Ich bin Jahrgang 1937, zu Kriegszeiten in kleinbürgerlichen Verhältnissen einer Stadt mittlerer Größe am nördlichen Rand des Harzes aufgewachsen und habe schulbildungsmäßig den Abschluß einer 8-klassigen Grundschule in der damaligen DDR. Eine weiterführende Schule wurde mir im Arbeiter- und Bauernstaat als Angehöriger der Intelligenz-Klasse verwehrt, denn mein Vater war selbständiger Goldschmiedemeister. Ich hatte auch wenig Neigung zu einem weiteren Schulbesuch verspürt und bin bis heute kein Freund theoretischen Lernens und vielen Lesens. Um Architekt werden zu können, was damals mein kindlicher Wunsch war, mußte ich zuerst eine praktische Ausbildung im Maurerhandwerk absolvieren. Dieser Versuch scheiterte jedoch bereits nach kurzer Zeit wegen mangelnder körperlicher Stabilität. So erlernte ich das Fotografen-Handwerk, was damals auch nicht so leicht möglich war, weil männliche Jugendliche entweder in der Industrie, auf dem Bau oder im Bergbau eingesetzt wurden. Um nach der Lehre der Kasernierten Volkspolizei, dem Vorläufer der Nationalen Volksarmee, zu entgehen, ging ich - noch vor der Mauer - über Berlin zu Verwandten nach Niedersachsen. Hier verdiente ich meinen Lebensunterhalt in verschiedenen Firmen des Fotohandwerks. In einer dieser Firmen lernte ich meine damalige Frau kennen. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Da ich schon zu meiner Lehrzeit gern die neuesten Schlager gesungen hatte, so daß mir wiederholt zum Gesangsstudium geraten wurde, betrieb ich dieses dann neben meinem Beruf bei verschiedenen Lehrern mit dem mir empfohlenen Ziel des Opernsängers. Zwischenzeitlich wechselten meine Eltern von der DDR in die BRD, sie sind jedoch nach kurzer Zeit einer wenig einträglichen Geschäftsübernahme wieder in die DDR zurückgekehrt. Ich folgte ihnen dann ebenso wieder in die DDR zurück, um dort bei einem renommierten Lehrer meine Gesangsausbildung fortzusetzen. Obwohl es sehr bald zu einigen Auftritten im Rundfunk kam und auch einige Aussichten auf Förderung von Seiten des Staates bestanden, vermißte ich dann doch die Freiheit des Westens und verließ die DDR erneut. Allmählich wurde mir klar, daß ich trotz einer guten Stimme zu selbstkritisch und vom Typ her kein darstellender Künstler war, so daß ich das Musik-Studium aufgab. Als eigenwilliger Mensch - in meinem ersten Schulzeugnis stand bereits "R. ist etwas eigensinnig und langsam" - bekam ich immer wieder Schwierigkeiten mit Vorgesetzten, so daß ich den Versuch unternahm, mich selbständig zu machen. Als kaufmännischem Laien erschien mir die Branche Schreibwaren, Zeitschriften und Bücher geeignet, zumal ich bereits nebenberuflich einen Buch-Versand für Bücher kleinerer Verlage begonnen hatte. Ein Buch, 'Der Tanz mit dem Teufel' von Günther Schwab, das mir empfohlen wurde, und das - damals ein allgemein noch ganz neues Thema - von der Bedrohung unserer Umwelt handelte, führte zu einer grundsätzlichen Neuorientierung meines Bewußtseins. Es führte zu der Erkenntnis der Eigenverantwortlichkeit des Menschen und zur sofortigen Umstellung der Ernährung. Erstmals ging ich ins Reformhaus, kaufte Vollkornbrot, ließ den Zucker weg, gab das Rauchen sowie den Verkauf von Süßigkeiten und Spielzeugwaffen in meinem Geschäft auf und lebte in einer Anfangs-Phase konsequent vegetarisch. Ich las Gesundheitsliteratur und bot diese in meinem Geschäft an. Durch eine Anzeige in einer Reform-Zeitschrift erfuhr ich, daß ein ärztlicher Arbeitskreis für Gesundheitskunde im Schwarzwald einen Geschäftsführer suchte. Ich bewarb mich, verkaufte meinen Laden und zog mit der Familie in den Schwarzwald. Hier in einem kleinen Ort ergab sich für mich und meine Familie durch die gesundheitsreformerische und konfessionelle Außenseiterrolle - unsere Kinder waren nicht getauft - eine gewisse Isolierung, aber dadurch entstand auch ein soziales Bewußtsein. Hier verlor sich auch meine, aus dem Einfluß meiner früheren Umgebung her resultierende nationalpolitische Orientierung zugunsten einer liberaleren und kosmopolitischen Einstellung. Als nach einiger Zeit erfreulicher fachlicher Arbeit die zwischenmenschlichen Probleme mit einem sehr von sich selbst überzeugten Vorgesetzten unerfreuliche Ausmaße annahmen und ich erstmals Herzbeschwerden bekam, wechselte ich in einen neuen, den sozialen Bereich über. In Nordbayern gab es ein Kinder- und Jugendhilfswerk, mit neuen ernährungsmäßigen und pädagogischen Konzepten, das mir zukunftsweisend erschien. Daß ich hier, menschlich gesehen, vom Regen in die Traufe kam, das wurde mir nach wenigen Tagen durch erstmals auftretende Magenbeschwerden klar. Ich empfand das Betriebsklima als bedrückend. Das Hilfswerk wurde von einem autoritären Initiator mit Sendungsbewußtsein nach dem Motto betrieben: "Wir holen uns aus den Großstädten Sozialwaisen, bauen ein Haus drumherum, und dann fließt das Geld; die Kinder sind das Triebmittel für unsere Einrichtung". Durch eine halbjährige Kündigungsfrist hatte ich Zeit, mich in ganz Deutschland bis hinauf an die Küste in Landkommunen umzusehen, die damals im Entstehen waren, und von denen eine Zeitschrift berichtete. Diese Lebensgemeinschaften entsprachen meinem Wunsch nach Selbsterfahrung, nach Naturnähe und gaben mir auch Hoffnung auf Entlastung von familiären Überforderungen. Zwischenzeitlich arbeitete ich in der Verwaltung einer Selbsthilfe-Initiative für behinderte Kinder und machte dort den Fahrgast-Führerschein, um einen Schulbus zu fahren. Anschließend an diese Arbeitsstelle versuchte ich es als Erziehungshelfer in einer Sonderschule für verhaltensgestörte Jugendliche. Auf einem ökologischen Seminar entstand der Kontakt zu einer Initiative zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule, und ich zog mit meiner Familie nach Westfalen, um in dieser Einrichtung (Westfälisches Kooperations Modell) als Hospitant mitzuarbeiten und evtl. eine neue berufliche Existenz zu begründen. Hier lernte ich sehr Wesentliches über mich selbst und über die zwischenmenschlichen Beziehungen (Themenzentrierte Interaktion nach Ruth Cohn, Aktives Zuhören etc.). Um zu offiziell anerkannten beruflichen Abschlüssen zu gelangen, fehlten mir jedoch die schulbildungsmäßigen Voraussetzungen und die Kraft, diese theoretisch nachzuholen. Anläßlich eines Seminars über die Probleme der Familien in der Gesellschaft erfuhr ich von einer Gemeinschaft in München, die in etwa nach urchristlichen Vorstellungen lebt, und nahm an einem Wochenende für Gäste teil. Ich zog dann nach München, versuchte zunächst als Gast in der Gemeinschaft zu leben und arbeitete wieder in einem Bereich, der meiner ursprünglichen Ausbildung entsprach, allerdings in einem sehr schlechten, von alten Hierarchien bestimmten Betriebsklima. Meine Vorstellungen, die Erwerbstätigkeit mit einer Sinnerfüllung zu verbinden, gab ich auf zugunsten der Suche nach menschlicher Gemeinschaft. Nach kurzer Zeit entwickelte sich ein starkes Gefühl der Überforderung durch das Gemeinschaftsleben, und es begann die Suche nach psychologischer Hilfe bei Therapeuten und vor allem in verschiedenen Selbsthilfegruppen. Eine wichtige Rolle spielten die Gruppe 'Emotions Anonymous' (EA), eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit Störungen im Gefühlsbereich, sowie die Selbsthilfegruppe von Erziehungsgeschädigten nach den Erkenntnissen von Alice Miller ('Drama des begabten Kindes' etc.). Hier erfuhr ich durch die Berichte der Gruppenmitglieder einiges über meine - aus triftigem Grund - weitgehend verdrängte Kindheit. Die Erkenntnis, nicht so mangelhaft veranlagt zu sein wie ich mich fühlte, sondern (weitgehend) so erzogen worden zu sein, war befreiend. Nach der Ehescheidung - wegen zu großer Unterschiede in der Persönlichkeitsentwicklung und der sich daraus verändernden Lebenseinstellung - erfolgte das Wagnis des beruflichen Wechsels in eine der damals ganz vereinzelt erst entstehenden sogenannten selbstverwalteten Betriebe. Hier gab es keinen Chef und sehr wenig Geld, aber sehr viel Freiheit und gleichzeitig sehr viel Selbstverantwortlichkeit. Die Freude an der Selbst- und Mitbestimmung ließ die Angst vor den materiellen Sorgen sehr schnell in den Hintergrund treten. Aus menschlichen und materiellen Gründen wurde das Projekt nach einigen Jahren aufgegeben. In einem privaten Umwelt-Institut konnte ich dann die wiederholte Erfahrung machen, daß selbst die größten Idealisten zugleich sehr große Egoisten und Ausbeuter sein können. Über ein Buch, das den Sinn des Lebens zum Thema hatte, und dessen Autor den Gedanken-Austausch der Leser untereinander ermöglichte, lernte ich meine jetzige Partnerin kennen, mit der ich - nach etlichen gescheiterten partnerschaftlichen Beziehungen - nun in grundlegender Übereinstimmung gleichberechtigt lebe. Unsere beiderseitige Entwicklung hatte einen Stand erreicht, der uns die Erkenntnis brachte, daß menschliche Beziehungen erst dann befriedigend sind und eine persönliche Weiterentwicklung erlauben, wenn beide Teile sich so weit entwickelt haben, daß sie sehr gut auch allein leben können. - Wichtigste Voraussetzung menschlicher Gemeinschaften ist die innere Stabilität möglichst vieler einzelner Menschen. Leider erst im Alter von etwa 35 Jahren hatte ich damit begonnen, mir über den Sinn des Lebens Gedanken zu machen mit der Erkenntnis: Sinn unseres Lebens ist größtmögliche Entfaltung und Vervollkommnung der eigenen Persönlichkeit in größtmöglicher Harmonie und Verbundenheit zu unserer Mitwelt. Wenn mich heute jemand nach meinem Beruf fragt, dann sage ich oft zunächst scherzhaft, daß ich von Beruf(ung) Mensch bin und mich da noch in der Ausbildung befinde. - Gesellschaftliche Traditionen verlieren an Bedeutung, materielle Orientierung verdrängt Natur und Menschlichkeit, Neuorientierung ist not-wendig, wenn wir sinnvoller leben wollen, das ist mein Thema.
Eine sinnvolle Lebensgestaltung enthält für mich drei Bereiche:
Ich suche nach Menschen, die zur Zusammenarbeit bereit sind, um unsere Gesellschaft und die Welt menschlicher zu gestalten. Ich suche Helfer für den Informations-Dienst, der politisch interessierte Bürger und sogenannte Multiplikatoren unserer Gesellschaft wie Medien-Mitarbeiter, Politiker, Unternehmer, Schriftsteller, Lehrer usw. monatlich mit kurzen Informationen zum Thema humanistische Orientierung und Menschlichkeit versorgt und entsprechende Denkanstöße gibt. Ich hatte eine Initiative mit dem Titel 'Mit Freu(n)den älterwerden' als Angebot im Verzeichnis der Selbsthilfegruppen in München, die in Verbindung mit einer neu gegründeten Wohngenossenschaft (WOGENO) zu ökologisch und sozial engagierten Hausgemeinschaften führen könnte. Geplant ist als letzte Aufgabe eine 'Stiftung Verantwortliche Menschlichkeit', um geistige Grundlagen - z.B. ein universelles Menschenbild - zu einer stabilen Gesellschaft und Welt nachhaltig zu sichern und zu verbreiten. Ich war in den letzten Jahren vor meiner Rente zwar erwerbslos, jedoch keineswegs arbeitslos, im Gegenteil, die Zeit war und ist auch heute noch immer zu knapp, die Tage sind immer zu kurz. Dabei versuche ich stets, nicht einseitig zu werden und mich nicht in der Arbeit zu verlieren, sondern im positiven Sinne menschlich zu bleiben, und der Empfehlung zu folgen: Verbessere ein Stück Welt - dich selbst! (Ab 01.05.2000 habe ich wieder ein festes Einkommen: meine Rente mit rund 640,-- Euro netto. Um Mißverständnissen vorzubeugen: Diese Angabe ist kein indirekter persönlicher Spendenaufruf, sondern erfolgt allein aus dem Prinzip der Offenlegung von Einkünften, siehe auch die Seiten 'Gläserne Abgeordnete' )
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Aktualisiert am 15.02.09