Petition zum Grundgesetz
Artikel 1, 4 und 7
1. Brief
München, 19.05.99
Deutscher Bundestag Grundgesetz-Ergänzung Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit stelle ich den Antrag zur Ergänzung der Artikel 1, 4 und 7 des deutschen Grundgesetzes. Eine Neufassung des Artikel 1 sollte lauten:
Begründung: 1. Die Aussage "ist unantastbar" entspricht nicht der Realität und täuscht eine bereits vorhandene Unantastbarkeit vor. 2. Die Würde kann erst geachtet und geschützt werden, wenn sie ausreichend vorhanden und allgemein anerkannt ist. Ihrer Bildung gebührt deshalb Vorrang vor Achtung und Schutz. Dies alles ist durch eine allein staatliche Zuständigkeit nicht gegeben. 3. Im allgemeinen Bemühen um Gewaltlosigkeit und wegen einer treffenderen inhaltlichen Kennzeichnung ist die Bezeichnung Verantwortlichkeit sinnvoller. In Artikel 4 sollte es ergänzend heißen:
Begründung: Die bisherige Fassung erlaubt Verstöße in Form von einseitiger und abgrenzender Beeinflussung gegen die in Artikel 1 garantierte Würde und in Artikel 2 geforderte freie Entfaltung der Persönlichkeit besonders nachhaltig bei Kindern. In Artikel 7 sollte es ergänzend heißen:
Begründung: Die bisherige Fassung erlaubt Verstöße in Form von einseitiger und abgrenzender Beeinflussung gegen die in Artikel 1 garantierte Würde und in Artikel 2 geforderte freie Entfaltung der Persönlichkeit besonders nachhaltig bei Kindern. Ausführlichere Begründungen sind in dem beiliegenden Text 'Grundgesetz benachteiligt Kinder' enthalten. Die freie Entfaltung der Persönlichkeit bei Kindern ist wesentliche Voraussetzung für eine Weiterentwicklung und nachhaltige Stabilisierung der Gesellschaft. Dies sollte im Grundgesetz ausdrücklich festgehalten und nicht durch andere Rücksichten eingeschränkt werden. Ich bitte freundlich um kurze Bestätigung des Eingangs dieser Petition. Vielen Dank. Mit freundlichem Gruß Rudolf Kuhr
Anlage
1. Antwort
DEUTSCHER BUNDESTAG
53113 Bonn, 26.05.1999 Pet 1-14-06-10000-009587
Humanistische Aktion
Betr.: Grundgesetz Sehr geehrter Herr Kuhr, im Auftrag der Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Frau Heidemane Lüth, MdB, bestätige ich den Eingang Ihres Schreibens. Nach Prüfung Ihrer Zuschrift erhälten Sie unaufgefordert weitere Nachricht. Ich bitte um Verständnis, daß dies längere Zeit in Anspruch nehmen kann. Bitte teilen Sie zwischenzeitliche Änderungen des Sachverhalts oder Ihrer Anschrift dem Petitionsausschuß unter dem angegebenen Aktenzeichen mit. Personenbezogene Daten werden unter Wahrung des Datenschutzes gespeichert und verarbeitet.
Mit freundlichen Grüßen
Renate Mahnke 2. Antwort
DEUTSCHER BUNDESTAG
53113
Bonn, 16.07.1999 Pet 1-14-06-10000-009587
Humanistische Aktion
Betr. : Grundgesetz Sehr geehrter Herr Kuhr, zu Ihrer Petition ist eine Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern eingeholt worden. Eine Zweitschrift dieser Stellungnahme ist als Anlage mit der Bitte um Kenntnisnahme beigefügt. Ich möchte Ihnen Gelegenheit geben, sich zu der Stellungnahme binnen sechs Wochen zu äußern. Sollte ich nichts mehr von Ihnen hören, gehe ich davon aus, daß Ihre Petition hier als erledigt angesehen werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Renate Mahnke 3. Antwort BUNDESMINISTERIUM DES INNERN Alt-Moabit 101 D, 10559 Berlin. 6. Juli 1999 V2-110031 II
Deutscher Bundestag
Betr.: Grundgesetz
Bezug: 1.) Ihr Schreiben vom 26. Mai 1999 Anlage: - 1 - Der Petent erstrebt die Ergänzung der Art. 1, 4 und 7 GG mit dem Ziel, der Würde des Menschen unter dem Gesichtspunkt der freien Glaubensentfaltung Geltung zu verschaffen, da die bisherige Fassung des Grundgesetzes Verstöße gegen die Menschenwürde erlaube. Wesentliches Anliegen ist die Gewährleistung und Förderung möglichst aller ethischen Orientierungen. Die vom Petenten vorgeschlagenen Ergänzungen sind nicht erforderlich. Die Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG ist in der Wertordnung des Grundgesetzes der oberste Wert, deren Schutz gehört zu den tragenden Konstruktionsprinzipien des Grundgesetzes. Die Menschenwürde als oberster Rechtswert bedarf keiner weiteren Verstärkung. Die geforderte Ergänzung von Art. 4 GG ist, soweit sie auf die Gewährleistung der freien Entfaltung des Glaubens zielt, ebenfalls überflüssig. Art. 4 GG garantiert bereits in seiner derzeitigen Fassung die Freiheit des Glaubens, indem durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG die bereits aus der Menschenwürde folgende innere Freiheit, einen Glauben zu haben oder nicht zu haben verstärkt wird durch die Garantie, nach eigenen Glaubensüberzeugungen zu leben und zu handeln, d.h. diesen in der Öffentlichkeit zu betätigen. Soweit der Petent eine konkrete Förderung von möglichst allen ethischen Orientierungen in Art. 4 GG verankert sehen möchte, erscheint dies in seinen Auswirkungen und im Hinblick auf Definitions- und Abgrenzungsschwierigkeiten schon praktisch undurchführbar. Die Verpflichtung des säkularen Staates zur religiös- weltanschaulichen Neutralität gebietet bereits die Gleichbehandlung aller Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften. Der Staat, in dem Anhänger unterschiedlicher Überzeugungen zusammenleben, kann die friedliche Koexistenz der unterschiedlichen Glaubensrichtungen nur gewährleisten, wenn er selbst in Glaubensfragen Neutralität bewahrt und die Privilegierung bestimmter Bekenntnisse ebenso wie die Ausgrenzung Andersgläubiger unterläßt. Die geforderte Änderung von Art. 7 GG mit der Begründung, die bisherige Fassung erlaube Verstöße in Form von einseitiger und abgrenzender Beeinflussung gegen die Menschenwürde und Eingriffe in die freie Entfaltung der Persönlichkeit bei Kindern, ist ebenfalls nicht schlüssig. Art. 7 Abs. 2 GG garantiert das Recht der Erziehungsberechtigten, über die Teilnahme ihrer Kinder am Religionsunterricht zu bestimmen, und stellt so sicher, daß niemand zum Besuch eines solchen Unterrichts gezwungen werden kann. Die behaupteten Verstöße gegen die Menschenwürde sind nicht erkennbar. Als Anlage reiche ich Ihren Schriftwechsel mit dem Petenten zurück.
Im Auftrag
2. Brief
München, 26.08.99
Deutscher Bundestag Betr.: Grundgesetz - Pet 1-14-06-10000-009587 Ihr Brief vom 16.07.99
Sehr geehrte Frau Mahnke, die Stellungnahme des Bundesministerium des Innern vom 06.07.99 erweckt den Eindruck, daß meine Begründungen zur Petition entweder nicht ausreichend zur Kenntnis genommen oder nicht richtig verstanden wurden. Ich möchte deshalb um eine nochmalige und eingehendere Behandlung meiner Petition bitten und ergänze nachfolgend meine Begründungen. Bei dem Vorschlag zur Änderung des Artikel 1 GG handelt es sich um eine konkretere Formulierung des bestehenden Textes zur besseren Umsetzung der Absicht des Artikels. Wichtiger noch sind die Vorschläge zur Änderung der Artikel 4 und 7 GG, da diese in ihrer jetzigen Form bisher eine Verletzung der Artikel 2 und damit Artikel 1 zulassen, wenn nicht sogar fördern. Die zugesicherte uneingeschränkte Freiheit des Glaubens bezieht sich auf erwachsene Menschen, während sie dadurch bei Kindern die in Art. 2 garantierte freie Entfaltung der Persönlichkeit verhindert und so gegen der Würde der Kinder verstößt. Es ist für Kinder entwürdigend und die freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit behindernd, wenn sie konfessionell einseitig beeinflußt und rechtlich an eine abgrenzende Institution gebunden werden, von der sie sich erst mit Erreichen der Religionsmündigkeit trennen können, soweit sie dann überhaupt noch dazu in der Lage sind. Der Sachverhalt wird deutlicher, wenn man sich vergleichsweise vorstellt, daß Kinder bereits als Säuglinge in einer politischen Partei aufgenommen und regelmäßig in Geschichte und Ziele dieser Partei eingeführt werden. In beiden Fällen kann von einer freien Entfaltung der Persönlichkeit dann nicht mehr die Rede sein. In beiden Fällen erfolgt eine einseitige Ausrichtung. Eine freie Entfaltung der Persönlichkeit ist erst dann gewährleistet, wenn Kindern eine freie Entwicklung, Wahlmöglichkeit und Entscheidung ermöglicht wird. Die in den verschiedenen Konfessionen enthaltenen ethischen Werte sind universell und werden vor allem durch das Leben und Auseinandersetzen mit Erwachsenen vermittelt, weniger durch theoretische Vermittlung in Form von Mysterien und Mythen. Die oft religiös motivierten, gewalttätigen Konflikte in aller Welt zeigen nur zu deutlich die verhängnisvolle Wirkung von separierenden Indoktrinationen. Die Entwicklung der Gesellschaft mit ihren bedenklichen Begleiterscheinungen verlangt nach einer differenzierteren Betrachtung der Sozialisierungsprozesse von Kindern und einen größeren Schutz ihrer persönlichen Entfaltung. Hierzu ist eine Einschränkung der in Artikel 4 und 7 enthaltenen Freiheit für Erwachsene zugunsten der Kinder unbedingt erforderlich. Religion und Glaube sollen den Menschen Sinn, inneren Halt und Sicherheit geben. Diese Sicherheit ist nicht mehr gewährleistet, wenn wesentliche Teile der Glaubensinhalte nicht mehr mit den realen Erkenntnissen und Gegebenheiten sowie mit den notwendigen Erfordernissen der Gegenwart übereinstimmen. Im Zuge der Globalisierung und im Hinblick auf die zunehmende ethnische Vielfalt in unserer Gesellschaft ist es deshalb erforderlich, eine weniger ab- und ausgrenzende religiöse Erziehung als sie bisher gelehrt und praktiziert wird durchzuführen. Die Identität des Menschen muß mehr als bisher auf den Gemeinsamkeiten anstatt auf Abgrenzungen aufbauen, um nachhaltig günstig auf das Zusammenleben zu wirken und bessere Voraussetzungen zur Krisen-Prävention zu schaffen. Es geht darum, Kinder zu befähigen, innere Sicherheit zu gewinnen, indem sie die Realität anerkennen und ertragen lernen und dieser nicht durch Flucht in unrealistische Vorstellungen ausweichen. Individuelle, direkte Rückbindung an die Natur ist die statische Form der Überwindung der Realität des Getrenntseins. Die dazugehörende dynamische Rückbindung ist die an das Ideal einer universellen Menschlichkeit. Verbundenheit mit allen Menschen anstatt Separierung und Abgrenzung; Aufklärung und Kritik anstatt Tabuisierung. Es geht letztlich nicht um die Verehrung von Jesus oder Allah, sondern um gemeinsame, verantwortliche Menschlichkeit als ethische Orientierung und Umsetzung. Soviel zunächst als ergänzende Begründung, zu weiteren Erläuterungen bin ich jederzeit gern bereit. Ich weise auch auf den beiliegenden erläuternden Text 'Grundgesetz benachteiligt Kinder - Widersprüche behindern gesellschaftliche Weiterentwicklung' hin. Mit freundlichem Gruß Rudolf Kuhr
Anlage 4. Antwort
DEUTSCHER BUNDESTAG
53113 Bonn, 13.09.1999 Pet 1-14-06-10000-009587
Humanistische Aktion
Betr. : Grundgesetz zu Ihrem weiteren Schreiben habe ich eine ergänzende Prüfung veranlaßt. Über das Ergebnis werde ich Sie so bald wie möglich unterrichten. Bis dahin bitte ich Sie um Geduld.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Finger 5. Antwort
DEUTSCHER BUNDESTAG
11011 Berlin,
23.03.2000 Pet 1-14-06-10000-009587
Humanistische Aktion Sehr geehrter Herr Kuhr, Ihre Petition ist abschließend bearbeitet worden. Der Deutsche Bundestag hat in seiner 95. Sitzung am 23.03.2000 nach einer Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses - Sammelübersicht 14/135 (Drucksache 14/2923) - folgendes beschlossen: Das Petitionsverfahren abzuschließen Die Begründung zur Beschlussempfehlung ist beigefügt. Mit freundlichen Grüßen Unterschrift (Heidemane Lüth)
Anlage: - 1 - - 76 - Anl. 1 z. Prot. 14/29 Pet 1-14-06-10000-009587 80636 München Grundgesetz Beschlussempfehlung Das Petitionsverfahren abzuschließen. Begründung Die Petition ist auf eine Anderung der Artikel 1 (Menschenwürde), 4 (Glaubens- und Gewissensfreiheit) und 7 (Schulwesen) des Grundgesetzes gerichtet. Bei der Petentin handelt es sich um eine seit 1994 bestehende "Gemeinnützige Initiative zur Förderung der Menschlichkeit", die sich vorwiegend mit ethischen und gesellschaftlichen Fragestellungen auseinandersetzt. Die Petentin beanstandet die geltende Fassung der Art. 1, 4 und 7 Grundgesetz (GG) und unterbreitet die aus ihrem Schreiben vom 19.5.1999 ersichtlichen Verbesserungsvorschläge. Die von ihr vorgeschlagene Formulierung des Art. 1 GG werde dem Ziel der Verwirklichung der Menschenwürde im staatlichen wie auch im privaten Bereich eher gerecht als die jetzige Fassung, die noch Anlass zu zahlreichen Verletzungen biete. Die Ergänzungen der Art. 4 und 7 GG seien notwendig, um Menschen, insbesondere Kinder, vor einseitigen und abgrenzenden Beeinflussungen zu schützen, die ihrerseits einen Verstoß gegen die Menschenwürde (Art. 1 GG) und die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) darstellen würden. Das Ergebnis der parlamentarischen Überprüfung stellt sich unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern (BMI) wie folgt dar: Der Petitionsausschuss hält die von der Petentin vorgeschlagenen Änderungen bzw. Ergänzungen des Grundgesetzes nicht für erforderlich. Die Menschenwürde ist oberstes Schutzgut unserer verfassungsrechtlichen Ordnung und Grundlage des Wertsystems des Grundgesetzes. Diese Wertung kommt durch die Voranstellung der entsprechenden Vorschrift vor die übrigen Grundrechte sowie durch die vom Grundgesetzgeber gewählte Formulierung hinreichend zum Ausdruck. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG geht bewußt vom Vorhandensein der Menschenwürde als etwas "immer Seiendes, als etwas unverlierbar und unverzichtbar immer Vorhandenes aus, so dass von vornherein der Anspruch des Wertträgers nicht darauf gerichtet sein kann, ihm diesen Wert zu verschaffen" (vgl. Maunz/Dürig/Herzog, Art. 1 GG, Anm. 2). Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG verpflichtet vielmehr die staatliche Gewalt, die bereits vorhandene Menschenwürde zu achten und zu schützen. Diese Schutzverpflichtung des Staates, die dem Bürger insbesondere ein Abwehrrecht gegenüber staatlichen Angriffen auf seine Menschenwürde garantiert, ist schon so allumfassend, dass kein Bedarf besteht, noch zusätzlich eine Verpflichtung der Ermöglichung der Menschenwürde zu konstituieren. Eine zusätzliche Verpflichtung aller Bürger zum Schutz und zur Achtung der Menschenwürde muss ebenfalls nicht in Art. 1 GG ausdrücklich aufgenommen werden. Die Grundrechte stellen ihrer Funktion nach in erster Linie Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat dar, so dass folgerichtig lediglich von einer staatlichen Verpflichtung die Rede ist. Gleichwohl ist allgemein anerkannt und bereits angewandte Rechtspraxis., dass die Grundrechte, allen voran Art. 1 GG, darüber hinaus eine objektive Werteordnung aufstellen, die auch im privaten Bereich Geltung beansprucht. Einer ausdrücklichen Niederlegung im Grundgesetz bedarf dies jedoch nicht. Der Petitionsausschuss ist aus diesen Gründen der Ansicht, dass die geltende Fassung des Art. 1 GG dem Schutz der Menschenwürde als oberstem Wert des Grundgesetzes hinreichend gerecht wird. Die von der Petentin angestrebten Ergänzungen der Art. 4 GG und Art. 7 GG, die beide insbesondere die Förderung möglichst aller ethischen Orientierungen seitens des Staates zum Ziel haben, sind weder erforderlich noch realisierbar. Die ungehinderte freie Entfaltung eines individuellen Glaubens wird bereits durch Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG hinreichend geschützt. Art. 4. Abs. 1 GG schützt nämlich nicht nur die Freiheit des Denkens in der Form, einen bestimmten Glauben bzw. die Grundsätze einer Religion anzunehmen, sondern auch die Freiheit, diesen Glauben zu verkünden sowie den damit verbundenen Überzeugungen und Grundsätzen entsprechend zu handeln. Darüber hinaus fallen über Art. 4 Abs. 2 GG die sog. kultischen Handlungen in den Schutzbereich der Religionsfreiheit. Art. 4 GG gewährleistet damit die Freiheit des Glaubens bereits in einem solchen umfassenden und alle Bereiche des religiösen Lebens abdeckenden Maße, dass ein darüber hinausgehender staatlicher Schutz nicht als notwendig erachtet wird. Zudem wird dem Staat durch Art. 4 GG lediglich ein verfassungsrechtliches Toleranzgebot gegenüber allen religiösen Glaubensgemeinschaften und -richtungen auferlegt, ohne dass er hierdurch aber zur Förderung vieler, möglichst aller ethischer Orientierungen verpflichtet wäre. Dies wäre aufgrund von Definitions- und Abgrenzungsschwierigkeiten, das eine solche Verpflichtung annehmen könnte, praktisch auch undurchführbar, so dass sich der Staat auf seine religiös-weltanschaulich neutrale Haltung beschränken muss. Aus den gleichen Gründen scheidet auch die von der Petentin vorgeschlagene Ergänzung des Art. 7 GG aus. Eine unabhängige und gleichberechtigte Unterrichtung über alle Religionen, Weltanschauungen und ethischen Orientierungen ist angesichts der Vielzahl der letztlich auch nicht abgrenzbaren Glaubensrichtungen schlichtweg unmöglich. Im übrigen wird auf die der Petentin ebenfalls zugegangene Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern verwiesen, in der ausdrücklich auf Art. 7 Abs. 2 GG hingewiesen wird, der den Erziehungsberechtigten schließlich das Recht garantiert, über die Teilnahme ihrer Kinder am Religionsunterricht frei zu bestimmen. Etwaige Verstöße gegen die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) sowie gegen die freie Entfaltung der Persönlichkeit der Kinder (Art. 2 Abs. 1 GG) sind in der geltenden Fassung der Art. 4 GG und Art. 7 GG nicht erkennbar. Nach alledem kommt der Ausschuss zu der Auffassung, dass dem Anliegen der Petentin nicht entsprochen werden kann und empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen.
Gott im Grundgesetz - Brief an die Verfassungskommission
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Aktualisiert am 25.10.11