Film-Thema: Frau sein
Der Mond in Dir
Ein zu gut gehütetes Geheimnis
Die geistreiche junge Regisseurin Diana Fabiánová führt
eine witzige und humorvolle Investigation durch, um einem der großem
Mysterien und Tabus des Frauseins auf die Spur zu kommen: der Menstruation.
Wie viele Frauen hat die Slowakin schmerzhafte Monatsblutungen. Ist das
vielleicht ein Zeichen für Krankheit? Haben diese Krämpfe tiefere
Gründe, vielleicht familiärer, sozialer, kultureller oder gar
politischer Art? Mit diesen ganz persönlichen Fragen stürzt sich
die junge Frau in unorthodoxe, aber sehr ernstgemeinte Recherchen über
die Menstruation, die noch weitgehend hinter vorgehaltener Hand behandelt
wird. Das Einsetzen der Monatsblutung verspricht zwar Fruchtbarkeit, doch
seit Jahrhunderten sind "die Tage" in der ganzen Welt negativ besetzt:
Unreinheit, Launenhaftigkeit, ineffizientes Arbeiten, allerlei Aberglaube
und in vielen Fällen erhebliche körperliche und psychische
Beeinträchtigung werden mit ihnen in Verbindung gebracht. Handelt es
sich um einen Fluch? Eine Verschwörung der Männer? Feministische
Solidarität? Die Suche nach Vorurteilen und Möglichkeiten, dagegen
anzugehen, führt die Regisseurin von ihrer Heimatstadt Bratislava über
Spanien, London und Paris bis nach Brasilien. Bei dieser humorvollen
Investigation spricht sie mit Ärzten und Fachleuten (Anthropologen,
Soziologen, Psychoanalytikern u.a.). Einem 12-jährigen Mädchen
überlässt sie ihre Videokamera; es erzählt vor der Kamera
von ihrer Angst vor dem Tag, an dem sie das erste Mal ihre Regel bekommt.
Und Diana organisiert Begegnungen mit Frauen in der gleichen Situation. Eine
originelle Dokumentation, die mit Kinderzeichnungen, Animationen, historischen
Annoncen und Werbeparodien arbeitet.
Der Film gibt keine Antworten, sondern öffnet vielmehr den
Wahrnehmungshorizont. Allein schon durch die Tatsache, bestimmte Dinge
auszusprechen, zu erfahren und weiterzugeben kommt er seinem Ziel, der
Emanzipation, etwas näher.
'Der Mond in Dir - Ein zu gut gehütetes Geheimnis' (Frankreich, Spanien,
2008, 80min) ARTE / TVE Regie: Diana Fabianova, Produzent: Avenue B, UBAK
Mittwoch 18(/19). März 2009 um 03.00 Uhr bei ARTE Wiederholung Freitag
27(/28). März um 01.25 Uhr
http://www.arte.tv/de/woche/244,broadcastingNum=973334,day=5,week=12,year=2009.html
Mondkult
von Manu Pecoraro
Seit Urzeiten verband sich die geheimnisvolle Kraft des Mondes mit dem Leben
auf der Erde. Eine göttliche Botschaft vom menschlichen Schicksal schien
er an den Nachthimmel zu schreiben. Er wurde größer und kleiner
und verschwand für drei Tage völlig vom Firmament. Aber sein
scheinbarer Tod war nicht von Dauer - stets kehrte der Mond nach drei dunklen
Nächten zurück. Und wie der Mond stirbt und zu neuem Leben erwacht,
dachte man sich, würden auch die Sterblichen nach ihrem Tod neu leben.
Der Mond wurde so zum frühesten Sinnbild göttlicher Macht.
Eine Macht, die weiblich schien - denn nur im weiblichen Körper wiederholte
sich Monat für Monat der kosmische Zyklus des Mondes und nur durch ihren
Körper wurde neues Leben geboren. Das Urmysterium aller Religionen von
Leben, Tod und Wiedergeburt trug in der Frühzeit unserer Kultur die
Frau in sich.
Sie verkörperte die Herrin der Schöpfung, des Schicksals und der
Zeit. Sie war Mutter des Mondes und der Erde - des Wassers und der Luft.
Die frühgeschichtliche Welt kannte keine männlichen Götter.
Die Macht über Leben und Tod war weiblich.
Höhlen waren Orte ihrer kultischen Verehrung. Im 15.000 Jahre alten
Höhlenheiligtum von Lascaux sind Stiere zu sehen - heilige Tiere der
Mondmutter. Ihre Hörner gleichen der zu- und abnehmenden Mondsichel
und wurden zum frühesten Symbol göttlicher Unsterblichkeit.
Eine eiszeitliche Göttin hält das Stierhorn in die Höhe. Die
13 Einkerbungen darauf zeigen möglicherweise die 13 Monate eines Mondjahres
an. Noch zehntausend Jahre später tragen Göttinnen Mondhörner
zum Zeichen ihrer kosmischen Macht.
Wie zum Beispiel Isis, über 4500 Jahre lang wurde sie gleichermaßen
von Ägyptern, Griechen und Römern angebetet.
Auch Nut, die ägyptische Himmelskönigin trägt Zuge der alten
Mondmutter. Sie gebiert Sonne und Mond täglich neu und wacht über
das Leben auf der Erde.
Als in Mesopotamien die ersten kriegerischen Stadtstaaten entstehen,
bemächtigt sich allmählich das Patriarchat der
weiblich-göttlichen Sphären. Männliche Götter treten
in den Vordergrund. Zunächst als Söhne, dann als Brüder,
schließlich als alleinherrschende Vatergötter. Die Sonne steigt
zum höchsten Weltgott auf und vergöttlicht auch ihre irdischen
Vertreter. Monumentale Kultstätten festigen die neue Ordnung. Neben
der strahlenden Kraft der männlichen Sonne soll die Macht des weiblichen
Mondes verblassen.
Eine Tradition, die die griechisch-römische Antike fortführt.
Sonnenkulte konkurrieren mit den alten Mondkulten um Anhänger. Bei
Männern sind sie besonders erfolgreich.
Die Macht der Mondmutter ist gebrochen. Eine Aufteilung in mehrere
Göttinnen mit beschränkten Herrschaftsbereichen ist der Übergang
zur Entwertung der weiblichen Urkräfte.
Die drei hellen, sichtbaren Mondphasen verkörpern mehrere Göttinnen.
Ihre religiöse Verehrung die die Abhaltung kultischer Feiern wagt in
der Antike zunächst niemand zu unterbinden.
Die dunkle Phase des Mondes personifiziert Hekate. Sie war die Königin
der Nacht und Feindin der Sonne. Ihre Macht gilt als todbringend und
zerstörerisch.
In der himmlischen Sphäre des christlichen Herrschers hat diese Seite
der Mondmutter keinen Platz. Sie gehört von nun an ausschließlich
zum Reich des Bösen.
Die geheiligten Zeichen der Vergangenheit: zerschlagen. Die heiligen
Mondhörner - Symbole des Lasters. Wer sie weiterhin anbetet, ist dem
Tode geweiht. Die göttlich weibliche Urkraft - gezähmt oder tausendfach
auf den Scheiterhaufen Europas verbrannt - vollständig ausrotten ließ
sie sich dadurch nicht.
Maria, christliche Gottesmutter, thront in manchen Darstellungen auf einer
umgedrehten Mondsichel. So, als müßte durch sie demonstriert werden,
daß von der einstigen Mondgöttin keine Macht mehr ausgeht. Aber
auch so, als könnte man sich dessen nie wirklich sicher sein.
aus der ZDF-Sendung 'Mona Lisa' 04.02.1996
Es ist so angenehm, zugleich die Natur und sich
selbst zu erforschen,
weder ihr noch dem eigenen Geist Gewalt anzutun, sondern beide
in sanfter Wechselwirkung miteinander ins Gleichgewicht zu
bringen.
Johann Wolfgang von Goethe
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Flucht auf den Mond
von Friedrich Dürrenmatt
Am 20. Juli 1969 begann nicht ein neues Zeitalter, sondern der Versuch, sich
aus dem unbewältigten 20. Jahrhundert in den Himmel wegzustehlen. Nicht
die menschliche Vernunft wurde bestätigt, sondern deren Ohnmacht.
Es ist leichter, auf den Mond zu fliegen, als mit anderen Rassen friedlich
zusammenzuleben, leichter als eine wirkliche Demokratie und einen wirklichen
Sozialismus durchzuführen, leichter als den Hunger und die Unwissenheit
zu besiegen, leichter als den Vietnamkrieg zu vermeiden oder zu beenden,
leichter als den wirklichen Mörder eines Präsidenten zu finden,
leichter als zwischen den Arabern und den Juden und zwischen den Russen und
den Chinesen Frieden zu stiften, leichter als die Sahara zu bewässern,
leichter als den von einer kleinen weißen Volksgruppe besiedelten Kontinent
Australien auch für andere Rassen zu öffnen, ja, leichter als das
Zweistromland des Tigris und des Euphrat wieder zu jener fruchtbaren Ebene
zu machen, die es einst war.
Nicht der Mondflug ist das Schlimme, er ist nichts als eines jener technischen
Abenteuer, das durch die Anwendung von Wissenschaften immer wieder möglich
wird: Schlimm ist die Illusion, die er erweckt. Ein neuer Kolumbus ist
unmöglich, denn er entdeckte einen neuen Kontinent, der zu bevölkern
war, Apollo 11 jedoch erreichte nichts, was der Erde entsprach, er erreichte
bloß die Wüste der Wüsten, den Mond. Wie weit wir auch unser
Sonnensystem durchmessen, immer werden die Bedingungen auf den anderen Planeten
so schlecht, so jämmerlich, so unmenschlich sein, daß diese Welten
von der Erde aus nie besiedelt werden können.
Mag es auch auf dem Mond oder auf dem Mars ein astronomisches Institut geben,
mit einer künstlichen Atmosphäre (ich hoffe es), es zählt
nichts gegenüber dem, was sich auf der Erde ereignen wird. Daß
der Papst im gleichen Jahre, da er vor dem Bildschirm die Mondlandung segnete,
die Pille verbot, symbolisiert die Katastrophe, der wir, schneller als zu
den Sternen, entgegeneilen.
Abenteuer Menschsein
Mit freundlichen Epfehlungen
Humanistische AKTION
8/1999 - 9/2004
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