Pornografie vermindert sexuelle Gewalt?Eine gewagte These
Der nachfolgende Tagungsbericht ist eng an eine Presseerklärung
angelehnt, die Pornografie fördert nicht sexuelle Gewalt, sondern vermindert sie - im Gegensatz zur landläufigen Meinung - sogar. Zu diesem Ergebnis kamen rund 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung "Pornografie und Jugendschutz heute" die die HUMANISTISCHE UNION zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft Humane Sexualität e. V (AHS) am 13. November 1999 in Mainz durchgeführt hat. Nach dem Münchener Rechtsanwalt Sieghart Ott gibt es bislang keine eindeutige rechtliche Definition des Begriffes "Pornografie". Ebenso vage sei auch die juristische Definition des Begriffes "Kunst". Vielen Verfahren zum Themenkreis Pornografie fehlt nach seiner Einschätzung damit die verfassungsrechtlich notwendige Rechtsbestimmtheit. Niemand könne genau wissen, ob eine bestimmte Handlung strafbar ist oder nicht. Außerdem ändere sich der Begriff der Pornografie im Laufe der Zeit, was die Rechtsunsicherheit zusätzlich vergrößere. Einige Diskussionsteilnehmer machten in diesem Zusammenhang deutlich, dass selbst FKK-Bilder von Kindern in letzter Zeit immer wieder zu juristischen Auseinandersetzungen führten. Erik Möller; freier Journalist aus Berlin und Betreiber eines wissenschaftlichen Recherchedienstes legte an Hand zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen dar; dass eine Lockerung der Strafbestimmungen zur Pornografie die Zahl von Vergewaltigungen eher verringert als erhöht. Ein Vergleich von Kriminalstatistiken in vier europäischen Ländern, den USA und Japan zeigt, dass die Vereinigten Staaten mit dem rigidesten Sexualstrafrecht zugleich die höchste Zahl von Vergewaltigungen verzeichnen, während Japans liberale Gesetzgebung zur geringsten Belastung führt. Nach Freigabe der Pornografie in einigen europäischen Ländern sank dort die Vergewaltigungsrate. Forschungen belegen zudem, dass das Prügeln von Kindern, soziale Benachteiligung sowie das Verbot kindlicher Sexualität Gewalttaten vermehren. Die neuere Hirnforschung stellt zudem einen Zusammenhang zwischen sexueller Anregung im Kindes- und Jugendalter und einer kreativen Persönlichkeit fest. Eine Kampagne zum Verbot von Pornografie greift nach Einschätzung von Maren Bedau und Barbara Schönig vom Frauenstammtisch der Berliner JungdemokratInnen zu kurz, wenn sie Pornografie generell mit einer Unterdrückung von Frauen gleichstellt. Feministische Kritik an der PorNO-Kampagne werde häufig mit dem Argument unterdrückt, Frauen machten sich damit männliche Argumente zu Eigen und verhielten sich wie "Zuhälter". Bedau und Schönig dagegen sehen in der freien Entfaltung von Sexualität ein wesentliches Element der weiblichen Emanzipation. Zum Abschluss schildert Wolfgang Tomasek seine persönlichen Erfahrungen mit einer staatlichen Überreaktion auf Grund des Verdachts auf Besitz von Kinderpornografie. Nach alledem kommt die HUMANISTISCHE UNION zu dem Schluss, dass die Einschränkung bürgerlicher Freiheiten durch eine strikte Anwendung des Sexualstrafrechts keine Bürgerin und keinen Bürger schützen kann. Statt dessen sieht sie in der Freigabe der Pornografie und aller freiwilligen sexuellen Handlungen die Grundlage zur Verringerung von Gewalt und Eingriffen in die sexuelle Selbstbestimmung. Franz-Josef Hanke, Steve Schreiber HU-Mitteilungen 168, Dezember 1999
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Aktualisiert am 17.11.11