HalberstadtBemühungen zur Rettung der Altstadt
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Brief an Filmautor 10/1983 -
Brief an ZDF 1/1984 -
Brief an ZDF 2/1984 Interview mit dem MDR-Fernsehen 2/2010
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Brief an einen Filmautor
RUDOLF KUHR 14.10.1983
Herrn Sehr geehrter Herr Bode, ich habe kürzlich Ihren Film "Die Kunst, menschliche Städte zu bauen" gesehen und habe mich sehr darüber gefreut! Das war genau die richtige Weise, das Wesentliche, das uns heute fehlt, aufzuzeigen. Bei allen Gegenargumenten, die dadurch auch mobilisiert wurden, ist durch Ihren Film doch zumindest das Gefühl für die Zusammenhänge zwischen Architektur und psychischem Wohlbefinden angesprochen worden, und das finde ich sehr verdienstvoll. Könnte ich wohl eine Kopie des Manuskriptes von Ihrem Film bekommen? Sie haben so viele gute Gedanken und Argumente gebracht von denen ich gern einige übernehmen würde. Ich befasse mich nämlich mit dem selben Thema wie Sie, nur im wesentlich kleineren, privaten Rahmen. Im Urlaub war ich in meiner Heimatstadt in der DDR mit im vergangenen Jahr aufgenommenen Fotos von der langsam verfallenden Altstadt, die z.Zt. noch aus ca. 700 Fachwerkhäusern besteht. Es ist traurig, was da an Werten verlorengeht! Ich wollte im dortigen Bekanntenkreis das Bewußtsein um diese noch vorhandenen Werte etwas stärken, aber man hat leider schon durchweg resigniert. Anbei der Text zu der Bildreihe, gern zeige ich Ihnen auch die Bilder, wenn es Sie interessiert. Ebenfalls beiliegend eine Aufstellung von einschlägigen Büchern, die ich gern einer sinnvollen Verwendung zuführen möchte, vielleicht haben Sie eine Idee? Ich würde mich freuen, von Ihnen zu hören. Es grüßt Sie Rudolf Kuhr Brief an die ZDF-Redaktion 'Kennzeichen D'
RUDOLF KUHR 24.01.1984
ZDF Betr.: Ihre Sendung vom 18.01.84 'Neubauviertel' Sehr geehrte Damen und Herren, in Ihrem Bericht über Städtebau in der DDR wurde deutlich, daß auch dort der Trend wie bei uns, wenn auch zeitverschoben, in Richtung von Erhaltung und Einbeziehung alter Bausubstanz beginnt. In Halberstadt am Harz (DDR) gibt es noch ca. 700 Fachwerkhäuser, die den Krieg überstanden haben. Leider verfallen diese kulturhistorisch wertvollen Häuser nach und nach, weil kein Geld und kein Material dafür vorhanden ist, obwohl auch Wohnraummangel besteht. Der entscheidende Mangel aber ist m.E. der Mangel an Bewußtsein der Bürger vom Wert der Fachwerkhäuser und auch der Mangel, den Wert der Häuser als Gesamt-Kulturdenkmal zu erkennen. Nur wenige Einheimische sprechen (hinter vorgehaltener Hand) von einer Kulturschande, die meisten verdrängen das Problem. Mein Bemühen ist, alles nur Mögliche zu versuchen, um die Aufmerksamkeit vieler Menschen hüben und drüben auf die Altstadt von Halberstadt zu lenken, damit in der Zwischenzeit, bis der Trend drüben stark genug geworden ist, so wenig wie möglich an alter Substanz verlorengeht. Es wäre nicht das erste Mal, daß mit privaten Mitteln aus der BRD historische Bauten in der DDR restauriert würden. Und warum sollte z.B. die Restaurierung eines ganzen Straßenzuges (Kairo) mit Bundesmitteln nur im Ausland möglich sein? Und wenn Bauarbeiter aus der DDR in der BRD arbeiten, warum sollte das umgekehrt evtl. im Rahmen des Jugendaustausches nicht auch möglich sein? Meine Bitte an Sie: 1. Können Sie mir den Wortlaut der ersten Äußerung von dem in Ihrem Bericht aufgetretenen Städteplaner Heinz Willumat zukommen lassen und evtl. auch weitere entsprechende offizielle Äußerungen und evtl. auch Anschriften? 2. Wäre es Ihnen evtl. möglich, in Ihrer Sendereihe einen Bericht über das Problem der Altstadt von Halberstadt zu senden? Eine Drehgenehmigung werden Sie dafür kaum bekommen, ich könnte Ihnen aber Dias zur Verfügung stellen (Text zu einer Bildmappe anbei). Vielleicht können Sie auch als Gegenstück aus der BRD gegenüberstellen, wie es möglich ist, alte Fachwerkhäuser, die bereits von der Stadt für den Abriß vorgesehen waren, durch arbeitslose Jugendliche verschiedener politischer und konfessioneller Richtungen kostengünstig z.B. unter Wiederverwendung alter Materialien, zu retten. Es gibt da einen Film 'Renovieren statt demolieren - Junge Leute retten alte Häuser' vom SWF (29.4.83), aus dem Sie vielleicht Ausschnitte bringen könnten. Ich würde gern bald wieder von Ihnen hören. Mit freundlichem Gruß Rudolf Kuhr
Anlage Brief an das ZDF
RUDOLF KUHR 26.02.1984
ZDF Betr: Sendung "Reisebilder aus der DDR" 6.2.84 Günter Geisler
Sehr geehrter Herr Geisler, ich habe Ihren Film über Naumburg gesehen, und es hat mir gefallen, wie Sie das Alte und das Neue in Verbindung gebracht und dargestellt haben. Falls nicht schon geschehen möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf eine Stadt lenken, die es ebenso wie Naumburg wert wäre, in einem Film gezeigt zu werden: Halberstadt am Harz, ca. 40.000 Einwohner, im Jahre 804 erstmals Bischofssitz. Im letzten Krieg zu 80 % zerstört sind jedoch noch viele kulturhistorisch wertvolle Bauten vorhanden, z.B. der gotische Dom mit dem bedeutendsten mittelalterlichen Kirchenschatz der DDR, Liebfrauenkirche mit 4 Türmen und Kreuzgang, Martinikirche mit 2 ungleichen Türmen, Dompropstei, Gleimhaus, usw. und eine Altstadt mit ca. 700 Fachwerkhäusern, die Geborgenheit, Gestaltkraft und Vielfalt in ihrer Einheitlichkeit vermittelt. Im Norden erstreckt sich der bewaldete Höhenzug mit der Huysburg. Im Süden schließen sich die Vorberge des Harzes an mit Jagdschloß und Mahnmal auf ehemaligem KZ-Lager. Strukturbestimmende Industriezweige sind Maschinenbau (Schiffsdieselmotoren, Kompressoren, Landmaschinen), Kunststoffe, Holzerzeugnisse, Fleischwaren, Zucker, Bier, Gummi, Elektronik. Gern lasse ich Ihnen nähere Informationen über Halberstadt zukommen. anbei der Text zu einer kleinen Bildmappe speziell über die Altstadt. Mit freundlichem Gruß Rudolf Kuhr Brief von der IFAGE-Filmproduktion
Herrn
Wiesbaden, 02.05.1984 Sehr geehrter Herr Kuhr, ich bedauere außerordentlich, daß wir Ihren anregenden Brief vom 26.02.84 erst jetzt beantworten können, aber wie aus dem Schreiben des ZDF vom 24.04.84 an Sie hervorgeht, ist er innerhalb dieser großen Anstalt auf Irrwege geraten. Selbstverständlich habe ich mich zunächst über die freundlichen Worte über meinen Naumburg-Film sehr gefreut. Es ist ja schließlich ein aufgeschlossenes Liebhaber-Publikum wie Sie, auf das wir bei unseren Arbeiten zielen. Was nun Ihre Anregung betrifft, in einem der nächsten "REISEBILDER AUS DER DDR" Halberstadt zu berücksichtigen, so fällt sie auf sehr fruchtbaren Boden. Zwar haben wir für die drei REISEBILDER, die wir in diesem Jahr herstellen werden, den Harz als Ganzes ausgeklammert, weil er in der letzten Zeit zu häufig behandelt wurde. Über die REISEBILDER sollen ja über viele Jahre laufen, und für das Produktionsjahr 1985 hatten wir bisher lose den Harz mit dem Ausgangspunkt Wernigerode vorgesehen. Wir sind gern bereit, stattdessen Halberstadt zu bedenken.
Mit nochmaligem Dank für Ihr Interesse und
Günther Geisler Brief an den Redakteur des 'Heimatfreund'
06.06.1985
Herrn Lieber Herr Dorge, danke für Ihren Brief vom 14.5., der neben Erfolgsmeldung aber auch wieder Resignation vermittelt. Ich bin gar nicht so ganz sicher, ob wir nichts gegen deren Planung tun können. Nicht direkt, aber vielleicht indirekt dadurch, daß wir keine Ruhe geben und immer wieder mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln auf den großen kulturellen Wert der Altstadt hinweisen und deren Erhaltung fordern. Gemäß dem Lutherschen Motto: "Und wenn morgen die Welt unterginge..." Und wenn in zwei Jahren in der Bakenstraße abgerissen werden soll, bis dahin kann sich noch sehr viel ändern. Und wir können dazu beitragen! Nur keine Müdigkeit vorschützen, und auch keine Arbeitsüberlastung! In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister! Beschränkung auf das Wesentliche, wirklich Wichtige. Sie schreiben, daß Sie sich noch nicht so schnell zur Ruhe setzen könnten, außerdem mache Arbeiten Spaß. Nun , meine Empfehlung war auch lediglich, nicht so viel arbeiten, öfter mal Ruhepausen, um sich auf sich selbst wieder zu besinnen. Arbeit kann auch zur Sucht werden. Niemand wird Ihnen Ihren Spaß an der Arbeit nehmen wollen, solange Sie damit Ihren Mitmenschen den Spaß an Zusammenleben und -arbeit nicht verderben. Und solange Ihre Arbeit selbst nicht darunter leidet. Ich bin jetzt bis 27.6. in Urlaub und hoffe, daß mir da was zu Halberstadt einfällt. Anbei einige Gedanken zum Begriff "unser" als Anregung zum Nachdenken für unsere Heimatfreunde. Außerdem je 1 Kopie von WDR und ZDF. Beste Grüße Rudolf Kuhr
Anlage
Rundbrief an Halberstädter und Interessenten an der Rettung der AltstadtJuni 1984 Kürzlich waren meine Eltern aus Halberstadt zu Besuch hier und berichteten mir unter anderem von dem Ärger eines stadtbekannten Historikers, der am liebsten sein Amt hinschmeißen würde, wegen der Rücksichtslosigkeit städtischer Stellen. Da werden z.B. baufällige Fachwerkhäuser mit Planierraupen zusammengeschoben, ohne wertvolle Einzelteile wie Türen und Balkenköpfe vorher sicherzustellen. Ich war im vergangenen Jahr in Halberstadt und mußte mit Erschütterung feststellen, daß von den restlichen Fachwerkhäusern, die den Krieg überstanden haben, eins nach dem anderen zerfällt, ohne daß etwas dagegen getan wird. Von staatlicher Seite hat man lediglich zwei Fotografen vom Berliner Staatsarchiv geschickt, um die letzten ca. 700 noch bestehenden Fachwerkhäuser im Bild festzuhalten, und das auch nur in schwarzweiß. Auf meine Frage, ob die Möglichkeit bestünde, wenigstens einen Bildband davon herzustellen, lächelten sie nur mitleidig, so etwas sei wohl bei uns in der BRD möglich, ihre Bilder seien nur für die Schublade bestimmt. Auch der städtische Denkmalpfleger erschien mir resigniert. Er erklärte mir, daß Schwerpunkt der staatlich geförderten Restaurierung Quedlinburg sei und in Halberstadt der Wohnungsneubau an erster Stelle stehe, später käme dann der Neubau von gesellschaftlichen Gebäuden. Im übrigen gäbe es kein Material. Man sei jetzt allerdings so weit, daß die alten Straßenzüge bei der Neubebauung in etwa berücksichtigt werden sollten. Ein Hausbesitzer, der zwei Fachwerkhäuser sehr gut pflegt, läßt ein drittes aus Protest verkommen, weil er von der Stadt keine Zuschüsse erhält. In anderen Fällen zerstören Asoziale (so werden sie drüben noch genannt) mutwillig ihre Unterkünfte in der Unterstadt, um bessere Wohnungen von der Stadt zugewiesen zu bekommen. Es sind leider nur ganz wenige, die ihre Häuser so schön herrichten, daß man sie jederzeit Neubauwohnungen vorzieht, ohne daß diese Leute über besonders viel Geld verfügen oder sonst irgendwie begünstigt würden. Wenn ich mich recht erinnere, dann war für die meisten Halberstädter die Unterstadt schon immer gefühlsmäßig etwas Abgewertetes. Da wohnten in kleinen, alten schmutzigen Häusern arme, einfache, ja auch asoziale Leute. Die Schönheit alter Fachwerkhäuser und Straßenzüge bewunderte man in Wernigerode, Quedlinburg oder auch Osterwiek. Das Fremde ist meist eindrucksvoller, weil man es auch nicht so gewöhnt ist. Ein Mann vom Ostberliner Fernsehen wollte am liebsten mit 10 Kameras die Unterstadt filmen, so beeindruckt war er. Ein anderer Tourist bezeichnete den Zustand der Häuser als Kulturschande. Eine bekannte Persönlichkeit äußerte sich nebenbei in ähnlicher Weise anläßlich einer Veranstaltung kultureller Art. Die Lage ist zwar deprimierend, aber sie ist nicht ganz hoffnungslos. Was jetzt zunächst einmal nötig und auch möglich ist, das wäre das Bewußtsein der Bürger und der zuständigen Stellen für den Wert der Altstadt als Gesamt-Kulturdenkmal zu wecken und zu verstärken, das wäre die geistige Grundlage für alles Weitere. Und dies erreicht man bereits dadurch, daß man wo und wann es geht, Interesse dafür kundtut. Man muß allerdings auch mit emotionalem Widerstand rechnen. Meine eigenen Eltern, die noch in Halberstadt leben, und die ich hin und wieder besuche, haben mich fast zum Aufgeben meiner Bemühungen gebracht mit ihren resignierten Äußerungen und Ängsten. Ich hatte eine Mappe mit Farbfotos angefertigt, die sowohl die noch vorhandene Schönheit, als auch den fortschreitenden Verfall der Altstadt zeigen, versehen mit einem entsprechenden Text (siehe Anlage). Diese Mappe wollte ich bei Verwandten, Bekannten. und zuständigen Leuten herumgehen lassen, um das Interesse zu verstärken, was ansatzweise auch geschah. Neben Zustimmung bekam ich aber auch deutlich zu hören, daß ich mich nicht unbeliebt machen solle, ich wollte ja doch mal wiederkommen dürfen. Ich glaube, daß hier auch schlechtes Gewissen vorhanden war, daß aber im Grunde die Abwehr als Zeichen der Betroffenheit durchaus auch positiv gesehen werden kann. Was können wir Halberstädter in der BRD konkret tun? Meine Vorstellung ist es, eine Initiative zur Rettung der Altstadt Halberstadts anzuregen, die alle Möglichkeiten möglichst vieler Menschen hier und drüben umfaßt. Ich bin sicher, daß mit ein wenig gutem Willen und etwas Aktivität schon einiges erreicht werden kann, was den Verlauf der Entwicklung positiv beeinflußt. Bisher vorhanden ist die bereits erwähnte aktuelle Bildmappe, sowohl bei mir, als auch in gleicher Ausfertigung bei meinen Eltern in Halberstadt (Rudolf Kuhr, An der Pfeffermühle 3, Telefon 21488). Weiter gibt es eine Zusage des Filmproduzenten der ZDF-Sendereihe "Reisebilder aus der DDR", für das Produktionsjahr 1985 auf meine Anregung hin anstatt Wernigerode Halberstadt als Ausgangspunkt für einen Film über den Harz zu bedenken. Antworten auf entsprechende Briefe an die ZDF-Redaktion "Kennzeichen D" und "Kontraste" stehen noch aus. Es besteht ein Film vom SWF "Renovieren statt demolieren", in welchem gezeigt wird, wie arbeitslose Jugendliche verschiedener weltanschaulicher und politischer Richtung in Rottweil alte Fachwerkhäuser unter Verwendung alter Materialien wiederherrichten, teilweise entgegen den Abrißabsichten der Stadtverwaltung. Es ist vorhanden eine Denkmalpflege-Information (Ausgabe A Nr.38/2. Nov.83) vom Bayer.Landesamt für Denkmalpflege, Pfisterstraße l, 8000 München 2 mit dem Titel "Ein Schülerwettbewerb in Franken". Hier wird über die Entstehung, Zielsetzung, Durchführung und das Ergebnis eines Wettbewerbes berichtet, der viele Bürger, vor allem der heranwachsenden Generation, mit den Zeugnissen der Geschichte bekannt gemacht hat. Es gibt eine Broschüre "Bauen und bewahren auf dem Lande" (gilt genauso für Städte) vom Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz, Geschäftsstelle beim Bundesminister des Innern, Hohe Str. 67, 5300 Bonn 1. Hier wird mit guten Texten und vielen Bildbeispielen gutes und schlechtes Sanieren gegenübergestellt. Nicht zuletzt gibt es die Broschüre "Halberstadt und seine Baudenkmale" von Scholke/Mahlke/Blattner, herausgegeben vom Rat der Stadt Halberstadt, Abt. Kultur und Erholungswesen. Es gibt die Renovierung eines historischen Straßenzuges in Kairo (Ägypten) mit Mitteln der Bundesrepublik Deutschland. Es gibt ein UNESCO-Programm zur Rettung der Altstadt Istanbuls (Tagesschau 13.6.84) Es gibt Bauarbeiter-Kolonnen.aus der DDR, die bei uns in der BRD offiziell arbeiten. Hier einige Ideen, was man als einfacher Staatsbürger zur Rettung der Altstadt Halberstadts tun kann, was können, was wollen Sie persönlich davon tun? 1. Verbesserung dieses Rundbriefes, für Kritik an Form und Inhalt und für Anregungen bin ich dankbar. 2. Kopieren und weiterschicken dieses Rundbriefes an Ihnen bekannte Halberstädter und Interessenten in der BRD, (die Anschriften der Empfänger würde ich gern in einer Kartei aufnehmen) 3. Anregung von Verwandten und Bekannten, Medien- und sonstigen Leuten, in der DDR und in der BRD, die Altstadt immer wieder zu besuchen, zu fotografieren und zu beschreiben, Bilder und Berichte darüber zu verbreiten, im Verwandten- und Bekanntenkreis, am Arbeitsplatz, im Wartezimmer, in Presse, Funk und Fernsehen. 4. Persönliche Briefe an kompetente Persönlichkeiten in DDR und BRD. 5. Entwurf eines Aufrufs. 6. Vorschlag zur Gründung eines Arbeitskreises, Komitees oder gemeinnützigen Vereins zur Rettung der Altstadt, falls es so etwas mit dieser speziellen Zielrichtung nicht schon gibt. 7. Vorschlag von geeigneten und bekannten Personen als Verantwortliche und für einen Beirat. 8. Vorschläge zur Herausgabe einer Dokumentation bezüglich Bild- und Textauswahl, Druck, Finanzierung. 9. Ihre weiteren Vorschläge: Es sollten alle nur denkbaren Möglichkeiten erwogen werden, auch wenn sie zunächst noch so unbedeutend erscheinen mögen. Und es sollte schnell gehandelt werden, denn der Verfall der Fachwerkhäuser schreitet sonst unaufhaltsam fort. Mit freundlichen Grüßen Rudolf Kuhr
Zeitungs-Artikel im
'Heimatfreund' Halberstadt im ZDF
Ein großes Dankeschön an Heimatfreund Rudolf
Kuhr In der Ausgabe Nr. 6/89 beklagte ich in dem Beitrag "Halberstadt - was ist aus Dir geworden?" die große Benachteiligung unserer Heimatstadt in den Medien unserer Bundesrepublik. Dazu führte ich die allgegenwärtige Präsenz von beispielsweise Quedlinburg und Wernigerode an. So bat ich alle Leserinnen und Leser aktiv zu werden, an die Verlage und an die Sender zu schreiben. Denn: wenn Halberstadt genannt wurde, dann zumeist mehr negativ, wie als letztes Beispiel, in der Süddeutschen Zeitung sie tituliert wurde als "eine der häßlichsten Städte" der DDR; Verfasser ist ein Halberstädter, zumindest stand dort sein Elternhaus. Nun meldete sich bei mir wieder unser Heimatfreund Rudolf Kuhr, der hier in München wohnt, und der auch schon sehr, sehr viel für Halberstadt getan hat. Er ist ein Mann, der einfach nicht locker läßt in seinem Bemühen, unsere Heimatstadt in's rechte Licht zu setzen -einesteils die Makel, die Fehler unserer Altstadt aufzuzeigen, andererseits aber auch auf das hinzuweisen, auf das wir sehr stolz sein können. Ich erhielt von ihm seine Korrespondenzmappe, in der die Kopien seiner Briefe, seiner Angebote um Mitarbeit aufbewahrt sind. Da ist ein Rundbrief an die Interessenten zur Rettung der Altstadt. Dabei erwähnt er, daß die Bundesrepublik die Renovierung der Altstadt von Kairo finanziell unterstützt, oder auch beteiligt ist an der Rettung der Altstadt von Istanbul. Für die Altstadt von Halberstadt standen keine Mittel zur Verfügung. Ein großes Echo wurde verzeichnet nach der Sendung "Aspekte" im ZDF, November 1987, in der durch Gegenüberstellungen von Fotos der Altstadt aus den Jahren 1985 und 1987 der Verfall deutlich erkennbar wurde. Ein Beispiel daraus wurde im HEIMATFREUND abgebildet.
So soll an dieser Stelle die Bitte um Mitarbeit, d. h. Presse, Funk und Fernsehen
anzuschreiben, wiederholt werden. Schauen Sie bitte noch einmal in das Heft
6/1989, Seite 7. Wer nähere Informationen über die Möglichkeiten
wünscht, der wende sich bitte auch an Herrn Rudolf Kuhr,
Bärmannstraße 9, 8000 München 60.
Leserbrief an die
'Volksstimme' Architektur belebt die Seele der StadtDas erste große Verbrechen in der jüngeren Geschichtsepoche an Halberstadt war die Zerstörung ihres Zentrums 1945. Das zweite große Verbrechen war die Beseitigung der Reste von mehr oder weniger zerstörten bzw. beschädigten, kulturell bedeutenden Bauten wie Rathaus, Komisse, Theater, sowie besonders das Verkommenlassen eines ganzen Ensembles historischer Bauten in der Unterstadt. Das dritte große Verbrechen an dieser Stadt wäre es, die noch vorhandene Chance einer teilweisen Rekonstruktion des Holzmarktes mit Rathaus, Komisse, Stelzfuß und anderen dazugehörenden bzw. -passenden Bauten nicht zu nutzen. Weitere moderne Bauten im Zentrum würden die Zerstörung endgültig besiegeln und in ihrer Austauschbarkeit mit anderen Städten nichts zu einer Hebung ihrer touristischen Funktion als Tor zum Harz beitragen. Eine teilweise Rekonstruktion dagegen auf den jetzt noch vorhandenen Freiflächen sowie eine Ergänzung durch angeglichene Bauten wie sie der Vorschlag von Hans-Joachim Kühlhorn vorsieht, wären eine Wiedergutmachung an der noch immer an ihrer Zerstörung leidenden Stadt. Ein annähernd rekonstruiertes Zentrum wäre als wiederbelebte Seele der Stadt ein Generator, der ungeahnte Energien erzeugen würde zugunsten von Kultur, Tourismus und Wirtschaft. Die psychologische Wirkung einer traditionsverbundenen Architektur mit menschlichem Maß wird leider noch viel zu wenig erkannt. Nicht ohne Grund kommen immer mehr Menschen aus USA und Japan nach Europa, um hier historische Bauten zu erleben. Nehmen wir uns ein Beispiel an Städten wie Danzig oder Hildesheim, wo sogar nach dem Kriege errichtete Neubauten wegen der Rekostruktion historischer Bauten wieder beseitigt wurden. Rettet unsere Stadt vor der endgültigen Zerstörung durch eine moderne Bebauung! Belebt ihre Seele mit einer traditionsverbundenen Architektur! Setzt ein Zeichen menschlichen Maßes in dieser Zeit des Umbruchs! Rudolf Kuhr, München Volksstimme Halberstadt 16.06.1992 Dieser Text wurde am 20.05.92 auch in das Gästebuch zur Ausstellung der Planungen zum Stadtzentrum Halberstadt eingetragen. Leserbrief an die 'Volksstimme' 01.10.1993 Gras in DachrinnenBeim kürzlichen Besuch meiner Heimatstadt ist mir aufgefallen, daß mehr als andernorts Gras in Dachrinnen etlicher Häuser wächst. Nun ist es ja nicht schlecht, wenn endlich Gras über etwas wächst und die Natur wieder Besitz ergreift, und Gras auf Dächern ist heute schon sogar ein Zeichen von ökologischem Bewußtsein. Gras in Dachrinnen dagegen ist ein Zeichen von mangelndem Bewußtsein, denn es fördert die Zerstörung von Bauwerken. Nicht nur bei leerstehenden Häusern, sondern selbst bei bewohnten und sogar neueren Gebäuden ist erkennbar, daß es an den einfachsten Pflegemaßnahmen mangelt. Von der Voigtei, Bakenstraße, über die Klusstraße (Lebensmittelgeschäft bei der Molkerei), Spiegelsbergenweg (neue Reithalle) bis hinaus zum Lindenberg, dem ehemaligen Waldgasthaus sind diese Zeichen der Vernachlässigung zu sehen. Das muß einen aufmerksamen Besucher traurig stimmen in Anbetracht dessen, was erst in jüngster Vergangenheit an wertvoller Bausubstanz durch Versäumnisse verloren ging. Vielleicht finden sich einige Heimatfreunde, die sich dieser Sache annehmen, die eine Liste der betreffenden Häuser anlegen, deren Bewohner beziehungsweise Nachbarn darauf aufmerksam machen und nach einiger Zeit nachfragen, beziehungsweise die Stadtverwaltung ansprechen, die ja für das Stadtbild mit verantwortlich ist und gegebenenfalls entsprechende Verordnungen erlassen könnte. Vielleicht läßt sich auch die Feuerwehr, die sich beim Altstadtfest in Erinnerung brachte, zu einer entsprechenden Übung animieren. Auch ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß die neuen Holztüren der rekonstruierten Peterstreppe bereits Wasserschäden zeigen. Eine Verlängerung der Rohre über den Türen oder ein Verlegen über die Pfeiler zwischen den Türen könnte größere Schäden verhindern. Was einem Besucher auch noch auffällt, das sind die zahlreichen leerstehenden Häuser. Hier sollte die Stadtverwaltung angesichts der Wohnungsnot und des drohenden Verfalls nach Ablauf einer nicht zu langen Frist die Häuser in eigene Verwaltung übernehmen oder aber enteignen, mit der Auflage einer sofortigen Instandsetzung verpachten oder verkaufen und die Eigentümer aus dem Erlös entschädigen. In Rostock soll in ähnlicher Weise bereits erfolgreich verfahren worden sein. Warum sollte das in Halberstadt nicht auch möglich sein? Es würde dem Stadtbild und vielen Menschen gut tun.
Rudolf Kuhr (wurde nicht veröffentlicht!) Leserbrief an die 'Volksstimme'
Pro und Contra historischer NachbauDie Zerstörung des Stadtzentrums 1945 war ein schwerer Schicksalsschlag für die Stadt, der für die Bewohner leider unabwendbar war. Dagegen war die Beseitigung der Reste von mehr oder weniger zerstörten beziehungsweise beschädigten, kulturell bedeutenden Bauten wie beispielsweise Rathaus, Komisse, Theater, sowie besonders das Verkommenlassen eines ganzen Ensembles historischer Bauten in der Altstadt eine politisch begründete Tragödie. Es würde einer Fortsetzung dieser Tragödie gleichkommen, wenn die heute wieder vorhandene Chance einer teilweisen Rekonstruktion des Holzmarktes mit dem Rathaus, möglichst auch mit Stelzfuß, Komisse und anderen dazugehörenden bzw. -passenden Bauten nicht genutzt würde. Deshalb wäre zu wünschen, daß wenigstens das Rathaus, zumindest in seinen äußeren Formen, so getreu wie möglich nachgebaut wird, wobei zusätzliche Türen, zurückgesetzte Dachfenster und andere Kompromisse, die für eine sinnvolle und wirtschaftlich notwendige Nutzung erforderlich sind, in schonender Weise möglich sein sollten. Auch wäre es vertretbar, wenn nicht alle Teile des Hauses in originalgetreuen Materialien ausgeführt würden, das Langhaus wäre sicher auch als verputzter Ziegelbau denkbar.Wenn das Rathaus auch nicht wie in Hildesheim die fehlende Perle in einer vorhandenen Krone ersetzt, so kann es doch zu einem Solitär werden, der als gutes Beispiel einer Architektur des menschlichen Maßes aus der Geschichte Halberstadts die Bewohner und Besucher der Stadt anzieht und erfreut. Beispiele von Nachbauten in Polen wie Warschau oder Danzig und auch in Hildesheim, Braunschweig oder Dresden, nun auch mit der Frauenkirche, können uns ermutigen und Vorbild sein. Rudolf Kuhr, München Volksstimme Halberstadt 12.04.1996 StaSi-Bericht
Hauptabteilung I Halberstadt, 2. April 1985 I n f o r m a t i o n Durch den Bürger der BRD Rudolf Kuhr wurde Ende 1984 ein "Aufruf zur Rettung der Altstadt" (Halberstadt) verfaßt, der im wesentlichen nachfolgende Punkte beinhaltet: - die vor Kriege nicht zerstörten Fachwerkbauten zerfallen, ohne daß etwas dagegen getan wird; - die Fachwerkhäuser werden zusammengeschoben, ohne daß wertvolle Einzelteile gesichert werden; - von staatlicher Seite werden lediglich 2 Fotografen vom Berliner Staatsarchiv geschickt, die die Fachwerkhäuser nur für das Archiv festhalten. (Kuhr hatte zu den Fotografen Kontakt durch eine Unterhaltung); - Schwerpunkt der staatlich geförderten Restaurierung ist nicht Halberstadt, sondern Quedlinburg; - Asoziale zerstören mutwillig ihre Wohnungen in der Unterstadt, um bessere Wohnungen zu bekommen; - von Kuhr wurde eine Mappe mit Farbfotos über die Altstadt Halberstadt erarbeitet, die mit einem Text versehen wurde (Text siehe Anhang) und Bürgern von Halberstadt zur Einsicht gegeben wurde. (Angeblich wurde K. bei der Verbreitung dahingehend gewarnt, daß sein Tun zu einer Einreisesperre führen könne). Durch Kuhr wurden nachfolgende konkrete Aktionen bzw. Maßnahmen eingeleitet bzw. angeregt:
- auf Kuhrs Anregung wird in der ZDF-Sendereihe "Reisebilder aus der DDR"
1985 nicht wie vorgesehen
- Kuhr nahm weiterhin Verbindung auf zu Autoren und Redaktionen der ARD-
und ZDF-Sendereihen
Als Ideen zur "Rettung der Altstadt Halberstadt" wird empfohlen:
Dieser Aufruf von Kuhr wird durch das Mitteilungsblatt des Vereins zur Förderung der Gemeinschaft der Halberstädter e.V., besonders des Redakteurs Wolfgang Dorge, 8000 München 80, Hochkalterstraße 4, Fernruf: (089 -6924027) unterstützt. So erfolgt der Aufruf: - alle Mittel der Beeinflussung in den Medien zu nutzen; - bei Harzreisen Halberstadt anzufahren; - Herstellung einer Bilder-Mappe aus dem Material von Kuhr und deren Vertrieb. Im Zusammenhang mit den genannten Aktivitäten wurde dargelegt, daß die Artikel im "Heimatfreund" 4/84 "Fachwerkhäuser - stolzes Erbe oder schwere Last?" 1/85 "Unsere Altstadt - ein Kulturdenkmal" von W. Dorge auch beim Rat der Stadt vielleicht gelesen werden. Der Verfasser äußerte im Artikel 1/85, daß die Möglichkeiten des Rates der Stadt aber bei der Restaurierung eingeschränkt werden durch das zentralistische System in der DDR (Rat des Kreises, Bezirk usw.). Weiterhin habe neben der Zerstörung der Altstadt im Krieg das politisch-wirtschaftliche System und die Behinderung der persönlichen Entfaltung zum Verfall beigetragen. In weiteren Briefveröffentlichungen mit negativem Inhalt wurden bekannt: - H. W. Böhmer, Verbindungen nach Ströbeck, Kreis Halberstadt; - H. J. Neuhaus, wohnhaft Düsseldorf. Beide stellten u. a. Fotos zur Verfügung.
Leiter der Unterabteilung Anhang Text zur Bild-Mappe: Unsere Altstadt
Romantische Winkel einer alten Stadt.
Warum wird aber das Schöne der Altstadt Halberstadts im Gegensatz
An interessanten Häusern und wertvollen Einzelheiten ist noch viel
vorhanden,
Leider verfallen immer wieder einzelne Häuser, und sie hinterlassen
Dabei lassen sich auch scheinbar unbedeutende Häuser durch Renovierung Es ist eine lohnende Aufgabe, altes Kulturgut zu erhalten! R. K. Brief an die Stadtverwaltung
RUDOLF KUHR
An die 21.10.1999
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, am 19.10.99 brachte die Tageszeitung taz einen ganzseitigen Bericht mit der Überschrift "Zustände wie in Halberstadt", der inhaltlich recht erfreulich war. Weniger erfreulich war neben dem Titel das darin gezeigt Foto von einer völlig unbedeutenden Ansicht einer Straße. Als gebürtiger Halberstädter, Mitglied der Bürgeraktion Holzmarkt und Fischmarkt (und taz-Genossenschaftler), der sich schon vor der Wende für einen Erhalt der Altstadt und danach für einen annähernd historischen Wiederaufbau des Rathauses eingesetzt hat, finde ich es bedauerlich, daß auch jetzt noch immer eine Berichterstattung über die Stadt fortgesetzt wird, die ihre negativen Seiten hervorhebt. Das haben diese geschundene und lange Zeit vernachlässigte Stadt und ihre Bürger nicht verdient. Ich bitte Sie deshalb freundlich, dem Redaktionsteam der taz ein Foto des Holzmarktes mit Rathaus, Brunnen und Martinikirche sowie eine Kopie dieses Briefes mit den beigefügten Anlagen zuzusenden mit der Bitte, das Foto mit einem entsprechenden Text zu veröffentlichen, und sei es auf der Leserbriefseite. Von Ihnen erbitte ich eine kurze Bestätigung des Eingangs und der Erledigung meines Schreibens, von der taz-Redaktion ein Belegexemplar.
Mit besten Wünschen Rudolf Kuhr
Anlage
Interview mit dem MDR-Fernsehen Der Wandel in Ostdeutschland : Damals ... heute, Teil 1: Halberstadt 20 Jahre nach der Deutschen Einheit verblasst bei Vielen die Erinnerung an die DDR. "Damals im Osten" und das ARD-Magazin "FAKT" zeigen bis zum 3. Oktober 2010 Beispiele aus unterschiedlichen Orten, wie sich das Bild im Osten Deutschlands verändert hat. Den Auftakt unserer neuen Rubrik macht die Fachwerkstadt Halberstadt am Nordrand des Harzes. Interview Rudolf Kuhr - der Mahner aus dem Westen Rudolf Kuhr, der 1937 in Halberstadt geboren wurde und schon in den Fünfzigern in den Westen ging, hat seine alte Heimatstadt nie vergessen. Er bemühte sich zusammen mit dem "Verein zur Förderung der Gemeinschaft der Halberstädter" die kleine Stadt auch im öffentlichen Bewusstsein in Westdeutschland zu halten.
Rudolf Kuhr setzte sich für die Denkmalpflege ein. 1984 startete Rudolf Kuhr einen "Aufruf zur Rettung der Altstadt von Halberstadt", den er dort auch selber bei Besuchen vorsichtig unters Volk zu bringen versuchte. Allerdings wurde er dabei genau von der Staatssicherheit beobachtet, die seine Aktivitäten 1985 akribisch dokumentierte. Was den Herren der Stasi aber besonders böse aufstieß war folgende Bewertung Kuhrs: "Weiterhin habe neben der Zerstörung der Altstadt im Krieg das politisch-wirtschaftliche System und die Behinderung der persönlichen Entfaltung zum Verfall beigetragen." Welches Interesse hatten ehemalige Halberstädter, die in den Westen gegangen waren, an ihrer alten Heimatstadt jenseits familiärer Bindungen? Rudolf Kuhr: Bei den mir bekannten ehemaligen Halberstädtern war das Interesse sehr groß. Es gab ja hier in der BRD einen Verein mit der monatlichen Zeitschrift "Heimatfreund" und jährliche Treffen der Mitglieder in Osterode/Harz. Herr Kuhr, Sie haben 1984 einen "Aufruf zur Erhaltung der Altstadt von Halberstadt" gestartet. Diesen haben Sie bei Besuchen in Ihrer alten Heimatstadt auch selbst unter die Menschen gebracht. Wie waren die Reaktionen damals vor Ort? Sehr unterschiedlich: einige waren beeindruckt, bei nicht wenigen - darunter auch bei meinen Eltern - wurden durch meine Aktivitäten eher Ängste geweckt, weil diese privaten Bemühungen illegal waren und nicht der offiziellen Linie entsprachen. Haben Sie in Halberstadt für Ihr Engagement von irgendeiner Seite Unterstützung erfahren? Leider nicht, auch nicht von denen, die seinerzeit offiziell für Denkmalpflege zuständig waren, die hätten ja schon allein durch diese "Westkontakte" Schwierigkeiten befürchten müssen. Wie war eigentlich das Verhältnis der Halberstädter zu ihrer mittelalterlichen Stadt und der alten Bausubstanz in den 80er-Jahren? Es gab leider nur wenig Interesse, weder von Privatleuten noch von städtischer Seite. Halberstadt war nicht für Denkmalpflege im Plan vorgesehen. Man wohnte persönlich auch lieber im Plattenbau mit Bad und Zentralheizung und erfreute sich gelegentlich an alter Bausubstanz in Nachbarstädten wie Wernigerode, Quedlinburg oder Osterwiek. Sie haben sich auch immer wieder bemüht, das Thema "Verfall von Halberstadt" in den Westmedien zu platzieren. Warum war es so schwierig, darauf aufmerksam zu machen und darüber Fernsehbilder zu sehen? Entweder gab es keine Drehgenehmigungen seitens der DDR für Halberstadt oder zu wenig Interesse bei den eigenen Redaktionen. Wie bewerten Sie, was in Halberstadt seit der Friedlichen Revolution von 1989 erreicht wurde? Es wurde verhältnismäßig viel erreicht, es hätte aber noch wesentlich mehr getan werden können. Es fehlte nicht nur an Geld, sondern vor allem an Interesse an der historischen Bausubstanz. Ist aus Ihrer Sicht an irgendeiner Stelle ein grundsätzlicher Fehler bei der Sanierung von Halberstadt gemacht worden? Im Allgemeinen wurde zu wenig darauf geachtet, so zu bauen, dass die Neubauten sich an historische Formen anlehnen (Kaufhaus am Holzmarkt, Rathaus am Fischmarkt, Anbau am Gleimhaus, Archiv und Altenheim am Domplatz). http://www.mdr.de/damals/archiv/artikel94022.html# http://www.mdr.de/damals/archiv/artikel94028_dosArt-artikel94022_zc-ebbfea4a.html
Mit freundlichen Empfehlungen 8/1999
www.humanistische-aktion.de/halberst.htm |
Aktualisiert am 25.10.13