwelt mit einschließt. Erst das Einüben einer agnostischen Haltung, was die nicht beweisbaren letzten Dinge anbelangt, kann die für ein friedliches Zusammenleben nötige Stabilität des Einzelnen bewirken. Mehr als die Theologie brauchen die Menschen heute m.E. die Psychologie, weniger um zu heilen, was heute im Vordergrund steht, als vielmehr überhaupt erst einmal zu sich selbst zu finden, sich anzunehmen, mit sich umgehen zu lernen und so erwachsen zu werden. So könnten allmählich erwachsene Gesellschaften und letztlich eine erwachsene Menschheit entstehen. Was meinen Sie dazu?

Anbei einige Versuche zum Thema von mir, über ein Echo würde ich mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Rudolf Kuhr

  


PROFESSOR DR. HANS K.
7400 TÜBINGEN

Herrn Rudolf Kuhr
Artilleriestr. 10
8000 München 19

Tübingen, 25. November 1992

Lieber Herr Kuhr,

ich habe eine Augenoperation hinter mir und liege schon seit fast einer Woche im Dunkeln, aber man hat mir Ihren Brief vorgelesen, so antworte ich kurz: Herzlichen Dank für Ihre Worte der Anerkennung. Ich kann Ihren Standpunkt sehr wohl verstehen, teile ich doch Ihre Auffassung von der Ambivalenz der Religion. Allerdings macht gerade diese Ambivalenz deutlich, daß Religion durchaus auch einen humanen, einen humanisierenden Effekt haben kann. In meinem »Projekt Weltethos« werden Sie zweierlei erkennen können: daß ein humanes Ethos auch ohne transzendente Begründung möglich ist (darin stimme ich Ihnen zu), daß aber zugleich eine transzendente Begründung sinnvoll sein kann (dies möchte ich Ihnen zu bedenken geben). In meinem kleinen Piper-Taschenbuch über Freud und die Zukunft der Religion habe ich zu den psychologischen Aspekten der von Ihnen aufgeworfenen Problematik sehr viel deutlicher Stellung genommen, im Negativen wie im Positiven.

Mit freundlichem Dank für Ihre Beilagen und guten Wünschen bin ich
Ihr
Hans K. 


RUDOLF KUHR
Freier Humanist
Artilleriestr.10
80636 München
01.08.93

Herrn
Prof.Dr.Hans K.
Str.
Tübingen

Lieber Herr Prof. K.,

ich nehme Bezug auf unseren Briefwechsel vom November 1992, in dem es um Ihr "Projekt Weltethos" und die darin zum Ausdruck kommende Ambivalenz der Religion ging. Als Humanist und Agnostiker schätze ich Sie persönlich und Ihre Arbeit, und es würde mich sehr interessieren, wie es einem verantwortungsbewußten, redlichen Menschen guten Willens wie Ihnen möglich ist, spätestens nach Erich Fromm, noch von Gott zu sprechen.

Wie ist es möglich, spätestens nach dem Todesurteil über Salman Rushdie und der Berufung des Serbenführers Karadzic auf Gott, nicht ehrlicher- und bescheidenerweise von der Theologie Abschied zu nehmen und zur Psychologie überzugehen?

Wenn es trotz jahrhundertelangen Bestehens von Religion mit unserer Welt immer mehr bergab geht, müssen wir dann nicht fragen, ob ein Festhalten daran - zumindest in dieser alten Form - noch verantwortbar ist? Wirkt die Vorstellung von Gott nicht gewissermaßen vergleichsweise wie eine Droge, die den Willen zum Guten zwar verstärken kann, die aber in viel zu vielen Fällen zu Mißbrauch und Sucht führt? Sollten wir da nicht entsprechend handeln, und, wenn wir die geistige "Droge" unbedingt brauchen, diese still für uns verwenden, nicht mehr aber auch noch öffentlich verehren und anpreisen, und schon gar nicht - meist noch gesunden - Kindern zuführen?

Ich würde mir von Ihnen wünschen, daß Sie Ihren großen Einfluß in der Öffentlichkeit auch dafür einsetzen würden, auf die von Erich Fromm vertretene Auffassung des Gottesbegriffs hinzuweisen und auf den Humanismus als Ideal vom edlen Menschentum und einer positiven, alternativen Orientierung im Dasein.

Anbei möchte ich Ihnen das Ergebnis einer Umfrage unter Politikern nach deren Auslegung des religiösen Zusatzes zu ihrem Amtseid "so wahr mir Gott helfe" zur Kenntnis geben. Ich nehme an, daß es Sie interessieren könnte, und vielleicht haben Sie auch Verwendung dafür (die Namen der Politiker erhalten Sie bei Bedarf). Ebenfalls beiliegend sende ich Ihnen den Entwurf für ein 'Humanistisches Werte-System', ein Faltblatt über die 'Humanistische Aktion' sowie ein Schriften-Verzeichnis zu Ihrer Information, für Ihr Archiv oder zur Weitergabe an Interessierte.

Ich will Sie nicht zu einer Antwort nötigen, muß aber gestehen, daß ich mich darüber freuen würde.

Mit besten Wünschen
und freundlichen Grüßen.

Rudolf Kuhr 

Anlage
'So wahr mir Gott helfe'
Humanist.Werte-System
HA-Info
HA-Schriften-Verzeichnis
HA-Karten 7; 13; 14; 16; 19 


PROFESSOR DR. HANS K.
TÜBINGEN

Herrn Rudolf Kuhr
Artilleriestr. 10
80636 München

Tübingen, 28. August 1995

Sehr geehrter Herr Kuhr,

Ihre Ansicht respektiere ich, möchte Sie aber auch um Respekt für die meine bitten. Wenn Sie mein Buch »Existiert Gott?«, in dem ich mich auch mit Erich Fromm auseinandersetze, gelesen hätten, so wüßten Sie, »wie es einem verantwortungsbewußten, redlichen Menschen guten Willens möglich ist, noch von Gott zu sprechen«. Vielleicht versuchen Sie es einmal mit dieser Lektüre, die Sie nicht von vornherein in Ihren Ansichten bestätigen wird. Im übrigen hoffe ich nicht weniger Humanist zu sein als Sie - gerade eben von meinem Fundament her. Deshalb bemühe ich mich auch um ein Weltethos, welches Glaubenden und Nichtglaubenden gemeinsam sein kann.

Mit bestem Dank für Ihren Brief und freundlichen Grüßen bin ich
Ihr
gez. Prof. Dr. Hans K.(nach Diktat verreist)
i. A. I. B. (Sekr.) 


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Aktualisiert am 15.02.09