Altersversorgung bei NonnenNach dem Austritt droht die Sozialhilfe
Ein Bericht aus der TV-Sendung
KONTRASTE des SFB vom 25.02.99
Anmoderation: Unser nächstes
Thema: Wer in ein christliches Kloster eintritt, schließt einen
lebenslangen Bund mit seinem oder ihrem Gott. Wer ihn aufkündigt, macht
das mit Gott und dem eigenen Gewissen aus. Sollte man meinen.
Daß sie demnächst auf Sozialhilfe angewiesen sein wird, hat sich
Rita Troll nie träumen lassen. Die 60jährige
Schon als junges Mädchen wollte Rita Troll unbedingt Nonne werden.
Über 43 Jahre arbeitete sie im Dienste
Rita Troll:
Dabei hatte alles so harmonisch angefangen. In Birkenfeld, einem kleinen
bayerischen Dorf, in dem Rita Troll aufwuchs, hatte die Kongregation ein
eigenes Schwesternhaus. Schon mit 12 stellte sich die kleine Rita der
Hermine Zink, Schwester von Rita Troll:
Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam gelobte sie bei der Ablegung ihres
Gelübdes. Ihre Hingabe zu Gott
Rita Troll: Rita Troll findet ihre Berufung als Lehrerin: Zunächst als Handarbeitslehrerin, später über 18 Jahre als Religionslehrerin an dieser staatlichen Schule in Bad Neustadt. Die engagierte Schwester ist bei Kollegen und Schülern beliebt. Neben ihrer regulären Arbeit hält sie Schülergottesdienste ab. Für Rita Troll wird die Schule ein Fenster zur Welt.
Eckard Knäble, ehem. Kollege: Mit zunehmenden Alter fällt es Rita Troll immer schwerer, das Leben in der Schule mit dem Leben im Kloster zusammenzubringen. Der Austausch von Erfahrungen zwischen diesen Welten ist vom Kloster nicht gewollt, persönliche Freundschaften, selbst zu Mitschwestern, sind nicht erwünscht. Das religiöse Leben im Kloster empfindet sie als erstarrtes Ritual. Rita Troll fühlt sich unter Druck.
Rita Troll: Im Alter von 57 Jahren tritt sie aus der Kongregation der Schwestern des Erlösers aus. Jahrzehntelang hatte Rita Troll im Dienste der Gemeinschaft als Lehrerin gearbeitet. Dafür erhielt das Kloster bis zu 6000 DM monatlich vom Staat. Doch bei ihrer Rente spielt dieser Betrag keine Rolle: nur 900 DM im Monat wird sie demnächst bekommen. Das bedeutet Leben auf Sozialhilfeniveau. Die Kongregation beruft sich auf die gesetzlichen Regelungen für Ordensgemeinschaften. Die sehen bei der Rentenhöhe nur eine Mindestbeitrags-bemessungsgrenze vor. Darüber hinaus gibt es kein freiwilliges Entgegenkommen, die Generalvikarin sieht keinerlei Handlungsbedarf. Uns gegenüber wollen sich die "Barmherzigen Schwestern" nicht äußern. Über 600 Mitglieder hat diese karitative Kongregation. Ihr Umgang mit ihren ehemaligen Schwestern stößt außerhalb der Klostermauern auf wenig Verständnis.
Johannes Kohnen, Vereinigung kath. Priester und ihrer Frauen: Über 35 000 Frauen in Deutschland leben im Kloster, knapp hundert von ihnen treten jedes Jahr aus. Rita Troll bewies mit ihrer Entscheidung besonderen Lebensmut, meint eine ehemalige Nonne.
Carola Wilken, Selbsthilfegruppe ehem. Ordensfrauen: So wird das Kloster auf Dauer zur Zwangsgemeinschaft. Das weiß auch der Verband der Ordensoberinnen. Hier ist man zwar zu einem Interview bereit, doch der Verband verteidigt den Umgang der Orden mit ihren ehemaligen Schwestern.
Cäcilia Hoffmann, Vereinigung der Ordensoberinnen
Deutschlands: 22 Jahre alt war Rita Troll, als sie Nonne wurde. Austritt konnte sie sich damals gar nicht vorstellen. Welche sozialen Folgen eine solche Entscheidung haben würde, war ihr nicht klar.
Johannes Kohnen, Vereinigung kath. Priester und ihrer Frauen:
Cäcilia Hoffmann, Vereinigung der Ordensoberinnen
Deutschlands: Frage: "Wie können sie das verantworten?"
Johannes Kohnen, Vereinigung kath. Priester und ihrer Frauen: Doch einen solchen freiwilligen Versicherungsschutz für Ordensmitglieder gibt es bislang nicht. Rita Troll ist inzwischen nach Berlin gezogen. Hier hat sie eine Stelle als Religionslehrerin gefunden. Nach ihrer Pensionierung in einem Jahr wird sie auf die Barmherzigkeit ihrer Freunde angewiesen sein. Die Hoffnung auf eine freiwillige Unterstützung durch die Kongregation hat sie immer noch nicht aufgegeben.
Ihrem Glauben ist Rita Troll bis heute treu geblieben. weitere Texte zum Thema Kirche
Mit freundlichen Empfehlungen
3/1999
www.humanistische-aktion.de/kloster.htm |
Aktualisiert am 11.11.11