Zum Thema Tod

Zitate 

Die Beschäftigung mit dem Tode
ist die Wurzel der Kultur

Friedrich Dürrenmatt

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Bei einem alten Menschen, der Leid und Freud des Lebens kennengelernt und geleistet hat, was zu leisten ihm aufgegeben war, ist die Angst vor dem Tode etwas Verächtliches und Unwürdiges. Man überwindet sie am besten - mir zumindest scheint es so - indem man allmählich den Bereich der uneigennützigen Interessen zunehmend erweitert, bis Schritt für Schritt das Ich zurücktritt und das eigene Leben immer mehr im Leben des Universums aufgeht.

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Jedes einzelne Menschenleben sollte einem Fluß gleichen: anfangs ein kleiner Bach, in engen Grenzen gehalten, durch seine steilen Ufer und leidenschaftlich dahinrauschend über Felsblöcke und Wasserfälle. Allmählich verbreitert sich der Bach zum Fluß, die Ufer treten zurück, die Wasser strömen ruhiger, und schließlich mündet der Strom ohne sichtbaren Obergang in das Meer ein und gibt gelassen sein eigenes Sein auf. Der Mensch, der im hohen Alter sein Leben in dieser Weise zu sehen versteht, wird nicht unter der Furcht vor dem Tode zu leiden haben, weil alles, was ihm lieb ist, fortbestehen wird. Und wenn die Lebenskraft nachläßt und die Ermüdung zunimmt, wird ihm der Gedanke, ruhen zu können, auch nicht unwillkommen sein. Der weise Mensch wird sterben wollen, solange er tätig ist, im Bewußtsein, daß andere fortführen werden, was zu vollenden ihm versagt war, und glücklich in dem Gedanken, getan zu haben, was in seinen Kräften stand.

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Der glückliche Mensch ist derjenige, der die Einheit seines Ichs zu wahren weiß, dessen Persönlichkeit weder in sich selbst gespalten noch gegen die ganze Außenwelt feindlich gesinnt ist. Ein solcher Mensch fühlt sich als ein Bürger des Alls, der ohne Hemmung das Schauspiel, das es bietet, und die Freuden, die es schenkt, genießen kann - unbekümmert von dem Gedanken an den Tod, weil er sich von denen, die nach ihm sein werden, nicht wirklich getrennt fühlt. In solch inniger, naturbestimmter Vereinigung mit dem Strom des Lebens vollzieht sich die tiefste Beglückung, die wir finden können.

Bertrand Russell

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Wie er's ertragen soll, kann er sich selbst nicht fragen;
Und wenn er sich besinnt, so hat er's schon ertragen.

 
Friedrich Rückert

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Der Mensch stirbt zweimal! Das erstemal scheidet er aus dem Kreise der Lebendigen, das ist, wenn man lange gelebt hat und sozusagen alles in der Welt kennen lernte, weiter kein Unglück. Das zweitemal aber und gewissermaßen endgültig stirbt man, wenn man aus dem Gedächtnis seiner Angehörigen, seiner Freunde, der Öffentlichkeit entschwunden ist, als hätte man nie gelebt. Das ist bitter für einen, der allzeit rechtschaffen war mit den Menschen.

Bruno H. Bürgel, Astronom und Schriftsteller (1875-1948)

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Das einzig Wichtige im Leben sind Spuren von Liebe, die wir hinterlassen,
wenn wir ungefragt weggehen und Abschied nehmen müssen.
. . .
Was ein Mensch an Gutem in die Welt hinausgibt, geht nicht verloren.

Albert Schweitzer, Arzt und Philosoph (1875-1965)

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Wer den Tod fürchtet, hat das Leben verloren.

Johann Gottfried Seume, Dichter (1763-1810)

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Verachte nicht den Tod, sondern befreunde dich mit ihm,
da auch er eines von den Dingen ist, die die Natur will.

Mark Aurel, Selbstbetrachtungen

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Wenn Du das Leben aushalten willst,
richte Dich auf den Tod ein.

Sigmund Freud

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Falls der Tod
aber gleichsam
ein Auswandern ist
von hier an einen anderen Ort,
und wenn es wahr ist,
was man sagt,
dass alle, die gestorben sind,
sich dort befinden,
welch ein größeres Glück
gäbe es wohl als dieses?

Sokrates, Philosoph (469-399 v u Z)

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Mit jedem Toten, den wir lieben,
stirbt ein Teil von uns.
Von jedem Toten, dem wir verbunden sind,
bleibt ein Teil durch uns.

Helmut Soltsien

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Der Mensch ist erst wirklich tot,
wenn niemand mehr an ihn denkt.

Bertolt Brecht

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Wie gutes Tagwerk frommen Schlummer bringt,
so rechtes Leben einen fröhlichen Tod.

Leonardo da Vinci

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Ein ganzes Leben voll Gerechtigkeit, Einfachheit, Bezwingung seiner selbst, Verstandesgemäßheit, Wirksamkeit in seinem Kreise, Bewunderung des Schönen, verbunden mit einem heiteren, gelassenen Sterben, halte ich für groß. Mächtige Bewegungen des Gemütes, furchtbar einherrollenden Zorn, die Begier nach Rache, den entzündeten Geist, der nach Tätigkeit strebt, umreißt, ändert, zerstört und in der Erregung oft das eigene Leben hinwirft, halte ich nicht für größer, sondern für kleiner.

Adalbert Stifter

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Der Wunsch, einen eigenen Tod zu haben wird immer seltener.
Eine Weile noch, und er wird ebenso selten sein wie ein eigenes Leben.

Rainer Maria Rilke

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Vor dem Tode erschrickst du?
Du wünschest unsterblich zu leben?
Lebe im Ganzen!
Wenn du lange dahin bist, es bleibt.
...
Ein guter Abgang ziert die Übung.

Friedrich v. Schiller

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Wir sollen die Liebe,
welche wir den Toten mit ins Grab geben,
nicht den Lebenden entziehen.

Wilhelm Raabe, Erzähler (1831-1910)

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Wir sterben viele Tode, solang wir leben,
der letzte ist nicht der bitterste.

Karl Heinrich Waggerl, Erzähler (1897-1973)

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Zur Vollendung des Menschen gehört auch der Tod; denn auch er gehört zur Bestimmung, das heißt zur Natur des Menschen. Darum heißt der Tote mit Recht der Vollendete. Menschlich zu sterben, zu sterben mit dem Bewußtsein, daß du im Tode deine letzte Bestimmung erfüllst, zu sterben also im Frieden mit dem Tode - das sei dein letzter Wunsch, dein letztes Ziel. Dann triumphierst du auch noch im Tode über den üppigen Traum der christlichen Unsterblichkeit; dann hast du unendlich mehr erreicht, als du im Jenseits erreichen willst und doch nimmermehr erreichst.

Ludwig Feuerbach, Philosoph (1804-1872)

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Ist der Tod nur ein Schlaf, wie kann Dich das Sterben schrecken?
Hast Du es je noch gespürt, wenn Du des Abends entschliefst?
. . .
Mit jedem Menschen verschwindet
ein Geheimnis aus der Welt,
das vermöge seiner besonderen Konstruktion
nur er entdecken konnte;
und das nach ihm niemand wieder entdecken wird.

Friedrich Hebbel, Lyriker (1813-1863)

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Niemand weiß, was der Tod ist, ob er nicht für den Menschen das größte ist unter allen Gütern.
Sie fürchten ihn aber, als wüßten sie gewiß, daß er das größte Übel ist.

Platon, Apologie

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An Todkranken wird unendlich viel Geld verdient,
an Toten hingegen verdient kein Arzt.

Julius Hackethal, Arzt

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Jeder Augenblick des Lebens ist ein Schritt dem Tode entgegen.

Corneille, Pierre

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Arm ist, wer den Tod wünscht, ärmer, wer ihn fürchtet.

Unbekannt

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Der Tod ist nichts Schreckliches.
Nur die fürchterliche Vorstellung vom Tode macht ihn furchtbar.

Epiktetos

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Wer im Gedächtnis
seiner Lieben lebt,
der ist nicht tot,
der ist nur fern;
tot ist nur,
wer vergessen wird.

Immanuel Kant

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Die Geburt ist der Eingang, der Tod der Ausgang.

Unbekannt

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Ich vermute, dass ich mich nach dem Tod so fühlen werde, wie vor meiner Geburt, - nämlich gar nicht. Das scheint mir ein angenehmer Zustand zu sein, den ich nicht fürchten muss.

Roland Fakler

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Ein schönes Sterben ehrt das ganze Leben.

Italien

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Der Tod bedeutet die Tilgung jeglichen Schmerzes, und er ist die Grenze,
über die unsere Leiden nicht hinausgelangen; er gibt uns wieder jenen
Zustand der Ruhe zurück, dem wir vor unserer Geburt angehörten.

Seneca

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Ein gelehrter Kopf redet auch nach dem Tode.

Unbekannt

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Man muß die Menschen bei ihrer Geburt beweinen,
nicht bei ihrem Tode.

Charles Montesquieu, Schriftsteller (1689-1755) in 'Persische Briefe'

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Alle Kunst entsteht aus Angst vor dem Tod.

Hermann Hesse

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Aller Tod in der Natur ist Geburt, gerade im Sterben
erscheint sichtbar die Erhöhung des Lebens.

Johann Gottlieb Fichte

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Es ist gut, daß es in der Welt Gutes und Schlechtes gibt.
Sonst wäre man verzweifelt beim Abschied vom Leben.

Charles Montesquieu

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Gerade wenn man soweit ist,
anfangen zu können,
muß man sterben.

Immanuel Kant, Philosoph (1724-1804)

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Unser Tod ist der letzte Service, den wir einer Welt leisten können:
würden wir nicht aus dem Weg gehen, würde die uns folgende
Generation die menschliche Kultur nicht wieder frisch erstellen
müssen. Sie würde starr, unverändert werden, also sterben.
Und mit dem Tod der Kultur würde alles Menschliche auch untergehen.

Joseph Weizenbaum, Mathematiker (1923-2008)

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Auf dem Friedhof
sehe ich Gräber
schön gepflegt
mit Blumen und Sträuchern.

Laßt mein Grab
verwildern
und gebt mir zu
Lebzeiten die Blumen.

Kristiane Allert-Wybranietz

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Trauer ist ein seelischer Vorgang, in dem ein Individuum einen Verlust mit
Hilfe eines wiederholten schmerzlichen Erinnerungsprozesses langsam zu
ertragen und durchzuarbeiten lernt, um danach zu einer Wiederaufnahme
lebendiger Beziehungen zu den Menschen und den Dingen fähig zu werden.

Alexander u. Margarete Mitscherlich: Unfähigkeit zu trauern

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Es bleibt vom Freunde, der verging
das, was dein Herz von ihm empfing,
das, was von seinem Werk und Sein
als Abglanz sich im Widerschein
dir hell und unverlierbar zeigt -
auch, wenn er nun für immer schweigt.

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Es wird der Mensch, der dir zutiefst verbunden
und dessen Sein im Tod ein Ende fand,
von deiner Seele immer neu gefunden
in des Erinnerns heil'gem Wunderland.

Erich Limpach

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Englisches Sonett

Bin ich einst tot, Geliebte,
sollst du nicht traurig gehen.
Nicht Rosen, nicht Zypressen schwarz
soll'n mir zu Häupten stehen.
Mag grünes Gras mich decken
mit feuchter Finsternis,
du, wenn du willst, gedenke
und, wenn du willst, vergiß.

Ich fühle nicht den Regen,
ich hab' des Licht's nicht acht.
Ich höre das Lied der Nachtigall
nicht klagen durch die Nacht
und träume in dem Zwielicht
das weder wächst noch weicht,
mag ich vielleicht gedenken,
oder vergaß vielleicht.

Dieses Sonett erschien ursprünglich in englisch etwa um 1750.
Es gibt 3-4 verschiedene Übersetzungen, von denen diese, etwa
um 1920 in der FAZ veröffentlichte, die beste zu sein scheint.

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Leitsatz

Fürcht nicht die Stunde, da du stirbst.
Die Welt, o glaub's nur, kann dich missen.
Kein Stern, um dessen Licht du wirbst,
Wird mit dir in den Tod gerissen.

Solang du lebst, wirst du gebraucht.
Soll dich das Leben nicht vergessen,
Sorg, dass die Tat nicht untertaucht,
An der du deine Kraft gemessen.

Leb, dass du stündlich sterben kannst,
In Pflicht und Freude stark und ehrlich.
Nicht dich - das Werk, das du begannst,
Mach für die Menschheit unentbehrlich!

Erich Mühsam

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 Mit freundlichen Empfehlungen
 
Humanistische AKTION  
03/2002,3
 

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Aktualisiert am 12.01.13