Texte zum Thema Identität 

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Identität - wie man sie findet und verwirklicht, von Hermann Meyer.

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Die eigene Identität

wie man sie findet und verwirklicht

von Hermann Meyer 

Die eigene Identität kann als Richtschnur für den eigenen Weg genommen werden, sie ist der wahre Weg, während negatives Schicksal nichts anderes signalisieren will, als daß man von diesem Weg abgekommen ist. Schicksal ist ein Irrweg, d.h. man entfernt sich immer weiter von der eigenen Identität; oder ein Umweg, d.h. man braucht sehr lange, bis man wieder zur eigenen Identität zurückfindet.

Die meisten Menschen befinden sich ausschließlich auf diesen Irrwegen und Umwegen, selten gelingt es jemandem, allen Unkenrufen zum Trotz, die eigene Identität zu erkennen und danach zu leben.

Warum gestaltet sich dies, was eigentlich selbstverständlich sein müßte, also so schwierig?

Zunächst einmal passiert oft folgendes: Wer die eigene Identität entdeckt hat und sie durchsetzen will, stößt in einem Umfeld selten auf Begeisterung. Die Menschen der näheren Umgebung klatschen meist nur Beifall, wenn man eine Norm oder ein Ideal erfüllt bzw. verkörpert - oder wenn man so ist wie sie, wenn sie sich reproduziert sehen. So mancher ist nur dann hocherfreut, wenn er sieht, daß der andere genauso fühlt, denkt und handelt wie er, daß der andere dieselben Vorlieben hat, dieselben Hobbies, dieselben Sportarten bevorzugt und denselben Geschmack hat wie er.

Wer jedoch seine eigene Identität findet und zu verwirklichen vermag, der weicht von der Norm ab und unterscheidet sich oft gravierend von seinen Mitmenschen. Diese Abweichung wird als Schmerz empfunden und oft aufs heftigste bekämpft.

Insofern erfährt jemand, der sich auf dem Weg zu seiner eigenen Identität, niemand ist da, der ihn ermuntert oder bestärkt.

Seine eigene Identität zu leben, bedeutet, daß man meist gegen die Interessen der Mitmenschen verstößt, besonders dann, wenn man letzteren lange als Projektionsfläche gedient hat und sie andere Pläne für einen haben. Man erfüllt ihre Erwartungen nicht mehr, sie glauben, keine Vorteile mehr ziehen zu können oder haben Angst, ihre Projektionen zurücknehmen, auf eigenen Beinen stehen und selbständig werden zu müssen.

Kurzum: Wer im Begriff ist, seine eigene Identität zu verwirklichen, ist seiner (neurotischen) Umgebung ein Dorn im Auge. Die anderen sehen ihre Felle wegschwimmen, sind erbost über so viel "Unbarmherzigkeit".

Für denjenigen, der solche Reaktionen bei seinen Mitmenschen erntet, ist diese "Erstverschlimmerung" (ähnlich der Homöopathie, bei der es nach der Einnahme eines Mittels zunächst zu einer Erstverschlimmerung kommen kann, ehe eine Linderung der Krankheitssymptome einsetzt) ein deutliches Indiz dafür, daß er sich auf dem richten Weg befindet.

Wer individuell werden will, muß anecken, sonst bleibt er eine bloße Marionette der Normen und Ideale der Kultur und Zeitepoche.

Er muß diesen Weg ganz alleine gehen, und es gibt für ihn dabei kein Vorbild, nach dem er sich ausrichten könnte, denn jeder hat eine andere psychische Struktur, eine andere Identität und infolgedessen gibt es hier keinen (äußeren) Guru oder Führer. Die Führung auf diesem Weg muß daher die eigene innere Stimme, die Stimme der Natur bzw. des Lebens übernehmen. Außerdem gilt es auch zu bedenken, daß man in seinem eigenen Bekannten- und Verwandtenkreis selten jemanden sieht, der den Weg der eigenen Identität konsequent geht. Hinzu kommt, daß es so viele Identitäten gibt, die es zu entdecken gibt. Überall, auf den verschiedensten Lebensgebieten heißt es, die eigene Identität zu finden, die dann summa summarum die eigene Gesamtidentität, d.h. das eigene Selbst ausmachen.

Ausdrucksformen der eigenen Identität
Identität im Sport
Identität im Fühlen
Identität im Handeln
Identität in der Kreativität
Identität im Lebensstil
Identität in der Darstellung nach außen
Identität in Bezug auf Wohnort und Wohngegend
Identität in Bezug auf Wohnungseinrichtung
Identität in der Kindererziehung
Identität in der Ernährung
Identität im Geschmack
Identität in der Erotik
Identität bei der Partnerwahl
Identität in der Beziehungsform
Identität in der Sexualität
Identität in der Sexualphantasie
Identität auf geistigem Gebiet
Identität in der Lebensphilosophie
Identität im Beruf
Identität in der Freizeitgestaltung
Identität bei der Wahl der Hobbys
Identität bei der Wahl der Freunde
Identität in Wünschen und Träumen
Identität ...

Hier einige Beispiele, wie der Identitätsfindungsprozeß durch die Umwelt erschwert werden kann:

Identität im Sport:
Franz L. wuchs in den Bergen von Tirol/Österreich auf. In dem Dorf, wo er von klein auf lebte, fuhren alle Ski. Doch Franz konnte sich für den Skisport einfach nicht begeistern. Aufgrund von Druck und Zwang seitens des Elternhauses als auch seitens der Schule versuchte Franz es immer wieder. Hilflos und mißmutig stand er auf seinen Brettern und war damit unter seinesgleichen ein Außenseiter par excellence. Erst Jahre später fand Franz die Sportart, die mehr seiner Persönlichkeit, seinen Neigungen und Talenten entsprach: Tennis. Er merkte, daß Tennis seine Welt war. Und tatsächlich kam er hier auch zu hohen Ehren, wurde Clubmeister und schließlich sogar Bezirksmeister.

Nahrungsidentität:
Max H. wurde in Niederbayern in eine Bauernfamilie hineingeboren. Seine Mutter servierte ihm Tag für Tag derbe bayerische Kost - Schweinshaxen mit Knödel, Suppenfleisch, Hirnsuppe, Lunge, Herz, Preßsack, Sülze, Blutwurst und Leberwurst. Obwohl ihm vor diesen Speisen ekelte, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich dennoch diesen "dreckigen Fraß" - wie er sich auszudrücken pflegte - einzuverleiben, zumal es auch bei seinen Bekannten und Verwandten und selbst in den Gaststätten der Umgebung nichts anderes gab. Erst viele Jahre später kam Max H. mit der biologischen Vollwertkost in Berührung. Für ihn war es, als sei er aus einem Alptraum erwacht. Endlich hatte er ein Essen gefunden, das seinem Geschmack und seinen ästhetischen Ansprüchen gerecht wurde!

Identität im Geschmack:
Viktoria P., eine attraktive Fremdsprachenkorrespondentin, trägt nur teure Kleidung von einem ausgewählten Designer. Damit will sie nach außen zeigen, daß sie Stil, Niveau und Geschmack besitzt. Tatsächlich wird sie damit vielfach bestätigt und in ihrem Glauben bestärkt, daß ihr Geschmack hervorragend sei. Doch viele Menschen sind nicht ehrlich zu ihr, und bringen hinter vorgehaltener Hand zum Ausdruck, daß diese Kleidung nicht ihrem Persönlichkeitstyp entspricht. Aufgrund dessen hat Viktoria P. bis heute noch nicht ihren wirklichen, eigenen Geschmack gefunden. Nach wie vor lehnt sie andere Markenkleidung oder gar Konfektionskleidung ab, obwohl manche dieser Stücke ihr besser zu Gesicht stehen und ihren finanziellen Möglichkeiten mehr entsprechen würden.

Identität auf geistigem Gebiet:
Reinhold O. stellte sich in der Arbeiterfamilie, in der er aufwuchs, als Kuckucksei heraus. In den Augen seiner Eltern hatte er "zwei linke Hände" (= arbeitsscheu) und mehr als komische Ansichten. Aufgrund seiner eigenartigen Denkweise wurde er auch im Freundeskreis verlacht und verspottet. Eines Tages aber, Reinhold war gerade 19 Jahre alt geworden, stieß er auf die Schriften von Freud, Adler, Jung und Groddeck. Dieses Gedankengut war für ihn wie eine Offenbarung. Er erkannte, daß so bedeutende, gebildete und intelligente Männer ähnlich dachten wie er, und daß nicht er falsch dachte, sondern die anderen, denen nur seine Feinfühligkeit und Differenziertheit befremdend erschien.

Bibliographie: Hermann Meyer, 'Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen'; und 'Jeder bekommt den Partner, den er verdient', Trigon Verlag

Der Spatz 5/99

Die eigene wahre Identität gefunden zu haben, ist die Grundvoraussetzung
für Zufriedenheit, Glück, Gesundheit und ein langes Leben.

Hermann Meyer

Wichtig ist dann auch die Erkenntnis vom Sinn des Lebens, R.K.

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Mit freundlichen Empfehlungen 
Humanistische AKTION  
3/2000 


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Aktualisiert am 20.10.11