Gemeinsam wohnensorgfältig planen - sinnerfüllt leben Interesse an Wohnprojekten besteht schon seit Jahren und scheint derzeit immer mehr zuzunehmen. Bereits länger bestehende Projekte sind jedoch weniger bekannt. Als Grund für das Scheitern von Versuchen und für das gar nicht erst Zustandekommen werden meist Probleme im zwischenmenschlichen Bereich genannt. Es wäre deshalb wohl sinnvoll, bei der Planung von Wohnprojekten den menschlichen Bereich dem materiellen mindestens gleich-, wenn nicht voranzustellen.
Das Interesse am gemeinsamen Wohnen hat viele verschiedene Beweggründe
und es bestehen sehr unterschiedliche Vorstellungen:
An diesen Vorstellungen und Möglichkeiten wird deutlich, wie schwierig es ist, alle Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Je mehr hier vorher abgestimmt werden kann, umso weniger können später Enttäuschungen entstehen. Vorteile und Nachteile sollten sorgfältig angeschaut, diskutiert und gegeneinander abgewogen werden. Oftmals stehen nur wenige Kriterien im Vordergrund und die Gründe für das Interesse an einem Wohnprojekt sind nicht immer voll bewußt, z.B. die Angst vorm Alleinsein oder die Sehnsucht nach der Natur, wie bei dem Wunsch nach einem Wohnprojekt auf dem Land. Besteht der Wunsch nach Gemeinschaft aus einem aktuellen gefühlsmäßigen Bedürfnis heraus oder aus einer grundsätzlichen Überlegung? Was ist wichtiger, das angestrebte Objekt oder die menschliche Gemeinschaft? Um hier leichter eine Lösung zu finden, ist es angebracht, nach dem Sinn des Ganzen zu fragen: Was will ich mit dem Wohnprojekt erreichen? Jeder möchte wohl zunächst einmal angenehmer leben. Dies wird aber nur dann möglich sein, wenn alle bereit sind, möglichst gleich viel dazu beizutragen. In der Praxis sind auf jeden Fall die Menschen wichtiger als die materiellen Gegebenheiten, das hat sich sehr oft bei solchen Projekten herausgestellt. Um die Bedeutung des menschlichen Gesichtspunktes deutlicher zu machen, soll hier einmal das Wohnprojekt mit einer Musikgruppe verglichen werden. Eine Musikgruppe hat das vorgegebene Ziel, Musik zu machen. Dazu braucht sie einerseits geeignete Instrumente und andererseits Menschen, die fähig und bereit sind, zusammenzuarbeiten, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. Es ist demnach wichtig, daß nicht nur jeder sich sein Lieblingsinstrument aussucht, sondern vorher mit allen anderen abstimmt, welche Art der Musik angestrebt wird. Ähnlich ist es mit einem Wohnprojekt. Hier wäre es sinnvoll, vor den materiellen Objekten die spätere Art des Zusammenlebens zu diskutieren und vielleicht auch ansatzweise zu üben, zumindest aber beides parallel zu behandeln. Ähnlich wie in der Musik, wo es Unterschiede zwischen gefühlsbetonter, verstandesbetonter oder ausgewogener Musik gibt, z.B. Unterhaltungsmusik, atonale oder klassische Musik, so kann es bei den Wohnprojekten z.B. betreute, chaotische oder organische Wohnformen geben. Dem Ideal menschlicher Gemeinschaft würde wohl eine organische Wohnform, bestehend aus verschiedenen Altersstufen entsprechen. In der Musik wird sehr schnell erkennbar, wenn das Ergebnis des gemeinsamen Wirkens nicht stimmt, und eine Korrektur ist entweder aufgrund der vorhandenen Noten oder durch das Gefühl für Harmonie verhältnismäßig leicht möglich. In einer Gemeinschaft ist dies wesentlich schwieriger. Hier muß sowohl ein klares Konzept bewußt sein, als auch genügend Einfühlungsvermögen zur bewußten Wahrnehmung des eigenen Befindens und dem der anderen in der Gruppe. Über eine selbstverständliche Toleranz hinaus ist auch noch Verbundenheit sowie Fähigkeit und Bereitschaft zur Kooperation und Konfliktbewältigung nötig. Um einem Scheitern vorzubeugen, ist es sinnvoll, Klarheit über die Struktur des Wohnprojektes und über die daran beteiligten Kräfte und deren individuell unterschiedliche oder übereinstimmende Interessen zu haben. Die Struktur besteht grundsätzlich aus der einzelnen Person (Ich), der Gruppe (Wir) und dem gemeinsamen Ziel bzw. der gemeinsamen Aufgabe (Es). Es / \ Ich - Wir Wenn ein Wohnprojekt gut funktionieren soll, dann ist es wichtig, die Interessen der drei Bereiche klar zu erkennen, und immer wieder ein Gleichgewicht zwischen diesen drei Bereichen zu halten bzw. wieder herzustellen. Dies ist eine ständige Aufgabe, die, mit einer positiven Einstellung dazu betrieben, Freude machen und zu einer persönlichen Weiterentwicklung führen kann. Vielleicht wird durch diese Darstellung deutlich, daß es nicht ausreicht, über das materielle Objekt, das Haus oder die Siedlung nachzudenken und zu diskutieren, sondern die Wichtigkeit des menschlichen Gesichtspunktes zu erkennen und zu berücksichtigen. Das materielle Objekt kann nur ein Teil der eigentlichen, wesentlicheren Aufgabe, also der menschlichen Gemeinschaft sein, wenn diese alle Beteiligten langfristig zufriedenstellen soll. Um neue Interessenten anzusprechen und zu gewinnen, und um vielleicht nebenbei auch eine politische Wirkung zu erzielen, ist es sicher nicht verkehrt, bereits im Stadium der Planung durch eingehende Beschäftigung mit den menschlichen Gesichtspunkten eine gewisse Kompetenz und Gesprächskultur zu erarbeiten. Rudolf Kuhr
Humanistische AKTION 6/1996,2 Kritik, Anregungen zu Form und Inhalt, Dialog sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe und Belegexemplar erwünscht. Kürzungen und Änderungen nach Absprache.
Miteinander wohnen - sinnerfüllt lebenVorstellungen zu einem Wohn-Projekt
- - - - - Diese Vorstellungen wurden in mehreren Sitzungen von einer Gruppe erarbeitet, die sich unter dem Namen 'Miteinander wohnen - sinnerfüllt leben' durch den 2. Münchner Wohnprojekttag 1996 zusammenfand.
weitere kurze Texte zum Thema Gemeinschaft Wege zu genossenschaftlichem WohnenSelbstverständnis der GIMA München Unzählige Mietparteien in innerstädtischen Quartieren Münchens sind auf dauerhaft bezahlbaren Wohnraum angewiesen. Aber ganze Stadtbezirke sind aktuell in Aufwertung begriffen, es droht die Zerstörung gewachsener intakter Hausgemeinschaften und Quartiere. In diesen Stadtbezirken gibt es eine große Zahl von Mehrfamilienhäusern, die sich im Privatbesitz befinden. Vielfach ist eine faires, lebendiges Verhältnis zwischen Vermieter und Mietern anzutreffen. Im Falle der Veräußerung ihres Hauses wollen die Eigentümer einen fairen Preis erzielen, ihre Mieter aber auch zukünftig in guten Händen wissen. Die GIMA München wurde aus der Überzeugung gegründet, dass die Übernahme von Mietshäusern durch bestehende oder neu gegründete Genossenschaften ein optimaler Weg sind, um dauerhaft bezahlbaren Wohnraum und intakte Hausgemeinschaften zu bewahren und auszubauen. Genossenschaften sind Non-Profit-Organisationen, in denen die Mieter zugleich Besitzer des gemeinschaftlichen Eigentums sind. Die GIMA München tritt als Mittlerin zwischen Hauseigentümern, deren Mietern und Genossenschaften auf und fördert damit den Ausbau genossenschaftlichen Wohnens in München.
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Aktualisiert am 23.10.11