Weihnachten - feiern oder ignorieren?
Ein Beitrag zum Fest der gemischten
Gefühle
von Rudolf Kuhr
Für viele Menschen ist Weihnachten ein Höhepunkt des Jahres,
aus welchen Gründen auch immer, aus privaten oder geschäftlichen,
aus ideellen oder materiellen, oder aus beiden. Für nicht wenige löst
Weihnachten gemischte, eher peinliche Gefühle aus. Für einige hat
Weihnachten überhaupt keine Bedeutung oder sogar eine rein negative,
diese haben oftmals dafür nur noch Hohn und Spott übrig und
veranstalten eine Jahresabschlußfeier (zu der auch die
Lebensabschnittspartner mitgebracht werden dürfen) oder sie feiern gar
eine Anti-Weihnachts-Party. Andere feiern Weihnachten im althergebrachten
heidnischen Sinn als Lichtfest, als Fest der Winter-Sonnenwende, die die
Tage wieder länger werden läßt und das Licht
zurückbringt.
Der Grund für diese unterschiedlichen Einstellungen zu diesem Ereignis
ist wahrscheinlich dessen unterschiedliche inhaltliche Auslegung und
äußere Gestaltung sowie die unterschiedliche Entwicklung der ethischen
Orientierung der einzelnen Menschen. Sinnentstellung durch konfessionelle
Institutionen, Sinnentleerung durch kommerzielle Inanspruchnahme sowie
Mißbrauch zu Erziehungszwecken und Verkitschung haben das Weihnachtsfest
für viele in Frage gestellt. Bei Umfragen können heute die meisten
weder die christliche, noch die ursprüngliche Bedeutung erklären.
Wörterbüchern ist zu entnehmen: Weihnachten kommt von ze den
wihen nahten, zu den heiligen Nächten, dem Winterfest der Germanen
vom 26. Dezember bis 6. Januar. Das christliche Weihnachtsfest wurde als
Fest der Geburt Christi im Morgenland erst am 6. Januar gefeiert; seit 354,
zuerst in Rom, am 25. Dezember an Stelle des heidnischen Festes der Sonnenwende,
des "Sol invictus" als welcher z.B. auch Mithras bezeichnet wurde.
Mithra oder Mithras war eine altpersische Gottheit, ein Lichtgott (sol
invictus, unbesiegte Sonne); Beschützer der Wahrheit und des Rechts.
Sein Kultus (Mithraismus) verbreitete sich seit dem 1. Jahrhundert über
das ganze römische Reich, erlag aber dann dem christlichen Jesuskult,
der ihm außerordentlich ähnlich war (Taufe, Konfirmation, Abendmahl,
Trinitatislehre, der 25. Dezember als Geburtstag des Mithras, der ihm geweihte
Sonntag). Kultstätten (Mithräen) gab es auch in Deutschland,
bei Frankfurt und Heidelberg.
Ursprünglich war Weihnachten also ein altes naturbezogenes Fest unserer
Vorfahren. Es bezog sich auf die geweihten Nächte der Wintersonnenwende.
Es waren die längsten Nächte und die kürzesten Tage des Jahres.
Mit der Christianisierung unserer Vorfahren und der damit verbundenen
Christianisierung ihrer heidnischen Feste wandelten die Missionare auch das
Weihnachtsfest zum Fest der Geburt von Jesus, dem Christus. Das kann
aufgeklärte Menschen aber nicht davon abhalten, den alten Brauch mit
altem Namen weiterhin zu pflegen oder wieder erneut aufzugreifen und die
Tage der längsten Nächte der Besinnung auf die uns tragende Natur
zu weihen oder zu widmen.
Gerade in unserer technisierten, naturfeindlichen Zeit bietet es sich an,
diesen Höhepunkt des Jahres in seinem ursprünglichen wirklichkeitsnahen
Sinngehalt festlich zu begehen. Besonders für Kinder ist es wichtig,
eine vernünftige Sinngebung mit einem realen Bezug zu haben, die keine
Zweifel und gemischten Gefühle aufkommen läßt. Die Bedeutung
des Weihnachtsfestes wird tiefer werden, wenn die damit verbundenen
Äußerlichkeiten nicht den Hauptzweck ausmachen, sondern lediglich
zur Einstimmung auf die innere Einkehr, die Besinnung auf die Verbundenheit
zwischen Mensch und Natur und auf die Notwendigkeit der zwischenmenschlichen
Beziehungen anregen.
Dies läßt sich beispielsweise dadurch fördern, daß
bei weihnachtlichem Schmuck auf elektrische Kerzen, Lametta, Glas- und
Kunststoffkugeln und -figuren und sonstigen Flimmer verzichtet wird und
stattdessen Kerzen aus duftendem Bienenwachs, Tannen- und Kiefernzapfen,
Äpfel, Nüsse und Strohsterne verwendet werden. Die vielfach meist
noch immer im Vordergrund stehenden materiellen Geschenke könnten reduziert
und wenn möglich ganz vermieden werden, zumindest unter Erwachsenen.
Am heiligen Abend kann man, nach Möglichkeit zusammen mit Freunden,
einen Abendspaziergang durch die, zu dieser Zeit meist schweigende und hin
und wieder auch weiße Natur machen. Wenn Kinder dabei sind, wird es
für diese ein großes Erlebnis sein, wenn jemand heimlich vorausgeht
und an einem kleinen Baum einige Kerzen anzündet. Für
größere Kinder und Jugendliche wird ein Sonnwendfeuer das Richtige
sein. Gemeinsam vor dem Lichterbaum oder Feuer können dann Weihnachts-
oder Winterlieder gesungen werden. Die Weihnachtstage bieten beste Gelegenheit
zur Besinnung auf die zwischenmenschlichen Beziehungen und
die Verbundenheit von Mensch und Natur.
Mit den Vorbereitungen auf das Weihnachtsfest kann bereits Anfang Dezember
begonnen werden, wenn es früher dunkel wird. Zusammen mit Kindern basteln,
backen und bei Kerzenschein und Glühwein oder Tee Lieder einüben
hinterläßt tiefe, nachhaltige Eindrücke. Reichlich Stoff
für eine neuzeitliche Feiergestaltung ohne Anlehnung an etablierte
Konfessionen und überholte Traditionen bieten folgende Werke:
-
'Über uns die klare Nacht', Liederbuch mit über 50 Liedern mit
teilweise mehrstimmigen Noten für Kinder und Erwachsene.
Möseler-Verlag, Wolfenbüttel.
-
'Weihnacht', ein Buch der Freude und Besinnung mit Geschichten und Gedichten
zum Lesen und Vorlesen, zweite, überarbeitete Auflage, 317 Seiten,
Eekboom-Verlag, Pinneberg.
-
'Bald nun ist Weihnachtszeit' ca. 70 Weihnachtslieder mit hübschen Bildern,
88 Seiten, Bremen 1983
-
'Winter, Weihnacht, Jahreswende', Klavierband mit überkonfessionellen
Texten und Angaben für Gitarrenbegleitung. Eekboom-Verlag, Pinneberg,
-
'Der helle Stern', Liederheft mit 15 Liedern mit teilweise mehrstimmigen
Noten. Voggenreiter-Verlag.
-
'Wir in unserer Welt', Lese- und Vorlesebuch für Kinder, illustriert,
265 Seiten. Eekboom-Verlag, Pinneberg.
-
'Lieder des Lebens', 241 Lieder für jede Gelegenheit. Eekboom-Verlag,
Pinneberg.
-
'Und wir sind alle mit dabei', Lieder und Spiele für Kinder. Eekboom-Verlag,
Pinneberg.
-
'Es ist für uns eine Zeit angekommen' Lieder zur Vorweihnachtlichen
Zeit. LP 17cm
-
'Daß auf Erden Freude werde' Lieder zur Weihnacht für Jung und
Alt. Eine Zusammenfassung der schönsten Lieder aus verschiedenen Platten
(Camerata). LP 30cm
-
'Zündet das Licht an im Ring' Musik und Lied für die Weihnacht.
Es spielen der Musizierkreis Karl Heinz Klein, München, Mitglieder der
Berliner Camerata Musicale, der Kammermusikkreis Ferd. Conrad, Hannover,
das Bläserquintett der Philharmonie Hungaria und Hilde Noe, Münchner
Kammerorchester (Camerata). LP 30cm
-
'Weltliche Weihnachts- und Winterlieder', Heft mit 16 Lied-Texten
und 1 CD mit Begleitmusik sowie Kopiervorlage für die Texte. Freie
Humanisten, Weser-Ems, Wolfgang Eiben <EibenFlessner (at) t-online.de>
(Ergänzende Hinweise auf weitere Literatur und Tonträger sind
willkommen.)
Am feierlichsten ist
die Weihnacht dort,
wo dich die Schönheit
der Natur umfängt
und still dein Sinnen
aus der Enge fort
dem All verbindend
in die Weite lenkt.
Erich Limpach, Lyriker (1899-1965)
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2. Wenn andre feine Bäumelein
in großer Trauer stehn,
dann grünest du, o Tannenbaum,
im Winter gar so schön.
3. Warum sollt' ich nicht grünen,
da ich noch grünen kann!
Es fließt ein klarer Bronnen,
wohl unter meinem Stamm.
4. Wohl unter meinen Wurzeln,
wohl aus der Erde Schoß;
der läßt mich wachsen und grünen,
drum bin ich stark und groß.
Volkslied aus Westfalen
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Wenn wir
aufeinander zugehen
und zueinander stehen
ehrlich und echt sind
und auf Floskeln verzichten
geduldig warten
und wohlwollend zuhören
Feines beschützen
und Schwaches stärken
Trauriges gemeinsam tragen
und uns an den Erfolgen anderer freuen
Hindernisse als Möglichkeiten sehen
und Ansätze weiterdenken
liebevoll begleiten
und herzlich danken
Halt geben
statt festzuhalten
Raum lassen und ermutigen
den eigenen Weg zu gehen
wird Weihnachten
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Wir haben zu Weihnachten
alle etwas Heimweh, nach Hause und nach "früher", als wir noch Kinder
waren ... Und darum wird unser Weihnachten auch immer ein "heiliger Abend"
und eine "stille Nacht" bleiben ...
Rudolf Kinau, Schriftsteller 1887-1975
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Kirchliche Übernahme
Die Kirche hat absichtlich im vierten Jahrhundert das
Geburtsfest Christi auf die Wintersonnenwende angesetzt. Sie gab und gibt
damit ihrem Glauben Ausdruck, daß Christus die wahre Sonne unseres
Lebens ist. Der Mythus der Sonnenwende ist tot! Der Glaube an Christus lebt!
Was nützt uns die Tatsache, daß sich die Sonne wieder tapfer
aufwärts kämpft? Hat noch niemand bei hellem Sonnenschein
geweint oder gesündigt? Es braucht eine andere Sonne, die dem
Unglück und der Schuld des Menschen zu Leibe rückt! -
Joseph Ernst Mayer, röm.-kath. Stadtpfarrer, Weihnachten
1955 im Wiener Rundfunk
*
Die Weihnachtsgeschichten sind
frei erfunden und verdienen keine Glaubwürdigkeit
Die Erzählungen der Bibel von der Geburt des Gottessohnes Jesus sind
reine Erfindungen und haben mit dem wirklichen Hergang nichts zu tun. Dies
hat die historische Forschung seit langem gezeigt.
Eine reichsweite Schätzung unter Kaiser Augustus hat es nicht gegeben.
Die Propheten des Alten Testaments haben das Kommen Jesu gar nicht vorher
gesagt; ihre Aussagen wurden von den ersten Christen auf Jesus hin
nachträglich und gegen den ursprünglichen Sinn umgefälscht.
Maria hat Jesus ohne vorherigen Geschlechtsverkehr mit einem Mann nicht geboren.
Vielmehr beruht die Jungfrauengeburt zum einen auf einem Übersetzungsfehler
aus dem Hebräischen ins Griechische und zum anderen auf dem Wunsch
christlicher Theologen, Jesus auf dieselbe Stufe wie andere ebenfalls von
einer Jungfrau geborene Göttersöhne zu stellen. Jesus wurde nicht
in Bethlehem, sondern in Nazareth geboren. Die Hirten auf dem Felde sind
Idealpersonen ebenso wie die Magier aus dem Morgenland. Den Stern von Bethlehem
hat es niemals gegeben. Sein Erscheinen ist ausschließlich in der
Erzählung eines Wunders begründet. Der Kindermord in Bethlehem
auf Veranlassung des Herodes hat nicht stattgefunden. Nimmt man hinzu, dass
Jesus von Nazareth die nach ihm gekommene Kirche nicht gewollt hat, die solche
heiligen Lügen über ihn erzählt, ist der Schluss unausweichlich:
Die Weihnachtsgeschichten der Bibel und die heutigen Kirchen, die sie
weitererzählen, besitzen keine Glaubwürdigkeit mehr.
Prof. Dr. Gerd Lüdemann - Presseerklärung,
Göttingen, den 17. Dezember 2003 - www.gerdluedemann.de
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Lesen Sie auch:
Weihnachts-Satire -
'Ostern - Fest der
Auferstehung?'
'Sommer-Sonnenwende - Höhepunkt im Jahreskreis'
'Herbstfest - Erntefest'
Humanistische AKTION
11/1997,8
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