Hinter den Spiegel zu hängen -
Spielregeln für Drogenfamilien und
solche, dies es nicht werden wollen.
Zusammengestellt aus Büchern von Christoph Wagner
(a)
Wenn Sie Ihr Kind für die Drogenszene vorbereiten wollen, dann befolgen
Sie bitte möglichst viele der folgenden Verhaltensregeln in Ihrer
Familie:
-
Wir sprechen nicht über Probleme. Lieber verschweigen, verdrängen,
verschieben wir sie, bis sie unlösbar geworden sind. So erledigen sie
sich ganz von selbst.
-
Gefühle zeigen wir nicht, weder Liebe noch Haß. Wir warten ab,
bis sie sich verfestigen und versteinern.
-
Auseinandersetzungen finden bei uns nicht statt. Wenn sie unabweisbar werden,
dann bitte über Dritte, indirekt, hintenherum. Über Mutter an Vater
und umgekehrt. Wenn's rauskommt, war's ein Mißverständnis.
-
Thema eins ist bei uns kein Thema. Über Sexualität spricht man
nicht. Aufklärung überlassen wir der Schule, wozu ist die denn
sonst da? Außerdem haben die Kinder ja auch noch Freunde. Aber wehe,
wenn etwas passiert. Nicht in unserem Haus!
-
Wir sind eine intakte Familie Neue Moden wollen wir hier erst gar nicht
einführen. Es hat sich schließlich bewährt.
-
Was die Eltern sagen, ist immer richtig. Dafür braucht es keine
Begründungen - wo kämen wir denn da hin! Wenn die Eltern sich
widersprechen, dann hat unser Kind uns mißverstanden.
-
Wir wollen stolz sein auf unsere Kinder. Also müssen unsere Kinder Leistung
erbringen, Pluspunkte. Nur dann können sie auch Lob erwarten.
-
Wenn unsere Kinder nicht spuren, dann setzt es auch mal Prügel.
Schließlich hat uns das in unserer Jugend auch nicht geschadet.
-
Wenn sie es zu arg treiben, dann drohen wir sie rauszuschmeißen, die
Polizei zu holen oder sie in ein Heim zu geben. Das wirkt!
-
Wenn die Kinder allzuviel von unserer kostbaren Zeit fordern, dann geben
wir ihnen schon mal ein bißchen mehr Taschengeld oder
Süßigkeiten. Oder wir schalten die elektronische Großmutter
ein (TV).
-
Wenn wir mal Sorgen haben und unser Ehepartner uns nicht versteht, dann schnappen
wir uns eines der Kinder und laden unser Problem auf seinen Rücken.
-
Bei uns gibt es keinen Egoismus. Jeder hilft dem anderen bis zur
Erschöpfung. Wir haben keine Zeit, uns Psychoquatsch anzuhören.
Grübeln bringt nichts.
-
Wir vermitteln unseren Kindern die echten Werte. Wäre ja noch schöner,
wenn wir auch noch danach leben sollten. Unser Privatleben geht die Kinder
nichts an. Übertriebene Neugier schadet nur.
-
Wenn die Kinder Fehler machen, lügen oder klauen, müssen sie es
sofort zugeben. Geht bei uns selber etwas schief, dann müssen wir das
unbedingt abstreiten. Sonst geht nämlich unsere Autorität zum Teufel,
und die muß unter allen Umständen gewahrt bleiben.
-
Die Kinder schulden uns Liebe. Sie sollten das tagtäglich auch zeigen.
Sie sollten uns immer dankbar sein, denn ohne uns wären sie ein Nichts.
Wir aber wollen sie nicht verzärteln und verweichlichen, besonders nicht
die Söhne. Nur nicht diese ewige Schmuserei und Kuschelei.
-
Unsere Kinder sollen es einmal wesentlich besser haben. Wir wissen, wo es
langgeht. Wir wissen am besten, welche Schule sie besuchen und welchen Beruf
sie ergreifen sollen.
-
Dass die Kinder etwas produzieren, das ist schließlich
selbstverständlich. Loben ist nur Zeitverschwendung. Aber wenn sie versagen,
dann sollen sie bloß nicht heimkommen.
-
Unsere Kinder sind unser Besitz. Da soll sich kein Lehrer und kein Pfarrer
einmischen. Wir bestimmen allein über die Ferien und Ausflüge -
den Kindern macht's dann sicher ebensoviel Spaß wie uns.
-
Die Kinder bekommen noch früh genug Aufgaben und Verantwortung. Das
Risiko ist uns zu groß sie machen zu viele Fehler. Jetzt sollen sie
erst einmal richtig spielen.
(b)
Die Spielregeln für Familien, die ihren Kindern die Drogenkarriere
ersparen wollen, sind viel einfacher:
-
Wir hören unseren Kindern aktiv zu und zwar sofort - sobald irgend
möglich - , wenn sie uns sprechen wollen.
-
Wir nehmen alles, was sie sagen und tun, ernst und machen sie auf keinen
Fall lächerlich. Aber wir lachen gerne mit ihnen, wenn sie Späße
machen.
-
Wir geben Ihnen genau wie uns selber das Recht, neugierig zu sein, neues
auszuprobieren und Fehler zu machen, ja auch böse zu sein.
-
Wir nehmen die Entschuldigung immer an und geben ihnen immer wieder eine
neue Chance. Nie wärmen wir das auf, was bereits vergeben ist.
-
Wir zeigen ihnen, daß wir sie lieben ohne jede Berechnung. Und daß
wir immer ihre Eltern sind, ganz gleich, wie sie sich entwickeln.
-
Wir stellen ihnen Aufgaben und geben ihnen Verantwortung, so viel sie tragen
wollen und können.
-
Wir wissen, daß wir unsere Kinder nicht täuschen können und
daß wir Vorbilder nur dann sein können, wenn wir aufrichtig sind.
Dazu gehört, daß wir zu tun versuchen, was wir predigen, und unsere
Fehler offen zugeben.
-
Wir erkennen an, daß unsere Kinder eigene Interessen und Geschmäcker
haben und betrachten sie nicht als Verlängerung unserer eigenen
Wünsche.
-
Wir belasten sie nicht mit den Problemen der Beziehung zwischen den Eltern
und benutzen die Kinder niemals als Waffen im Ehestreit.
-
Wir zeigen Ihnen, daß Süchte und Drogen keine Probleme lösen,
und helfen ihnen, Maß zu halten bei allen Genüssen und besonders
bei Festen und Feiern.
-
Wir wissen nicht alles und vor allem nicht alles besser. Wir lernen von unseren
Kindern wie sie von uns. So werden sie erwachsen und wir bleiben jung.
-
Wir zeigen ihnen, wie man sich selbst behaupten kann und Nein sagen lernt.
-
Wir achten die Geheimnisse der Kinder und geben sie nie preis, auch nutzen
wir sie niemals aus.
-
Wir weisen ihnen keine Schuld zu und bewerten sie nicht immerzu. Leisten
sie etwas, so loben wir sie ausgiebig. Versagen sie, so beraten wir sie statt
zu tadeln.
-
Wünschen unsere Kinder sich etwas, so schenken wir ihnen vor allem Liebe
und Vertrauen - mit oder ohne materielle Zuwendungen.
-
Wir schließen kein Thema aus. Auch nicht die Sexualität. Aber
wir warten ab, bis die Kinder uns fragen.
aus: 'Das Gespräch aus der Ferne' 327- 3/4 1992
(Probeexemplar: dasgespraech (at) compuserve.com)
Autoritär oder
antiautoritär?
Erziehung sollte nicht autoritär sein, weil dadurch die geistige
Beweglichkeit eingeengt und schöpferisches Tun behindert wird. Konformes
Verhalten oder übermäßige Ablehnung und offener Widerstand
sind die Folge. Erziehung sollte aber auch nicht antiautoritär sein,
weil sich dann andere Automatismen entwickeln, die durch bestimmte rein
zufällige Umwelteinflüsse zustande kommen.
aus Herbert James Campbell: Der Irrtum mit der Seele
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6/1999
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