Denk-Werkstatt
Menschenbild
Umfrage unter Parteien, Kirchen und verschiedenen
gesellschaftsrelevanten
Verbänden nach dem dezidierten Menschenbild, das die jeweilige Institution
gegenüber der Gesellschaft vertritt.
Sinn dieser Umfrage ist es, eine Entwicklung der ethischen Orientierung in
unserer Gesellschaft zu erkunden und zu fördern, die vermehrt zu den
Ursachen der gesellschaftlichen Probleme und damit zu nachhaltigeren
Lösungen als bisher führen könnte. Nachdem bisher
überwiegend mythische und reale Weltbilder bzw. -anschauungen oder auch
daraus abgeleitete, konkrete Gesetze als Grundlage für eine ethische
Orientierung verwendet wurden, wird nun hin und wieder auch vom Menschenbild
gesprochen. Dies ist ein Zeichen für eine Hinwendung zu den im Menschen
liegenden Ursachen der Probleme und wirksameren Ansätzen zu deren
Lösung. Damit steht nun konkret die Qualität der Menschlichkeit
zur Debatte.
Die befragten Organisationen wurden nicht nach ihrem tatsächlichen
Einfluß auf die Gesellschaft ausgewählt, sondern nach ihren
möglichen inhaltlichen Zuständigkeiten.
Antworten
aufgeführt in alphabetischer Reihenfolge
Bündnis90/Grüne
Angefragt 03.10.00, Nachgefragt 15.10.00
Antwort steht noch aus
Bund für Geistesfreiheit
BFG
Angefragt 06.10.00, Nachgefragt 15.10.00
Antwort steht noch aus
Christlich Demokratische Union
CDU
Angefragt 03.10.00 Antwort 09.10.00
Es wurde ein Hinweis gegeben auf das Grundsatzprogramm der CDU, beschlossen
auf dem 5. Parteitag am 21.-23. Februar 1994 in Hamburg (Internet: www.cdu.de).
Hier ein Auszug daraus:
1. WER WIR SIND
(...)
Für uns ist der Mensch Geschöpf Gottes und nicht das letzte Maß
aller Dinge. Wir wissen um die Fehlbarkeit des Menschen und die Grenzen
politischen Handelns. Gleichwohl sind wir davon überzeugt, daß
der Mensch zur ethisch verantwortlichen Gestaltung der Welt berufen und
befähigt ist.
Unser Verständnis vom Menschen
Würde des Menschen
7. Wir bekennen uns zur Würde des Menschen. Würde und Leben des
Menschen - auch des ungeborenen - sind unantastbar. Wir achten jeden Menschen
als einmalige und unverfügbare Person in allen Lebensphasen. Die Würde
aller ist gleich - unabhängig von Geschlecht, Rasse, Nationalität,
Alter, Behinderung, von religiöser und politischer Überzeugung,
von Gesundheit und Leistungskraft, von Erfolg oder Mißerfolg und vom
Urteil anderer.
Verantwortung vor Gott
8. Aus der Würde des Menschen erwächst das Recht eines jeden auf
die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Die Freiheit gibt dem Menschen
die Möglichkeit zur sittlichen Entscheidung. Jeder Mensch trägt
dafür die Verantwortung vor seinem Gewissen und nach christlichem
Verständnis vor Gott.
Der einzelne und die Gemeinschaft
9. Jeder Mensch ist auf Gemeinschaft mit seinen Mitmenschen angelegt und
angewiesen. Die Freiheit des einzelnen verwirklicht und bewährt sich
in der Zuwendung zum Nächsten und in der Gestaltung des menschlichen
Zusammenlebens. Das bedeutet, daß der einzelne Verantwortung für
sich und seine Mitmenschen tragen muß.
Irrtum und Schuld
10. Jeder Mensch ist Irrtum und Schuld ausgesetzt. Die Unvollkommenheit und
Endlichkeit des Menschen, die Begrenztheit seiner Planungs- und
Gestaltungsfähigkeit, setzen auch der Politik Grenzen. Die Einsicht
in diese Begrenztheit bewahrt uns vor ideologischen Heilslehren und einem
totalitären Politikverständnis und schafft Bereitschaft zur
Versöhnung. Bei allem Engagement können wir die vollkommene Welt
nicht schaffen.
Bewahrung der Schöpfung
11. Wir Christliche Demokraten verstehen den Menschen als Teil der
Schöpfung. Die Natur ist nicht nur Voraussetzung und Instrument unseres
Lebens, sondern Schöpfung Gottes, der eine Eigenbedeutung zukommt. Es
steht uns nicht zu, nach Belieben über die Schöpfung zu verfügen.
Sie ist dem Menschen zur Gestaltung und Bewahrung anvertraut. ...
Christlich Soziale Union
CSU
Angefragt 03.10.00, Nachgefragt 16.10.00
Antwort steht noch aus
Dachverband Freier Weltanschauungsgemeinschaften
DFW
Angefragt 06.10.00 Antwort 09.10.00
Zugesandt wurde eine Broschüre 'Berichte und Standpunkte - Schriftenreihe
für freigeistige Kultur 5/95 des Dachverbandes freier
Weltanschauungsgemeinschaften e.V. zum Thema Menschenwürde und
Menschenbild'. Hier ein Auszug (S. 86):
'Gedanken zum Menschenbild' von Prof.Dr.Hans-Dietrich Kahl
Zusammenfassung
Mit alledem ist vieles gesagt worden und noch mehr ungesagt geblieben, doch
irgendwann muß ein Ende gemacht werden. Ich versuche, zusammenzufassen,
unter Beschränkung auf Wichtigstes, das hier vielleicht Konsens finden
kann:
1. Der Mensch bleibt eingeordnet in den Zusammenhang der natürlichen
Evolution und damit der natürlichen Mitwelt.
2. In diesem umfassenden Rahmen kommt ihm die Einmaligkeit einer sonst nicht
feststellbaren Seinsqualität zu, die auf anderer Ebene liegt als das,
was wir sonst in der Mitwelt wahrzunehmen vermögen. Sie verleiht ihm
jedoch keine Außenseiterposition gegenüber allen anderen Wesen
und auch kein "höheres" Lebensrecht.
3. Diese Sonderstellung äußert sich in neuartigen Möglichkeiten
geistig-seelischen Lebens bis hin zum Erlebnis unmittbarer Teilhaberschaft
an dem, was unsere Grundgedanken das "Innerste der Wirklichkeit" nennen,
und weiter in neuartiger Verantwortung für die dem Zugriff des Einzelnen
offenliegenden Ausschnitte der Wirklichkeit - nicht etwa nur im mitmenschlichen
Bereich. Diese Wesenszüge verbieten, den Menschen gedanklich gar zu
nivellierend in das Seinsganze einzubinden, als sei er einfach nur ein
Säugetier unter zahllosen anderen.
4. Leibliches, Seelisches und Geistiges machen gemeinsam die menschliche
Ganzheit aus. Sie stehen in schöpferischem Spannungsverhältnis,
sind aber nicht isolierbar.
5. Der Mensch ist kein abgeschlossenes Wesen. Er hat, jeder für sich,
die Aufgabe, in persönlicher Entwicklung die Evolution, die ihn
hervorgebracht hat, weiterzuführen, indem er die ihm eröffneten
Möglichkeiten zu weitestgehender Geltung bringt. Hier liegt eine wesentliche
Chance der Sinnfindung für seine Lebensführung.
6. Niemand vermag die Entwicklungsmöglichkeiten eines Mitmenschen voll
zu überblicken. Deshalb ist Zurückhaltung geboten, wo es um etwaige
Verfestigung einmal gewonnener Vorstellungen seiner Wesensart geht: Sie
können sich unter Umständen hemmend auf seine weitere Entfaltung
auswirken. Abverlangt ist uns statt dessen im immer neuen Begegnen immer
neue Offenheit füreinander im jeweiligen Jetztsein.
7. Menschliches Leben entfaltet sich immer in männlicher oder weiblicher
Ausformung - "den" Menschen gibt es nicht. Beide Erscheinungsformen haben
gleichen Anspruch auf Selbstverwirklichung wie auf verantwortliche Teilnahme
an der Gestaltung menschlichen Gemeinschaftslebens auf sämtlichen denkbaren
Ebenen. Ihr Zusammenwirken ist um so weniger zu entbehren, als jeder der
beiden Erscheinungsformen jeweils bestimmte Erfahrungshorizonte bevorzugt
oder ausschließlich offenstehen; Erfahrungshorizonte, von denen keiner
aus dem Aufbau menschlicher Kultur fortgedacht werden kann.
8. Alles Leben vollzieht sich in wechselseitigen Abhängigkeiten. Das
bedingt Mitverantwortung jedes einzelnen in vielen Zusammenhängen,
schließt aber Alleinschuld mehr oder weniger weitgehend aus.
9. Aus diesen Verflechtungen ergeben sich Leid, Schuld und Tragik als
unaufhebbare Bestandteile menschlichen Lebens, die nicht wegzuharmonisieren
sind. Auch "Unmenschliches" ist menschlich, wenngleich Zeichen eines menschlichen
Defekts. Es unterstreicht die Notwendigkeit, an der "Menschwerdung des Menschen"
ständig weiterzuarbeiten.
10. Nachdenken über das Menschsein schafft wichtige Orientierungshilfen.
Wie weit es ausreicht, wird verschieden beurteilt.
Deutscher Freidenker-Verband e.V.
DFV
Angefragt 06.10.00, Nachgefragt 15.10.00
Antwort steht noch aus
Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft
e.V.
Angefragt 06.10.00 Antwort 09.10.00
Zugesandt wurde eine Broschüre 'Mit uns - Wer wir sind', Deutsche Unitarier
Religionsgemeinschaft e.V. 7/95. Hier ein Auszug daraus:
Über den Menschen
Der Mensch ist eine unter zahllosen Erscheinungsformen der Natur eingebunden
in die Evolution des Lebens. Er ist ein unteilbares Ganzes. Körperlich,
seelisch und geistig entwickelt er sich im Wechselspiel mit seiner Umgebung.
Alle Menschen mit ihren individuellen Unterschieden sind gleichberechtigt.
Aufgrund seiner Fähigkeit, vielfältige Zusammenhänge zu erkennen
und zu bewerten, trägt jeder Mensch für sein Tun und Lassen
Verantwortung gegenüber der Mitwelt und sich selbst. In allem, was er
entscheidet und was ihm geschieht, liegen Chancen zur Entfaltung, aber auch
Möglichkeiten der Gefährdung. Stärken und Schwächen,
Schicksalsschläge und schuldhafte Verstrickungen erfordern
Auseinandersetzung und Bewältigung.
Der Tod beendet das Leben Menschen. Darüber hinaus gibt es keine
Gewißheit. Dieses Wissen verstärkt unser Bestreben, bewußt
und sinnerfüllt zu leben. Jeder Mensch hinterläßt Spuren,
die seinen Tod überdauern.
Über Zusammenleben
Persönliche Entfaltung vollzieht sich im Spannungsfeld zwischen dem
Streben nach Eigenständigkeit und dem Bedürfnis nach Liebe und
Geborgenheit. Deshalb braucht der Mensch Gemeinschaften, die ihn tragen und
die er mitgestalten kann.
Unser Leben entfaltet sich am besten im friedlichen Zusammenleben
selbstverantwortlicher Menschen. Mit diesem Ziel wollen wir aktiv in
Gesellschaft, Staat und Menschheit mitwirken. Konflikte wollen wir gewaltlos
austragen, indem wir uns um Verständigung bemühen. Wir erkennen
an, daß es Konflikte gibt, die wir nicht lösen können und
deshalb aushalten müssen.
Wir leben in der Natur und sind Teil von ihr. Darum fühlen wir uns auch
unter persönlichem Verzicht zu rücksichtsvollem Umgang mit ihr
verpflichtet.
...
Unitarier haben eine Religion ohne persönlichen Gott und ohne Dogmen.
...
Der Sinn des Lebens liegt im Leben selbst.
...
Eigeninitiative ist gefragt. Die Gemeinschaft regt den einzelnen an, aktiv
zu werden, Stellung zu beziehen, gemeinsame Probleme zu lösen - und
damit sich selbst weiterzuentwickeln.
...
Wir können alle voneinander lernen und damit Generationskonflikte
vermeiden.
...
Die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichsten Menschen bringt Anregungen
- wenn sie getragen ist von Verständigungsbereitschaft und
gegenseitiger Achtung.
Evangelische Kirche Deutschlands
EKD
Angefragt 05.10.00, Nachgefragt 15.10.00, Antwort 17.10.00
Es wurde ein Hinweis gegeben auf die Publikation im Internet (www.ekd.de)
"Gott ist ein Freund des Lebens"; Kapitel 4, das sich dem Menschenbild widmet.
Hier ein Auszug daraus:
1. Der Mensch - das "Bild Gottes"
... Für die inhaltliche Fassung der Gottebenbildlichkeit waren vor allem
zwei Interpretationen einflußreich: Im Anschluß an griechisches
Denken wurde der Akzent auf die Geistigkeit, die Rationalität und Freiheit
des Menschen gelegt und vor allem die Individualität jedes Menschen,
der mit einer vernünftigen Seele begabt ist, betont. Für Kant besteht
die Würde des Menschen in seiner Fähigkeit zu seiner sittlichen
Selbstbestimmung, woraus zugleich folgt, daß der Mensch von keinem,
auch nicht von sich selbst, bloß als Mittel gebraucht werden darf und
immer auch Zweck an sich bleiben muß. ...
(www.ekd.de/EKD-Texte/gottist/freund4.htm)
3. Der Auftrag des Menschen: Bebauen und Bewahren
... Der christliche Glaube sieht in Schöpfungswelt und Leben keine in
ihrer Vorgegebenheit unantastbaren Größen. Vielmehr versteht er
die Erde als einen Lebensraum, der dem Menschen anvertraut ist, um ihn zu
"bebauen" und zu "hüten/bewahren" (Gen/1 Mose 2,15), also ihn in pfleglicher
Behandlung zu nutzen, zu kultivieren und zu gestalten. Eingriffe in fremdes
Leben sind so zugleich legitimiert und begrenzt.
Damit ist dem Menschen eine Sonderstellung gegenüber der Natur und den
anderen Lebewesen eingeräumt und zugemutet. Das entspricht bereits dem
phänomenologischen Befund: Der Mensch ist im Vergleich mit höheren
Tieren durch seine biologische Antriebsstruktur weniger auf bestimmte Lebensziele
festgelegt. Er geht darum nicht in seiner Umwelt auf, sondern schafft sich
seine Welt. Die Fähigkeit zu rationaler, vorausschauender Planung und
zur sprachlichen Kommunikation spielt dabei eine wichtige Rolle. Im Unterschied
zu den anderen Lebewesen kann sich der Mensch zu den ihm schicksalhaft
vorgegebenen Bedingungen verhalten, sich ihnen anpassen, aber auch sie umbilden
und sich anverwandeln. Im Menschen kommt das ihn umgreifende und
übergreifende Leben zu sich selbst; in ihm wird es sich seiner bewußt
und erfährt sich als sich selbst überantwortet. Der Vorrang des
Menschen, sich zu seinem eigenen und zu allem anderen Leben verhalten zu
können, ist der Kern seiner Autonomie, seiner Selbstbestimmung; sie
ist nicht absolut, sondern verantwortlich vor Gott auf die Umwelt und Mitwelt
bezogen. ...
Freie Demokratische Partei
FDP
Angefragt 03.10.00 Antwort 05.10.00
Zugesandt wurden Auszüge aus "Wiesbadener Grundsätze - für
die liberale Bürgergesellschaft", in denen Antworten auf die gestellten
Fragen nach dem Menschenbild zu finden sind (ausgedruckt etwa 17 Seiten DIN
A4). Die Wiesbadener Grundsätze wurden auf dem 48. Ord. Bundesparteitag
der F.D.P. am 24. Mai 1997 in Wiesbaden beschlossen
(www.liberale.de/portal/azphtml).
Hier ein Auszug daraus:
1. Wertefindung in der Bürgergesellschaft
Jeder Mensch hat das Recht, seine Lebensziele zu bestimmen, nach seinem
Glück zu streben, seine Chancen zu suchen, um seine Neigungen und Begabungen
zu entwickeln - alleine oder in frei gewählten Gemeinschaften. Jeder
hat ebenso das Recht, auf die Frage nach dem Sinn und den Werten des Lebens
seine eigenen Antworten zu suchen. Er kann sie in den Kirchen, anderen
Religionsgemeinschaften oder Weltanschauungsgemeinschaften finden. Grundlage
der offenen Bürgergesellschaft ist darum die Freiheit des Gewissens,
des Bekenntnisses und der Religion.
Die Liberalen wollen die Freiheit des Entscheidens wieder erlebbar machen.
Es geht darum, die wirkliche, die erlebbare Freiheit der Einzelnen als
Verantwortliche für ihr persönliches Glück zum Maß aller
Politik zu machen. Je größer die Freiheit des Einzelnen wird,
desto mehr wächst seine Verantwortung für die Gesellschaft. Bei
der Findung der Werte und den verantwortungsbewußten Verhaltensweisen
des Einzelnen setzen wir auf den mündigen Bürger.
Eine durchgängige Befreiung der Gesellschaft aus der Zwangsjacke der
Vernormung und Verregelung ist die einzige Chance, den Menschen die Freiheit
wieder zu übereignen. Die Vielfalt persönlicher Entscheidungen,
ihre tiefgreifende Unterschiedlichkeit sind nicht nur geduldet, sie sind
gewollt. Nur durch verschiedene Lösungsversuche entsteht der Wettbewerb
von Phantasie und Kreativität, den wir angesichts unserer komplexen
Wirklichkeit überlebensnotwendig brauchen.
Die bisherigen Benachteiligungen von Frauen müssen beseitigt werden.
Die Bürgergesellschaft hat für Frauen und Männer gleichberechtigte
Chancen zu gewährleisten. Hierzu muß die Bürgergesellschaft
bessere Entfaltungsmöglichkeiten für Familien schaffen. Familienarbeit
und Erwerbsarbeit verdienen die gleiche gesellschaftliche Anerkennung. Die
F.D.P. unterstützt alle Maßnahmen, die es Frauen und Männern
erleichtern, Familie und Beruf selbstbestimmt und sinnvoll zu verbinden.
Die gleichgewichtige Repräsentanz von Frauen und Männern in allen
Gremien der Gesellschaft ist anzustreben.
Die Liberalen setzen zuerst auf freiwilliges Engagement aus Verantwortung
für den anderen, auf freiwilligen Verzicht, auf Teilen statt Zuteilen.
Nur wer über sein Leben selbst bestimmt, kann sich bewußt und
frei für andere einsetzen. Der notwendige Abbau des staatlichen Engagements
und staatlicher Regulierung muß verbunden sein mit der Solidarität
für diejenigen, die des Schutzes und der Hilfe besonders bedürfen.
Die Solidarität mit Schwächeren in der Gesellschaft ist eine Forderung
des Liberalismus. Denn Freiheit bedeutet auch die Chance zur Wahrnehmung
von Freiheit. Solche Chancen zu eröffnen, ist nicht nur Aufgabe des
Staates - jeder Einzelne kann dazu beitragen. Diese Solidarität kann
jeder im täglichen Leben zeigen. Wir müssen den Menschen die
Möglichkeit zurückgeben, in diesem Sinne sozial zu handeln und
in diesem Handeln auch einen Sinn ihres Lebens zu erfahren.
Freimaurer
Angefragt 03.10.00, Nachgefragt 15.10.00 Antwort 28.11.00
zugesandt wurde eine Erklärung, die bei der letzten Jahrestagung
(Konvent) der Vereinigten Großlogen von Deutschland - Bruderschaft
der Freimaurer am 28.10.2000 einstimmig verabschiedet wurde.
Erklärung des Konvents der in Deutschland arbeitenden Freimaurer,
der Vertretung der 470 deutschen Freimaurerlogen
Wir in Deutschland arbeitenden Freimaurer sind erschüttert und empört
über die gegenwärtige Serie von gewaltsamen Ausschreitungen gegen
Ausländer und Deutsche ausländischer Herkunft oder anderen Glaubens
und von Gewalttaten, denen Menschen zum Opfer gefallen sind und die den
freiheitlichen Rechtsstaat bedrohen.
Wir Freimaurer bekennen uns zur brüderlichen Verbundenheit aller Menschen,
zur Unantastbarkeit der Menschenwürde und zum Recht auf ein unversehrtes
Leben.
Die freimaurerische Idee schließt jeden Rassismus aus und verpflichtet
dazu, kriminellen Ausschreitungen ebenso entschieden entgegenzutreten, wie
allen Versuchen, Gewalt zu verharmlosen.
Ihrer geschichtlichen Erfahrung und gegenwärtigen Verantwortung eingedenk
reihen sich heute die in Deutschland arbeitenden Freimaurer in die Kette
derer ein, die rassistischer Gewalt entschlossen entgegenwirken.
Berlin, 28. Oktober 2000
- Amt für Öffentlichkeitsarbeit der Vereinigten Großlogen
von Deutschland (VGLvD) -
gerd (at) scherm.de http://scherm.de
Humanistische
Bewegung
Angefragt 06.10.00, Nachgefragt 15.10.00
Antwort steht noch aus
Humanistischer Verband Deutschlands
HVD
Angefragt 06.10.00, Nachgefragt 15.10.00
Antwort steht noch aus
Internationaler Bund Konfessionsloser
und Atheisten e.V. IBKA
Angefragt 06.10.00, Nachgefragt 15.10.00, Antwort 24.10.00
Es wurde folgende Mitteilung zugesandt:
Im IBKA gibt es kein umfassendes gemeinsames Menschenbild. Denn der IBKA
versteht sich nicht als Weltanschauungsgemeinschaft, sondern als eine politische
Interessenvertretung, in der Menschen mit unterschiedlichen Weltanschauungen,
z. B. AtheistInnen und AgnostikerInnen, gemeinsame Ziele verfolgen.
Unseren gemeinsamen Zielen entsprechen gewisse Gemeinsamkeiten im Menschenbild.
Dazu gehört, dass dem Menschen bestimmte Rechte zukommen. Jeder Mensch
hat einen unveräußerlichen Anspruch auf Achtung seiner Menschenrechte.
Ebenso hat jeder Mensch ein Recht auf individuelle Selbstbestimmung, das
seine Grenzen findet in den Rechten Anderer sowie in unserer Verantwortung
vor künftigen Generationen. Menschenrechte und Selbstbestimmung des
einzelnen Menschen haben Vorrang vor kulturellen Traditionen und vor
religiösen und weltanschaulichen Normen.
Grundsätzlich trauen wir dem Menschen zu, dass er die Fähigkeit
und die Bereitschaft entwickeln kann zu Fairness und Toleranz, zu
vernunftgeleitetem Denken, zu verantwortungsbewusstem Handeln und zur Achtung
der Menschenrechte.
Katholische Kirche Deutsche
Bischofskonferenz
Angefragt 09.10.00, Nachgefragt 15.10.00
Antwort steht noch aus
Partei des Demokratischen Sozialismus
PDS
Angefragt 03.10.00, Nachgefragt 15.10.00, Antwort 16.10.00
Zugesandt wurde das Parteiprogramm vom Januar1993 (Internet:
www.pds-online.de).
Hier einige Auszüge daraus:
4.6 Ziele und Inhalte der Sozialpolitik erneuern
Wir setzen uns für eine gesellschaftsgestaltende Sozialpolitik ein,
die zur Emanzipation der Menschen beiträgt und ihren Sinn nicht aus
wirtschaftspolitischen Erwägungen ableitet. Sie muß die Entwicklung
sozialer Beziehungen fördern, die Gesellschaft demokratisieren und die
soziale Integration ihrer Mitglieder bewirken. Um die Entmündigung
Betroffener und die Bürokratisierung sozialer Einrichtungen zu
überwinden, sind Formen der Selbstorganisation von Betroffenen zu
fördern sowie staatliche Einrichtungen dezentralisiert und demokratisch
zu verwalten und zu finanzieren.
4.8 Individualität entfalten und Solidarität stärken
Freie Entfaltung von Individualität, Selbstbestimmung jedes Menschen
und solidarische Lebensverhältnisse sind notwendig für ein
menschenwürdiges Dasein. Von den Modernisierungsprozessen in der
kapitalistischen Gesellschaft profitieren aber nur wenige, während sie
für viele mit sozialer Entwurzelung, Ausgrenzung und Vereinsamung
einhergehen.
Patriarchale Strukturen überwinden
Ohne die Überwindung der patriarchalen Strukturen ist letztlich eine
humane, soziale und ökologische Entwicklung ausgeschlossen. Frauen zu
benachteiligen und zu unterdrücken, ist Merkmal aller auf Ausbeutung
und Unterwerfung beruhenden gesellschaftlichen Verhältnisse. Frauen
dürfen nicht länger zur Anpassung an männlich geprägte
Wert- und Lebensvorstellungen gezwungen sein. Deshalb müssen alle dem
entgegenstehenden ökonomischen und kulturellen Beschränkungen
überwunden werden. Frauendiskriminierung, die Diskriminierung kultureller
und anderer Minderheiten, von Lesben und Schwulen zu beseitigen, setzt nicht
nur rechtliche Gleichstellung voraus, sondern verlangt ein alle Lebensbereiche
erfassendes Umdenken.
Für Selbstbestimmung der Kinder und Jugendlichen
Kinder und Jugendliche sind am stärksten von den Krisen unserer Welt
betroffen. Ihre Bevormundung, Manipulation und Ausgrenzung sind Ausdruck
einer kinder- und jugendfeindlichen Gesellschaft. Obwohl die Heranwachsenden
ein Viertel der Bevölkerung bilden, ist die Gesellschaft für die
Erwachsenen eingerichtet.
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
SPD
Angefragt 03.10.00, Nachgefragt 15.10.00, Eingangsbestätigung 15.10.00,
Antwort 01.11.00
Zugesandt wurden die geltenden Ausführungen im Grundsatzprogramm der
SPD vom 20. Dezember 1989:
"Unser Bild vom Menschen
Wie auch immer wir die Würde des Menschen begründen, sie ist Ausgangs-
und Zielpunkt unseres Handelns. Für uns alle gilt der Satz mit dem die
Vereinten Nationen ihre Erklärung der Menschenrechte einleiten: "Menschen
sind frei und gleich an Würde und Rechten geboten. Sie sind mit Vernunft
und Gewisssen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit
begegnen."
Gemeinsam verstehen wir den Menschen als Vernunft- und Naturwesen, als
Individual- und Gesellschaftswesen. Als Teil der Natur kann er nur in und
mit der Natur leben. Seine Individualität entfaltet er nur in Gemeinschaft
mit seinen Mitmenschen. Der Mensch, weder zum Guten noch zum Bösen
festgelegt, ist lernfähig und vernunftsfähig. Daher ist Demokratie
möglich. Er ist fehlbar, kann irren und in Unmenschlichkeit
zurückfallen. Darum ist Demokratie nötig. Weil der Mensch offen
ist und verschiedene Möglichkeiten in sich trägt, kommt es darauf
an, in welchen Verhältnissen er lebt. Eine neue und bessere Ordnung,
der Würde des Menschen verpflichtet, ist daher möglich und nötig
zugleich.
Die Würde des Menschen verlangt, daß er sein Leben in Gemeinschaft
mit anderen selbst bestimmen kann. Frauen und Männer sollen gleichberechtigt
und solidarisch zusammenwirken. Alle sind für menschenwürdige
Lebensbedingungen verantwortlich. Die Würde des Menschen ist
unabhängig von seiner Leistung und Nützlichkeit.
Menschenrechte
Wir sind den Menschenrechten verpflichtet. Staat und Wirtschaft sind für
die Menschen und ihre Rechte da, nicht umgekehrt.
Volle Geltung der Menschenrechte verlangt gleichrangige Sicherung der
Freiheitsrechte, der politischen Teilhaberechte und der sozialen Grundrechte.
Sie können einander nicht ersetzen und dürfen nicht gegeneinander
ausgespielt werden. Auch kollektive Rechte dienen der Entfaltung des Individuums.
Nur wo Freiheitsrechte garantiert sind und genutzt werden, können Menschen
als Freie und Gleiche leben und Demokratie praktizieren. Nur wo soziale
Grundrechte verwirklicht sind, können Freiheitsrechte und politische
Teilhaberechte von allen wahrgenommen werden. Nur wo die Repsektierung von
Freiheitsrechten und politischen Teilhaberechten freien Meinungsstreit und
politisches Engagement erlaubt, können Menschen ihr Recht auf ausreichende
Ernähung, Wohnung, Arbeit und Bildung geltend machen. Nur zusammen
ermöglichen diese Menschenrechte menschenwürdiges Leben. Alle Menschen
haben ein Recht auf ihre Heimat, ihr Volkstum, ihre Sprache und Kultur. Ein
Volksgruppenrecht, das im Einklang mit den Menschenrechten der Vereinten
Nationen steht, ist unentbehrlich."
Folgerungen
So weit das Ergebnis der Umfrage. Die erfolgten und auch nicht erfolgten
Antworten spiegeln den derzeitigen Stand der Entwicklung auf dem Gebiet der
ethischen Orientierung. Erfreulich ist der öfter erscheinende Hinweis
auf die Tatsache, daß der Mensch ein Teil der Natur ist. Vom Menschenbild
selbst ist noch sehr wenig zu lesen, und es müßten noch
ganzheitlichere, konkretere Betrachtungen erfolgen, wenn die wesentlichen
Probleme der Gesellschaft und der Menschheit insgesamt nachhaltig gelöst
werden sollen. Noch ist für viele Menschen der nachfolgende Text
höchst aktuell:
Gebrauchsanweisung
Als mir auffiel
daß meine Eltern
mir zwar das Leben geschenkt hatten
dabei aber die Gebrauchsanweisungen
vergessen hatten
war ich sauer
ich geriet aber in Panik
als ich etwas später merkte
daß das Leben
das einzige Produkt ohne
Gebrauchsanweisungen ist!
Und seitdem drücke ich Knöpfe
und versuche
Leben zu spielen
soizic p. - 9.4.1981 (taz 26.6.1981)
|
Dieser scheinbar simple Text weist auf einen wesentlichen Mangel der bisherigen
Versuche zu einer Sinnfindung hin. Die von der Natur her gegebenen und
abzuleitenden Bedingungen und Vorgaben menschlichen Lebens scheinen den
Wunschvorstellungen der meisten Menschen nicht zu entsprechen. Zu schön
ist der Traum von unbegrenzten Möglichkeiten, und zu schwer ist das
Anerkennen der Realität. Eine weitere Realitätsflucht ist jedoch
mit einem Anspruch auf Menschenwürde nicht mehr zu vereinbaren.
Die zunehmenden globalen Probleme in sozialen und ökologischen Bereichen
erfordern ein realistisches, ganzheitliches Menschenbild. Dieses
müßte beispielsweise die biologischen Gegebenheiten des Menschen
mit einbeziehen, die sein Fühlen, Denken und Handeln beeinflussen.
Gemäß der Erkenntnis "Gefahr erkannt - Gefahr gebannt" wäre
hier das biologisch bedingte männliche Streben nach Macht und Anerkennung
zu berücksichtigen, das überwiegend Ursache von Gewalt gegenüber
Mensch und Natur ist.
Die uralte Forderung "Erkenne dich selbst!" sowie das instinktive Streben
nach Selbstbestimmung könnten bei vernunftgemäßer, ganzheitlicher
Vorgehensweise zur Aufklärung über die ständige Präsenz
des natürlichen Fortpflanzungstriebes beim Mann und zu einem
menschenwürdigen Umgang damit führen. Ein Politiker, Unternehmer
oder Wissenschaftler könnte so leichter unterscheiden, ob er einem Sachzwang
oder seiner Eitelkeit folgt, bevor er einen Fehler begeht.
Frauen könnten leichter unterscheiden zwischen Liebe und Abhängigkeit,
wenn ihnen die biologischen Mechanismen des naturgegeben Weiblichen mehr
bewußt wären. Wie schwer dies ohne ein allgemein anerkanntes
realistisches Menschenbild ist, das zeigen nicht nur die ständigen
Mißverständnisse zwischen Frau und Mann, sondern z.B. auch die
Tatsache, daß selbst weibliche Wissenschaftler, die sich mit den Problemen
zwischen den Geschlechtern befassen, die Ursachen lediglich bis zu den
gesellschaftlichen Verhältnissen verfolgen, ohne jedoch die biologischen
Gegebenheiten, die zu diesen gesellschaftlichen Umständen führten,
zu berücksichtigen.
Das Tier im Menschen kann nicht ausgerottet
werden.
Daher muß diesem Tier ins Auge gesehen
und mit ihm gelebt werden.
(Sigmund Freud, Psychoanalytiker 1856-1939)
Um von dem verhängnisvollen extremistischen Außengerichtetsein
wegzukommen, wäre es wichtig, ein realistisches, ganzheitliches Menschenbild
zu erstellen, welches die naturgegeben defizitären Anteile des Menschen
mit einbezieht und den idealistisch visionären Vorstellungen zum Ausgleich
gegenüberstellt. An einem solchen realistischen Menschenbild zu arbeiten
sei hiermit eingeladen. Anregungen und Vorschläge werden hier fortlaufend
veröffentlicht.
Rudolf Kuhr
Menschenkennern ist wohlbekannt, daß nur d
e r ein durchgebildeter Mensch zu heißen verdient, welcher von dem
geschichtlichen Lebensgang seines Volkes und der Menschheit eine klare
Vorstellung besitzt. Wem dieselbe fehlt, der mag ja in seinem Specialfach
ein recht tüchtiger, brauchbarer und nützlicher Mensch sein; aber
über die höchsten Probleme, über politische und sociale Fragen,
sollte er keine Reden halten, sondern nur den Mund.
Johannes Scherr, Die Nihilisten, Otto Wigand-Verlag, Leipzig
2.Aufl.1885
|
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