Was derzeit wirklich passiert
von Dr. med. Jan Erik
Döllein
Ich bin 38 Jahre alt und Allgemeinarzt mit einer gut gehenden Hausarztpraxis
in Neuötting, Oberbayern, geistig gesund und ein völlig normaler
Bürger mit einer Lebensgefährtin und einem 15 Monate altem Sohn,
bin seit 12 Jahren Gemeinderat und seit sechs Jahren Kreisrat der CSU, einer
Partei, die sicherlich weit entfernt ist vom Ruf, linkspolitische und
revolutionäre Gedanken zu pflegen. Es ist nicht meine Aufgabe, solche
Texte zu schreiben und es gibt in Deutschland Tausende, die dies besser,
packender und erheblich vollständiger schaffen und wenigstens einer
von denen sollte das auch tun. Ich bin von tiefstem Herzen Demokrat und,
wie mir in den letzten Tagen bewusst geworden ist, ein hoffnungsloser Idealist.
Ich habe nicht mehr gemacht, als mir selbst die Frage zu beantworten, warum
wir niedergelassenen Ärzte, Hausärzte und Fachärzte aussterben
sollen, obwohl sich an der Charakteristik unseres Berufes und der Faszination
für die nachfolgende Generation nichts geändert hat; der Wunsch
dazu kam mit Sicherheit nicht aus der Bevölkerung, nicht von unseren
Patienten. Dass wir zu teuer sind, kann man wirklich nicht behaupten und
wertlos sind wir erst recht nicht, denn mit jedem Krankenhaustag, den wir
durch unsere Arbeit vermeiden können, helfen wir den Krankenkassen sparen.
Am 30.1.2008 haben sich 7000 von 8000 Hausärzten zu einer
Protestveranstaltung in Nürnberg getroffen und diese war die
größte und eindrucksvollste ihrer Art seit Bestehen der GKV. Keine
der großen Boulevardzeitungen brachte meines Wissens einen adäquaten
Artikel, keiner der privaten und öffentlich-rechtlichen Sender ging
tiefer und nachhaltiger auf diese Veranstaltung ein. Die allermeisten
Hausärzte eines der reichsten und größten Bundesländer
drohen mit Widerstand und niemanden interessiert es. Nur uns Ärzte,
der Rest der Bevölkerung wird außen vor gehalten. Das machte mich
stutzig und ich begann, immer tiefer im Internet nach den Gründen zu
suchen, worauf ich stieß, hat meinen Glauben an den Rechtsstaat im
Mark erschüttert und erklärt uns allen die Frage, was hier wirklich
passiert: Man muss weiter ausholen, spätestens seit der Seehoferreform
1997 wurde uns ja schon klar gesagt, dass die deutsche Bevölkerung immer
mehr überaltert, dass die Gesundheitskosten aus dem Ruder laufen sollen
und die Bezahlung immer weniger vom Solidarsystem übernommen werden
könne. Der Lösungsansatz lag neben den Einsparungen, unter denen
sowohl die Krankenhäuser als auch die Niedergelassenen leiden, in der
fortschreitenden Privatisierung von Teilen unseres Gesundheitssystems. Nur
allzu gern nahmen viele kommunale Träger die Möglichkeit wahr,
ihre defizitären Krankenhäuser an Klinikkonzerne zu verkaufen.
Die schlechte Einnahmensituation der Häuser war ein Produkt der Reformen.
Grundsätzlich ist diese Tendenz in allen Bereichen unserer Gesellschaft
zu finden, der Staat zieht sich aus wichtigen staatlichen Aufgaben zurück
und verkauft sein Eigentum, mit dem immer auch eine Sicherstellungsaufgabe
verbunden ist, an private Hände. Man kennt dies von der Bahn, von der
Post, von der Stromversorgung und zahlreichen anderen Bereichen. Auf der
Homepage des Bundestages findet man zu dem Schlagwort Privatisierung über
2000 Einträge aus den letzten fünf Jahren. Aktuell diskutiert man
gerade die Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens. Schleichend geht
damit aber auch ein zunehmender Machtverlust der Regierung einher und der
Bürger ist in allen Bereichen häufig der Willkür der Konzerne
ausgesetzt. Grundlage dieser Denkrichtung ist der so genannte Neoliberalismus,
der eine Entstaatlichung und eine Übernahme gemeinschaftlicher Felder
durch "die Bürger" propagiert, womit allerdings keine
Bürgervereinigungen gemeint sind, sondern nur die großen
Konzerne.
Zurück zu unserer Entwicklung im Gesundheitssystem: Es entstanden also
vier große Klinikketten, namentlich Rhönklinken, Asklepios, Sana
und Fresenius, die miteinander im Jahr 2007 sieben Milliarden Gewinn erzielt
haben, wohl gemerkt, der Klinikmarkt ist noch längst nicht komplett
aufgeteilt, sondern befindet sich noch zu großen Teilen in den Händen
der Kommunen. Es ist aber zu Zeiten der politisch gewünschten DRG-Abrechnung
zu erwarten, dass die stetig größer werdenden Defizite die Landkreise
immer mehr zwingen werden, sich von der Schuldenlast zu befreien, ihre
Krankenhäuser den interessierten Klinikketten zu verkaufen. Die
Gewinnerzielung läuft, auch wenn das stetig verneint wird, über
eine Personalkostenreduzierung, indem man aus dem BAT-Tarif aussteigt und
Haustarife anbietet, denen die Mitarbeiter zustimmen müssen. Zitat aus
der Homepage der Rhönkliniken: "Wir würden den Versuch, uns auf
BAT-Niveau binden zu wollen, als Angriff auf die Zukunft unserer
Krankenhäuser betrachten." Auch die Synergieeffekte wie gemeinsamer
Einkauf, Labor etc. der Klinikketten helfen, dass sich vormals rote Zahlen
bald in Gewinne verwandeln. Über kurz oder lang werden sich die meisten
Krankenhäuser mittelbar oder unmittelbar im Besitz der großen
Vier befinden. Was geschieht nun bis 2020 mit den niedergelassenen Ärzten
in Deutschland? Die werden einfach aussterben. Die Ursache ist ja leicht
erklärt, auch im ambulanten Sektor ist die Honorierung so schlecht geworden,
dass sich für einen jungen Arzt das Risiko in die Selbstständigkeit
einfach nicht mehr lohnt. Alle Gesundheitsreformen der letzten Jahre hatten
nur ein Ziel, nämlich die gesamten Leistungserbringer derart in finanzielle
Misslage zu bringen, dass man sich förmlich nach einem Heilsbringer
in Form eines professionellen Großbetriebes sehnt, der einem die Last
der stetigen Existenzbedrohung von den Schultern nimmt. Durch die Reformen
wurde sicherlich auch Geld für die Krankenkassen gespart, aber das war
nur der nachrangige Sinn, in Wahrheit wurde hier die komplette Privatisierung
der gesamten Gesundheits-versorgung unserer Bevölkerung vorbereitet.
Man gründet heute MVZ, weil argumentiert wird, dass der Zusammenschluss
die Kosten senkt und die Patienten kürzere Wege haben. Dem kann man
nicht widersprechen, aber in Wirklichkeit liefern die, derzeit häufig
noch in den Händen von einzelnen Ärztegenossenschaften liegenden,
Einrichtungen die ideale Basis für eine Übernahme durch die
großen Konzerne. Ab einer entsprechenden Summe wird sicher jeder schwach.
Es wird dann fortwährend angestrebt, die, in der Region übrigen
Arztsitze allmählich billig aufzukaufen, denn andere Interessenten gibt
es kaum. Sollte dann der gleiche Konzern auch noch das entsprechende Krankenhaus
besitzen, liegt das Monopol der Gesundheitsversorgung einer ganzen Region
in den Händen eines einzelnen Privatunternehmens. Ab dann würden
nicht mehr die Krankenkassen den Preis diktieren, sondern der Monopolist,
denn niemand anderes kann die Sicherstellung der medizinischen Versorgung
garantieren. Die Gelder der Beitragszahler werden reichlich in die Taschen
der Besitzer fließen und der mündige Bürger wird in seiner
Versorgung komplett auf die Bestimmungen des jeweiligen Konzerns angewiesen
sein. Gerade Rechte wie die freie Arztwahl will ich hier gar nicht
erwähnen, man wird froh sein, dass sich überhaupt noch jemand der
Bürger annimmt. Unsere breit gefächerte Arztlandschaft soll also
ganz bewusst umgebaut werden zu einer reinen Monokultur, die nur der
Gewinnerzielung dient und den einzelnen Patienten als Wertschöpfungsfaktor
und nicht als Mensch behandelt. Mit Sicherheit entstehende Mehrkosten für
den Versicherten müssen die Patienten aus der eigenen Tasche bezahlen.
Man bezahlt auch, denn man hat ja keine Behandlungsalternative. Ab diesem
Zeitpunkt sind übrigens auch Strukturen wie KVen, Krankenkassen oder
Ärztekammern völlig unsinnig geworden, denn einem Alleinanbieter
redet niemand mehr drein. Berufsständische Gebote wie Schweigepflicht,
Ehrenkodex, Werbungsverbot werden ebenfalls keine Geltung mehr haben, der
Arzt ist ein reiner angestellter Dienstleister für den Profitkonzern.
Bis 2020 ist alles abgeschlossen.
Diese ganze Entwicklung ist verursacht allein durch die von unserem Staat
veranlassten Gesundheitsreformen und man muss sich natürlich fragen,
wie können unsere gewählten Volksvertreter diesen Ausverkauf der
Persönlichkeit und der Intimität seiner Bürger nicht nur zulassen,
sondern sogar auslösen wollen? Wie kann ein Staat bewusst seine Mitglieder
zu gläsernen Wirtschaftsgütern machen? Bewusstes Handeln möchte
ich den meisten gar nicht unterstellen, denn durch die Nomenklaturen, Umfragen,
scheinbaren Kompliziertheiten und angeblichen Komplexitäten wissen die
allermeisten unserer Bundestagsabgeordneten überhaupt nicht mehr Bescheid,
welche Konsequenzen die Reformen langfristig auslösen werden. Auch die
Gesundheitsministerin Ulla Schmid sieht in den MVZ offenbar immer noch eine
großartige Wiedererweckung der alten Polikliniken aus Ostdeutschland,
wobei sie einen entscheidenden Unterschied vergisst, in der DDR bestand
natürlich eine Kostenstabilität durch den Staatsbesitz, während
MVZ in den Händen monopolistischer Konzerne die Gesundheitsausgaben
sicher ans Limit treiben werden und auch mit den Patientendaten noch
Geschäfte gemacht werden. Die ganzen Ziele dieser entsolidarisierten
Übernahme der Bevölkerung werden den Politikern von den Initiatoren
angepriesen mit den Begriffen Vernetzung, Qualitätssteigerung,
Kommunikationssteigerung und so weiter. Ich glaube fest daran, dass viele
unserer Politiker insgesamt davon überzeugt sind, es richtig zu machen,
denn die Daten, die sie erhalten, bestärken sie. Die Initiatoren, die
still und heimlich unsere Politiker derart stark beeinflusst haben, dass
sie zufrieden und mit reinem Gewissen die Grundfesten unseres Staates auf
den Markt werfen, sind klar zu nennen: es handelt sich um Liz und Reinhard
Mohn, unterstützt von ihrer Freundin Frieda Springer. Sie haben diese
Namen fast noch nie gelesen, sie halten sich weitestgehend aus den Medien
heraus und doch werde ich Ihnen erklären, dass es nahezu niemand anderes
ist, der das deutsche Gesundheitssystem zur Ernte für Investoren vorbereitet
hat. Das Ehepaar Mohn besitzt, als reiner Familienbetrieb, sowohl die Bertelsmann
AG, als auch die Bertelsmann Stiftung, ein geniales Steuersparmodell, denn
die Stiftung ist derzeit immer noch als gemeinnützig anerkannt, obwohl
sie zu 75% Besitzer der Aktien der AG ist, 25% der Aktien befinden sich in
direktem Familienbesitz. Durch die Gemeinnützigkeit muss die Stiftung
die Dividendenausschüttung erheblich begünstigter versteuern, als
es die Familie Mohn müsste, wenn sie als privater Eigner Steuern zahlen
würde. Die Einsparungen liegen in Milliardenhöhe, denn beispielsweise
im Jahr 2006 kursiert ein Gewinn der Bertelsmann AG von 9,7 Mrd. Euro und
der Umsatz des Konzerns war 2005 mit 16,8 Milliarden Euro so hoch wie der
der nächsten zehn Medienkonzerne zusammen. Ein "global player", der
insgesamt in über 60 Ländern vertreten ist und sich vor allem
über die Vermarktung von Kommunikation im weitesten Sinne finanziert.
Unter anderem gehört der Bertelsmann AG sowohl die RTL Group, als auch
der Gruner + Jahr Verlag, aber auch die, auf breiter internationaler Ebene
agierende Arvato, die sich auf alle Kommunikationsplattformen zwischen
Bürger und Staat spezialisiert hat. Insgesamt gehört dieser unglaublich
mächtige Konzern einer einzigen Familie, der Familie Mohn. Frieda Springer,
die Witwe von Axel Springer besitzt die Hauptanteile des Springerkonzerns
und die beiden Damen sitzen häufig bei einem Plausch bei ihrer Freundin
Angela Merkel. Ob sich unsere Kanzlerin diese Freundschaft allerdings frei
wählen konnte, ist angesichts der Medienallmacht von Liz Mohn und Frieda
Springer, die übrigens einen ausgesprochen sympathischen Eindruck machen,
mehr als fraglich. Ein Kaffeekränzchen regiert unser Land. Die politische
Einflussnahme erfolgt über die Bertelsmann Stiftung, eine Institution,
die sich vom Steuersparmodell schnell zum größten und durch den
Medienhintergrund mächtigsten Think Tank der Republik gewandelt hat.
Obwohl man in den Medien kaum den Namen
Bertelsmann hört, ist es doch erklärte Politik, die Gesellschaft
zu verbessern, zu reformieren und zu perfektionieren, vorwiegend in den
Hinterzimmern der Macht. Übrigens relativ klar formuliert von Reinhard
Mohn selbst, der wohl auch aufgrund seines Alters mittlerweile die personelle
Führung in die Hände seiner Ehefrau gelegt hat. Ich muss gestehen,
dass mich der extrem apodiktische Anspruch und die verlockenden Heilsbotschaften
leider an die Ideen von Scientology erinnert haben, jedoch habe ich bei allen
Recherchen keine Verbindung entdecken können und behaupte dies auch
nicht. Letztendlich ist dies aber wohl auch der Grund, warum auf zahlreichen
Internetseiten von der "Mohn-Sekte" gesprochen wird und gerade wir Deutschen
müssen immer hellhörig werden, wenn jemand für sich allein
den Anspruch proklamiert, zu wissen, was eine bessere Welt ist. Eine Frage,
die sich mir ständig stellt, ist, wie verfassungskonform ein Lobbyismus
ist, bei dessen Nichtbeachtung unsere Volksvertreter fürchten müssen,
über die Vernichtung in den Medien ihren Job zu verlieren. Wenn ein
Beruf, wie der des Politikers so stark von der öffentlichen Meinung
abhängt und diese Meinungsbildung in den Händen zweier netter Damen
liegt, wie viel ist dann eigentlich unsere Demokratie noch wert? Nun zurück
zum Gesundheitssystem: Die Bertelsmann Stiftung berät, aus natürlich
nur idealistischem Grund die gesamte Bundesregierung, aber natürlich
auch viele andere Konzerne mit Fakten, Demographie, Benchmarks und
Qualitätskriterien. Sie schafft Diskussionsforen und Kongresse, bei
denen ausgewählte Referenten Bertelsmannpositionen vertreten und
fortwährende, subtile Meinungsbildung aus einem Guss erfolgt. Dabei
hat die Stiftung in Deutschland aufgrund ihrer "Uneigennützigkeit" gerade
in Politikerkreisen eine außergewöhnlich große Reputation
erlangt. Der Volksvertreter muss, um richtige Entscheidungen treffen zu
können, wissen, mit welcher Sachlage er konfrontiert ist, was die
Bevölkerung will und welche Risiken bestehen. Diese Daten liefert
Bertelsmann, gleich kombiniert mit den entsprechenden
Lösungsansätzen. Die Macht der Demographie und Demoskopie ist
überragend. Wenn mir jemand sagt, ich solle meine Praxis renovieren,
habe ich die Möglichkeit, frei zu entscheiden, wenn mir aber jemand
sagt, 87% der Bürger unserer Stadt finden die Einrichtung und die Farbwahl
meiner Praxis schrecklich, wie sehr gerate ich dann bei meiner Entscheidung
unter Druck? Deshalb kann man den Politikern letztendlich gar keine
Vorwürfe machen, denn sie meinen ja, ihre Reformentscheidungen für
das Volk zu treffen. Anprangern könnte man höchstens, dass sich
viele schon so weit vom Bürger entfernt haben, dass sie ihn nicht mehr
selbst befragen können. Ähnlich verhält es sich auf alle
Fälle mit dem Gesundheitssystem, ständig wird von Bertelsmann
kritisiert, die Kommunikation und die Zusammenarbeit zwischen den ambulanten
und den stationären Ärzten ist schlecht, die Qualitätskriterien
werden nicht beachtet, man kann unsere Arbeit nicht messen und statistisch
erfassen. Die Medien beschränken sich in der Berichterstattung nur auf
Fehler und Versäumnisse unseres Berufsstandes, die tägliche Arbeit
um die Gesundheit unserer Bevölkerung findet keine Erwähnung. So
sturmreif geschossen, glauben viele Politiker, an dieser "desolaten" Situation
etwas ändern zu müssen, zumal, ich gestatte mir zu sagen angeblich,
das Geld immer weniger wird. Heilsbringer sind hier wieder die privaten
Träger, die dem chaotischen System der Einzelpraxen mit einer Fülle
an Controlling, Effizienzsteigerung, Qualitätsmanagement, Benchmarking
und repräsentativer Außenwirkung entgegentreten. Das ist der Anspruch,
der von der gemeinnützigen Stiftung in die Köpfe der Bundespolitiker
geimpft wird, das ist alles so schön nachvollziehbar und welcher Politiker
möchte nicht im Gesundheitssystem Qualität und messbare
Größen? Doch wird menschliche Nähe und soziale Wärme
jemals quantifizierbar sein?
Offensichtlich bemerken Viele nicht, auf welche Gefahr wir zusteuern: wenn
das System der Einzelpraxen dem Monopolismus einiger weniger Konzerne weicht,
wie groß ist dann deren Macht? Was Bertelsmann davon hat, unsere
Bürger zu vermarkten? Nun, Frau Liz Mohn sitzt im Aufsichtsrat der
Rhön Kliniken AG, dem größten privaten Klinikbetreiber in
Deutschland. Und ich bin überzeugt, dass es noch tausend anderer Gewinn
versprechende Gründe gibt, mit denen sich die Bertelsmann AG dieses
völlig neue, bisher geschützte Wirtschaftsfeld erschließen
wird. Sei es durch Schriftmedien, Kommunikationsplattformen Fernsehprogrammen
etc. Interessant, fand ich auch die Rolle des Herrn Franz Knieps, der noch
2003 als AOK-Geschäftsführer vor einer Privatisierung der
Gesundheitswirtschaft warnte, weil diese über kurz oder lang die Kosten
in die Höhe schnellen lasse. Mittlerweile steht er auf der Referentenliste
jeder Bertelsmannveranstaltung und sitzt im Bundesgesundheitsministerium
als Verantwortlicher für die Umsetzung der Reformen. Ich kann mir ein
Zitat aus einem Interview von 1999 mit den "Verbrauchernews" einfach nicht
verkneifen, es ging um die Forderungen der Reformkommission Soziale
Marktwirtschaft, gesponsert von der Bertelsmannstiftung: "Die Kommission
ruft zur Abkehr von den tragenden Strukturprinzipien der sozialen
Krankenversicherung auf... Gesundheit soll von den wirtschaftlichen
Möglichkeiten des Einzelnen abhängig gemacht werden. ... Die
Vorschläge der Kommission enthalten keine neuen und schon gar keine
brauchbaren Gedanken zur politischen und finanziellen Stabilisierung der
Krankenversicherung. Sie sind Blendwerk, weil sie Gesetze der Marktwirtschaft
im Gesundheitswesen einführen wollen, die dort gar nicht gelten
können." Bewundernswert, soviel fällt mir dazu ein, wie schnell
gut dotierte Referentengehälter die Meinung nahezu um 180 Grad drehen
können. Nett ist auch die Geschichte mit der E-card, die von den
Stiftungsgremien immer als Weg aus der Intransparenz und dem angeblichen
Mangel an Kommunikation zwischen den medizinischen Leistungserbringern
hochgehalten wird. Obwohl sich alle Ärzteverbände dagegen aussprechen,
weil die E-card eindeutig ein Eingriff in die ärztliche Schweigepflicht
und die Individualität des einzelnen Bürgers ist, betreibt das
Bundesgesundheitsministerium weiter deren Einführung. Beauftragt, für
ein Volumen von vorrausichtlich 1,9 Milliarden Euro ist der Konzernteil Arvato.
Es ist übrigens müßig zu nennen, dass dieses Unternehmen
zusammen mit dem Verlag Gruner + Jahr und dem Springer Konzern das modernste
Druckzentrum Europas Prinovis hält. Je tiefer man sucht, desto öfter
findet man die Verquickung der selbsternannten Eliten, die uns in Wirklichkeit
regieren. Ich gebe zu, gar nicht tiefer gestöbert zu haben, denn eigentlich
wollte ich ja nur die Frage klären, warum unsere Situation ist, wie
sie ist. Ich habe auch bei Frau Springer und ihrem ganzen Konzern keine
offizielle Beteiligung an den großen Klinikkonzernen gefunden, deshalb
kann ich mir letztendlich nur vorstellen, dass entweder entsprechender
Aktienbesitz oder die multiplen Verwebungen mit dem Bertelsmann Konzern der
Grund sind, warum sich die Springerpresse so mitschuldig macht an der Vernichtung
der ambulanten Patientenversorgung durch niedergelassene Ärzte.
Abschließend möchte ich noch einmal kurz zusammenfassen:
Krankenhäuser machen politisch gewollte Defizite, werden an Klinikketten
verkauft. Niedergelassene Ärzte verdienen politisch gewollt so wenig,
dass der Nachwuchs ausbleibt. Sie werden durch MVZ ersetzt, die zu guter
Letzt ebenfalls den Klinikkonzernen gehören werden. Die medizinische
Versorgung unseres Landes liegt dann nicht mehr in der Verantwortung von
Ärzten, sondern von Konzernen. Monopolstrukturen und die Lenkung der
Patientenströme garantieren bei einer überalterten Bevölkerung
eine geradezu utopische Ertragssituation.
Ärztliche Standestraditionen werden dem reinen Streben nach Ertrag geopfert
werden. Die gesundheitspolitische Landschaft wird sich von Grund auf radikal
verändern und entsolidarisieren. Die Ursache liegt nicht in dem Wunsch
der Bevölkerung, sondern in der geschickten Manipulation der Regierung
durch hochpotente Lobbyisten, die die Macht haben, über das Schicksal
der Politiker zu verfügen. Ich weiß, dass ich Ihnen hier viele
Fakten und Daten zugemutet habe, aber ich verspreche Ihnen, dass es sich
hierbei nur um die absolute Spitze des Eisberges handelt. Ich könnte
die Entstehung der Hochschulgebühren oder die Beeinflussung der Schulpolitik
nennen, ich könnte die Agenda 2010 der rot-grünen Regierung nennen,
die in all ihren Details nahezu komplett aus der Feder der Bertelsmannstiftung
stammt. Ich empfehle Ihnen nur einmal, in Ihre Suchmaschine die zwei
Schlagwörter "Bertelsmann" und "Kritik" einzugeben und Sie finden eine
derartige Fülle an Informationen, wie dieser Konzern Deutschland fest
im Griff hat und seine Bevölkerung zu Schafen degradiert, deren Wolle
reichlich Gewinn abwirft. Dabei ist es völlig unwichtig, ob man ein
Arbeitsschaf, ein Landtagsschaf oder ein Bundestagsschaf ist, die gesamte
Bevölkerung trägt dazu bei, den Nachschub an Wolle zu liefern.
Ich weiß nicht, wie wir alle es verhindern können, dass Gesundheit
zu einer profitablen Beute für die mächtigen Konzerne werden wird,
nur haben wir Ärzte generell eine nicht kontrollierbare
Kommunikationsplattform, nämlich unser Wirken vor Ort, bei den
Bürgern. Informieren Sie sich erst mal selbst, machen Sie sich ein eigenes
Bild, bevor Sie mir alles glauben. Betrachten Sie die Medien einmal unter
dem neu gewonnenen Aspekt der Unfreiheit und Manipulation. Wenn wir uns der
Hintergründe bewusst werden, sieht man auch, wie unwichtig eigentlich
die Streitereien der Berufsverbände sind, wie sensationell allerdings
der Protest der Hausärzte in Bayern war. Ich habe noch so viele Fragen,
die ich Sie alle bitte zu beantworten, z.B. welche Rolle spielen die
Krankenkassen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese sehenden Auges in
eine Zwangssituation laufen wollen, in der sie ausgemolken werden wie nie
zuvor. Auch ist es doch höchst fragwürdig, ob man überhaupt
dann noch Krankenkassen benötigt: wenn ohnehin die Versorgung monopolistisch
in den Händen der großen Konzerne liegt, ist es wohl zu erwarten,
dass man seinen Krankenversicherungsbeitrag unmittelbar dorthin überweisen
wird. Das ist in letzter Instanz das System des amerikanischen Konzerns Kaiser
Permanente, mit dem unsere, hoffentlich getäuschte Gesundheitsministerin
durchs Land zieht und das auf allen Internetseiten des
Bundesgesundheitsministeriums so überzeugt angepriesen wird. Wie ist
das mit Healthways, sind die so klug, dass sie die Vermarktung unserer Republik
bereits erkennen und ähnlich einem Bohrteam die besten Pfründe
sichern wollen? Oder besteht hier eine Übereinkunft mit der Bertelsmann
AG, für die es ein leichtes wäre, die Bevölkerung gegen diesen
potentiellen Gegner aufzubringen? Geben Sie mal "Atlantikbrücke" in
ihre Suchmaschine ein, erweitert den Horizont erheblich. Ich habe Angst vor
dieser ganzen Verstrickung und erst recht vor dem Gedanken, in einem Land
zu leben, das längst in den Händen von Konzernen ist. Ich kann
nur diese Ergebnisse meiner Recherche darstellen und allen verantwortungsvollen
Bürgern erklären, in der Hoffnung, dass dadurch eine Diskussion
angeregt wird, in allen Bereichen des täglichen Lebens. Ich kann als
Arzt Menschen nicht verändern, ich kann als Arzt aber die Menschen
informieren über Gefahren, die in ihrem Verhalten gründen, kann
sie warnen und versuchen, über die Risiken und Nebenwirkungen
aufzuklären. Das Internet scheint mittlerweile der einzige Weg,
Informationen noch ungefiltert austauschen zu können. Ich lade Sie alle
ein, mitzusuchen, mitzustöbern, die Geschichte publik zu machen. Zeigen
Sie diese Zusammenfassung gerne allen interessierten Menschen, Journalisten
und Entscheidungsträgern, die sich längst fragen, woher das Gefühl kommt, in diesem Staat nur noch ein Wirtschaftsgut zu sein, die sich tagtäglich die Frage stellen, warum das Leben hier immer weniger schön ist. Zeigen Sie diese und Ihre eigenen Erkenntnisse den Menschen, die Macht und Einfluss haben, diskutieren Sie, ob diese Allmacht gewollt ist, oder so schleichend entstanden ist, dass sie einfach übersehen wurde. Vertreten Sie ein Menschenbild, das mehr ist, als die RTL-Vision von Superreichen und armen Bürgern, die sich bei DSDS für uns zum Idioten machen. Die weitestgehende Anspruchslosigkeit unseres Medienangebots zeugt meiner Meinung nach deutlich von dem Respekt, den die Regierenden vor uns haben. Wenn wir nach all den Gesprächen dann gemeinsam erkennen sollten, dass diese Entwicklung unveränderbar ist und in Zukunft der Weg unserer Gesellschaft in diese Richtung führen soll, muss jeder selbst wissen, ob er dort leben will oder nicht. Nur wissen sollte jeder, warum alles so abläuft. Hinterfragen Sie, warum ein Mann wie Horst Seehofer, obwohl er die Türen geöffnet hat für diese Politik, heute in der Passauer Neuen Presse als scharfer Kritiker des Neoliberalismus zitiert wird und erinnern Sie sich, bei aller Fragwürdigkeit, warum er gerade vor der Bewerbung zum CSU-Vorsitz durch die Medien geprügelt worden ist. Dieses Schicksal droht allen Abtrünnigen und natürlich habe auch ich persönlich echte existentielle Angst vor den Auswirkungen dieses Dossiers. Die Lösung des Problems der Rettung unseres Gesundheitssystems wäre einfach: würde man den Beruf des selbstständigen Arztes wirklich wieder attraktiver machen, würde diese Berufsgruppe immer ein mächtiges Kontrollorgan und einen Gegenpol zu der Konzernpolitik darstellen, zumindest solange, bis man uns auch korrumpiert hat. Die grundsätzliche Beurteilung der derzeitigen Lage unserer Nation überlasse ich sehr gerne anderen, denn die werden dafür bezahlt. Es ist wichtig, dass der Staat sich wieder seiner Verantwortung für den einzelnen Bürger bewusst wird und nicht für den Bürger in der Definition des Neoliberalismus. Machen Sie sich Gedanken und, was mich freuen würde, überzeugen Sie mich, dass ich mich irre, dass alles, was ich heute hier verfasst habe nicht wahr ist und das Hirngespinst eines Spinners, Sie könnten mir keine größere Freude machen.
Dr. med. Jan Erik Döllein
Was derzeit wirklich passiert
Die zahllosen Antworten und die überwältigende Unterstützung
als Reaktion auf meinen ersten Text haben mir klar gemacht, dass ich mit
meinem Empfinden so weit nicht weg bin von der tatsächlichen Entwicklung
in unserem Land und den echten Sorgen unserer Bürger. Die Grundhaltung,
diesen zweiten Teil zu schreiben, ist eine gänzlich andere als beim
ersten Mal: Wenn es Anfang Februar 2008 noch so war, dass ich mir eine Türe
aufgeschlossen habe und panikartig eine erste Meldung an alle Betroffenen
ausrufen wollte, so sitze ich nun seit Wochen starr vor dem gesamten Blick
in einen Raum, den ich nicht vollständig beschreiben kann. Seit Wochen
weiß ich, dass ich diesen Text verfassen muss, aber während ich
im Bezug auf unser Gesundheitswesen noch relativ klar die paar Fakten ordnen
konnte, fällt es mir umso schwerer, Struktur in die Ausmaße der
Entdemokratisierung in Deutschland zu bekommen. Ein gewogener Journalist
hatte den Umfang meines ersten Textes kritisiert: Die Menschen könnten
einfach keine längeren Schriftstücke mehr lesen, sondern würden
plakative kurze Schlagworte benötigen, um sich einen Überblick
zu verschaffen. Nun, ich glaube, es wird uns allen in Zukunft nicht erspart
bleiben, wieder mehr zu lesen, wenn wir verstehen wollen, was in Deutschland,
in Europa und in der Welt derzeit passiert und auch dieser Aufsatz ist wieder
lang. Für die Querleser trotzdem eine kurze Zusammenfassung: 1. Die
Grundstruktur unseres Landes wurde und wird komplett verändert. An die
Stelle einer sozialen Marktwirtschaft tritt die Politik des Sozialdarwinismus,
der die Schwachen noch schwächer und die Starken noch stärker machen
soll. 2. Die im Grundgesetz verankerte parlamentarische Demokratie bleibt
wie eine Fassade davor stehen und dient allein dazu, den Strukturwandel unseres
Landes zu überwachen und Verstöße zu verfolgen. Dem einzelnen
Bürger dient sie immer weniger. 3. Die selbsternannten Eliten unseres
Landes bestimmen diese Veränderung über mächtigen Lobbyismus,
der in allen Bundesministerien zuhause ist, der die wenigen politischen
Entscheidungsträger konsequent führt oder bei Zuwiderhandlung
zerstört.
damit den Neoliberalismus Boden gewinnen ließ, es war die Regierung
Schröder, die dieser menschenverachtenden Denkweise u.a. durch die Agenda
2010 institutionelle Gewalt gab und nun macht eben die große Koalition
unter der Kanzlerin Angela Merkel weiter damit, indem sie die Privatisierung
auf Lebensbereiche ausdehnt, die eigentlich des staatlichen Schutzes
bedürfen. Auch die Grünen haben spätestens durch Oswald Metzger
als Berater der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und durch Joschka
Fischer ihren Schafwollpullover mit dem Nadelstreifenanzug getauscht. Ich
bin ohnehin überzeugt davon, dass es den Drahtziehern der deutschen
Wirtschaft letztendlich völlig egal ist, wer unter ihnen Kanzler ist,
denn salopp formuliert, sitzen alle vermeintlichen Entscheidungsträger
gemeinsam im Warenkörbchen der neoliberalen Wirtschaftsführer.
Es gab in den letzten Wochen viel wichtiges zu lesen für mich: Angefangen
mit den wenigen Werken über Bertelsmann und die Mohns, dann habe ich
mich intensiver mit dem Neoliberalismus und einem seiner Begründer F.A.
von Hayek befasst, der für diese "Glaubensrichtung" sogar den Nobelpreis
bekommen hat. Ich habe "Die Reformlüge" und "Machtwahn" von Albrecht
Müller gelesen, sehr beeindruckend fand ich "Der Deutschlandclan" von
Jürgen Roth und schlussendlich war "Der gekaufte Staat" von Adamek/Otto
die beste Erklärung für die aktuellen Vorgänge. Daraus ergab
sich für mich ein vorerst schlüssiges Bild, das ich Ihnen mit diesem
neuen Text vermitteln möchte. Verstehen Sie meine Argumente und Hinweise
wie beim ersten Mal bitte nur als Anstoß, sich selbst ein Bild zu machen
und über meine Ergebnisse zu diskutieren. Glauben Sie mir nicht einfach,
was ich schreibe, sondern bohren Sie selbst nach. Denn gerade darin sehe
ich eine der entscheidenden Möglichkeiten, unsere Politik zum Einlenken
zu bewegen, indem wir mit den einzelnen Entscheidungsträgern vor Ort
ein Gespräch führen über die Situation in unserem Land, über
das Empfinden der Bürger. Beurteilen Sie die Politiker nach ihrem
Menschenbild und nach deren Auffassung vom Staat. Resignation und
Politikverdrossenheit sind schlicht und ergreifend von unseren Medien und
der volksfremden Politik der Konzerne verursacht und düngen den Boden,
auf dem der schleichende Umbau unseres Landes entstehen kann. Und den meisten
Amtsinhabern sind die Verhältnisse hinter den Kulissen wirklich kaum
bekannt. Obwohl der Neoliberalismus schon Jahrzehnte als Gesellschaftsidee
besteht, fristete er seit dem Krieg eher ein Schattendasein, denn
grundsätzlich stand bis in die 90er Jahre
Wie viel würde die Industrie einem Systemadministrator wohl für
eine Liste der Diabetiker oder der Inkontinenten zahlen? Gibt es heute
überhaupt ein Computersystem, das vor Hackern sicher ist? Mit dieser
E-Card öffnet unsere Regierung eine unglaubliche Büchse der Pandora
und der Leidtragende ist allein der Bürger und dessen persönliche
Unversehrtheit. Vergessen wir auch nicht die mögliche Vorgehensweise,
dass ursprünglich relativ sichere Gesetze über die Zeit zunehmend
aufweichen und in diesem Falle vielleicht Versicherungen, Banken oder der
Pharmaindustrie den Zugriff erlauben. Und an dem allen soll die "Globalisierung"
schuld sein? Sie erkennen beim Lesen sicherlich einerseits die Dimension,
aber andererseits auch die Unverfrorenheit, mit der man eindeutig versucht,
den Bürger schlichtweg zu täuschen. Ein weiterer, vormals in rein
staatlicher Hand liegender Bereich ist die Rentenversicherung: mit
schlafwandlerischer Sicherheit bestehen alle Wissenschaftler und Politiker
darauf, dass unsere Gesellschaft ja hoffnungslos überaltert. Alle wissen
jetzt bereits, wie viele Menschen 2020 geboren werden und darum müssen
jetzt schon alle fleißig ihren Obolus an private Konzerne entrichten,
um angeblich im Alter noch ein Auskommen zu haben. Die Einnahmen der
Versicherungsgesellschaften sind enorm. Albrecht Müller schreibt in
seinem Buch "Die Reformlüge" recht deutlich, dass sich all diese Daten
auf eine Studie in den 90er Jahren beziehen, die durchaus mehrere Varianten
anbot, von denen allerdings nur die Überalterung fortan propagiert worden
ist. Zurzeit haben wir ein Bevölkerungswachstum wie 1972 und wenn in
Zukunft wirklich irgendetwas schuld sein sollte an der Überalterung
unseres Landes, dann sind es die niedrigen Einkommen und die erheblichen
Arbeitsplatzunsicherheiten, die aus dem Umbau unseres Gesellschaftsgefüges
entstehen und die es Familien schlichtweg nicht mehr ermöglichen, mehrere
Kinder großzuziehen. Aber diese sollen ja ohnehin in den
Kindertagesstätten der Konzerne aufwachsen, womit sich der Kreis wieder
schließt. Es gibt in der Volkswirtschaft so eine nette Berechnung,
die ein gewisser Herr Mackenroth bereits in den 50er Jahren erstellt hat:
Das so genannte Mackenroth-Theorem besagt schlicht und ergreifend, dass im
Falle einer Überalterung der Gesellschaft weder eine umlagenfinanzierte
(die Jungen zahlen für die Älteren) noch eine kapitalfinanzierte
Rentenversicherung funktionieren kann. Wenn es also wirklich, was ich bezweifle,
zu einer erheblichen "Vergreisung" Deutschlands kommen sollte, gibt's auch
keine ordentliche Rente aus Riester und Rürup, die aktuellen Zahlungen
würden nur die Versicherungsunternehmen reich machen, der zukünftige
Rentner hätte nichts davon. Insgesamt bleibt also zu hoffen, dass sich
die Bevölkerung so normal weiterentwickelt, wie bisher, dann wird uns
das nur als gelungene demographische Veränderung durch die Politik unseres
Staates verkauft werden und man bekommt sein Geld im Alter...das man allerdings
dann gleich wieder den Konzernen zurückzahlen darf, denn die Altersheime
sind ja auch längst Spekulationsobjekt (z.B. Curanum AG, derzeit 66
Altersheime, nahezu nur im Besitz von Investorgesellschaften). Was geht hier
in unserem Land vor? Wie kann es sein, dass Wirtschaftsunternehmen derartig
zügellos in vormals gemeinnützige Bereiche einbrechen dürfen,
uns eine lebenslange Zahlstrecke auferlegen können, ohne von den Instanzen
unseres Staatswesens in Ihre Bahnen verwiesen zu werden? Ich kann mich heute
als Bürger frei entscheiden, ob ich Wasser, Bier oder Cola trinke, aber
welche Entscheidungsfreiheit habe ich, wenn der einzige Kindergarten in meinem
Ort einem Konzern gehört, wenn die einzige Möglichkeit der
medizinischen Versorgung bei einem Konzern liegt, wenn die Schule, in die
ich meine Kinder schicke, einem Konzern gehört oder wenn ich mein Studium
nicht mehr nach meinen intellektuellen, sondern nach meinen finanziellen
Möglichkeiten aussuchen muss? Und, an die zahlreichen Hayek-Jünger
die Frage gerichtet: Wenn unsere staatliche Verantwortlichkeit nicht marktkonform
ist, wie marktkonform sind eigentlich Monopole? Dies ist, meiner Ansicht
nach, leider der Dreh- und Angelpunkt, der die neoliberale Scheinwelt zum
Wanken bringt, von Markt kann man nicht sprechen, wenn es nur wenige Anbieter
gibt. Meinen Sie, die Preise würden so anziehen, wenn es in Deutschland
500 unabhängige Stromanbieter gäbe? Meinen Sie, die Kosten in unserem
Gesundheitswesen werden niedriger, wenn die Versorgung unmittelbar oder mittelbar
in den Händen Weniger liegt?
wenn der Besitzer mal Eigenbedarf anmeldet, muss ich raus. Ich meine, dass
man hierbei durchaus betriebswirtschaftlich und nicht volkswirtschaftlich
denken muss. Natürlich kann man alles vertraglich regeln, natürlich
hat das kurzfristig Vorteile für die Finanzen des Staates, aber, bitte
vergessen Sie nicht die Belastungen für die nachfolgenden Generationen.
Wir sind das Volk und der Staat gehört uns, nicht irgendwelchen Politikern,
die sich in ein paar Jahren zur Ruhe setzen können. Dieses Empfinden
als Volksvertreter scheint den Entscheidungsträgern mehr und mehr abhanden
gekommen zu sein und die, die anders denken, werden im Rahmen der
Parteiräson schon gefügig gemacht. "Nur nicht nachdenken" so scheint
zu gelten, sonst hat man keine Chance in der politischen Hierarchie. Kann's
das schon gewesen sein? Wie soll es weitergehen, wenn die Sahnestückchen
verkauft sind? Momentan brüsten sich unsere Politiker mit dem Verkauf
von Teilen der Deutschen Bahn, was kommt als nächstes? Wie wäre
es, den Reichstag zu verkaufen und als Mieter einzuziehen? Oder wir verkaufen
die Bundeswehr (ÖPP Herkules als Einstieg) und die Polizei an einen
privaten Träger, im Falle eines Krieges oder bei Unruhen steigen zwar
die Kosten, aber in unserem Land wird das schon nicht passieren und die
Strafverfolgung könnten die Unternehmen auch noch besser steuern als
bisher (Grüße an Jürgen Roth). Eine besonders lästige
Institution, das Bundesverfassungsgericht, könnte man doch an ein
Investorenkonsortium verkaufen, das sich dann für passende Urteile entlohnen
lassen könnte, vom Kläger und vom Staat. Oder die Bundestagswahlen:
deren Durchführung könnte man doch an den privaten Betreiber Arvato
vergeben, die Wahlergebnisse wären dann für den Abonnenten schon
zwei Tage vor der Wahl auf der entsprechenden Homepage abrufbar. Haben Sie
eigentlich den Eindruck, dass die Staatsverschuldung durch diese ganzen
Privatisierungen merklich zurückgegangen ist? Dass hier jetzt Gelder
frei geworden sind, mit denen man die Zukunft unserer Bürger verbessern
kann? Letztendlich kritisiert der Bundesrechnungshof, dass die Erlöse
aber nicht zur Entschuldung benützt werden, sondern nur, um den laufenden
Haushalt zu finanzieren, damit man bis zu einem Jahr x keine Neuverschuldung
mehr macht. Die Mehrausgaben werden letztendlich offenbar einfach auf die
Bürger abgewälzt. Und das in einer Zeit der stagnierenden Löhne
und eines, durch die Eurozone entstandenen "Teuro".
Nennen Sie mir eine, ursprünglich gemeinnützige staatliche Einrichtung,
von deren Privatisierung, von deren Qualität und unternehmerischer
Führung der Bürger und der Staat profitiert haben. Die gibt's doch
sicherlich, bitte sagen Sie mir welche, habe grad keine gefunden. Ich glaube,
mittlerweile sollte klar geworden sein, dass hinter dieser politischen
Entwicklung leider nicht mehr das gesamtgesellschaftliche
Verantwortungsgefühl von konservativen oder sozialdemokratischen
Volksvertretern steckt, sondern nur noch das, politisch sehr ökumenische,
Gewinndenken des Geldmarktes. Und da kommen unsere "Eliten" ins Spiel, deren
elitäre Eigenschaft leider nur im finanziellen Reichtum zu bestehen
scheint, denn weder im ritterlichen Schutz für den Schwächeren
noch im Fühlen für unser Gemeinwohl kann ich hier besondere
Stärken entdecken. Sascha Adamek und Kim Otto stellen in ihrem Buch
"Der gekaufte Staat" derart grandios dar, an was unser Staat derzeit krankt:
Der damalige Bundesinnenminister Otto Schily, der nach wie vor keine Angaben
über die Nebeneinkünfte während seiner Amtszeit macht, hat
zum Beginn des Jahrzehntes das Programm "Seitenwechsel" angestoßen,
das es Mitarbeitern von Konzernen ermöglicht, als Leihbeamte in allen
Ministerien an Gesetzesentwürfen und Verhandlungen teilzunehmen. Es
wurde uns als "Moderner Staat" oder "Schlanker Staat" verkauft. Wie gerne
würden wir normale Bürger unsere Steuerbescheide selbst festlegen
und wie gerne unsere eigenen Bauvorhaben selbst genehmigen. Nun, den Konzernen
war vergleichbares ab diesem Zeitpunkt völlig legal möglich und
es wurde allerorten reichlich ausgenützt, um Weichen zu stellen. Die
meisten Abgeordneten hatten davon kaum Kenntnis. In Bezug auf das
Bundesgesundheitsministerium arbeiten derzeit "Fremdarbeiter" folgender
Organisationen: AOK, Bertelsmann Stiftung, DAK, Deutsche Bank, DLR, Techniker
Krankenkasse, Werbe- und Vertriebsgemeinschaft Deutscher Apotheker.
Ausführlich wird auch die Position von Frau Sophia Schlette von Bertelsmann
dargestellt, deren eigentlicher Auftrag im Dunkel bleibt, die aber sehr nah
an Ulla Schmidt hängt, deren Reden schreibt, die Außendarstellung
koordiniert und sich als Reiseführerin durch die neue Welt der
amerikanischen Gesundheitsindustrie engagierte. Dagegen verblasst Claus Theo
Schröder, der Staatssekretär im Bundes- Gesundheitsministerium
fast, er war ja vormals nur ein wichtiger Mitarbeiter der Rhön Klinik
AG.
Ob sich eigentlich Frau von der Leyen, unsere Familienministerin, viel
Glück an Tantiemen verdient hat, als Sie mit Frau Liz Mohn zusammen
"Familie gewinnt" veröffentlicht hat? Und wie viel musste sie schmieden,
dass die Kindergärten nun den Konzernen überantwortet werden
dürfen? Kaufen wird dieses Buch wohl kaum jemand, zumindest gibt's auch
ein Jahr nach Erscheinen noch keine Leserkritik bei Amazon. Ich könnte
hier noch etliche Beispiele anführen, wie sich unsere Politiker und
unsere Konzernlenker tagtäglich um den Amboss raufen, um das Glück
des jeweilig anderen zu schmieden. Ich will nur den Querleser nicht komplett
vergrämen und die Fälle findet man ohnehin zuhauf in den oben genannten
Büchern, die jedem zugänglich sind. Als Reaktion auf meinen ersten
Text, der irgendwie anders als dieser war, wurde ich oft gefragt, was man
denn jetzt tun kann. Herrgott, das weiß ich doch auch nicht, aber ich
will Ihnen meine grundsätzliche Meinung nicht vorenthalten: 1. Lesen
Lesen: Bitte beschränken Sie Ihre Lesegewohnheiten nicht auf den Mainstream
der Illustrierten. Diese sind zu großen Teilen wirklich nahezu aus
einem Guss. Es ist dabei fast egal, ob es ein vermeintlich kritisches Blatt
wie "Der Spiegel" ist oder "Die Frau im Spiegel". Nahezu alle Zeitschriften
mit bundesweiten Auflagen befinden sich in den Händen ganz weniger Menschen
(Bertelsmann, Springer, Burda, Holzbrinck, Bauer). Wenn man versucht, sich
nur aus dem Fernsehen zu informieren, stößt man schnell auf
ähnliche Liegenschaften, wobei auch die öffentlich rechtlichen
Sender nicht frei und unabhängig sind. Nicht umsonst sitzt der
stellvertretende Chefredakteur des ZDF im Konsortium der Bertelsmann Stiftung.
Und die sonntägliche Debatte nach dem Tatort ist ja quasi eine subtile
Werbesendung für das neoliberale Termitenunwesen, früher zelebriert
von Frau Christiansen (Mitglied im Kaffeekränzchen, wie ich erfahren
habe), nun durch Anne Will weitergeführt. Informieren Sie sich auch
durch das Internet, wobei hier natürlich gefragt ist, sich mehrere
Sichtweisen zu erschließen. 2. Urteilen Urteilen: Lernen Sie wieder,
Informationen nach ihrer Richtigkeit zu sortieren, glauben Sie nicht alles,
das man versucht, Ihnen weis zu
machen, denn im Zweifelsfall muss man sich immer fragen: Cui bono, wem
nützt es? Wenn heute, von den Magazinen hochgehaltene, Menschen wie
Roman Herzog oder Wolfgang Clement geradezu widerlich die jüngere Generation
gegen die ältere aufhetzen möchten, schauen Sie sich an, was das
Konvent Deutschland ist, wer dahinter steht und was Wolfgang Clement in seiner
Zeit als Minister unter "Wirtschaftsförderung" verstanden hat. Es ist
einfach nicht alles wahr, was uns tagtäglich erzählt wird. Glauben
Sie bitte auch mir nicht, sondern machen Sie sich ein ganz eigenes Bild von
der Situation unseres Landes. 3. Politisch denken und handeln handeln: Es
ist egal, ob Sie sich in Ihrer Denkrichtung eher der Sozialdemokratie oder
den Konservativen, eher den Wirtschaftsliberalen oder den Grünen hingezogen
fühlen, machen Sie mit! Wenn Sie in keine Partei wollen, setzen Sie
sich trotzdem ein für Dinge, die in Ihrem Umfeld falsch laufen, engagieren
Sie sich in Bürgerinitiativen, Gesprächskreisen und Veranstaltungen.
Von unseren Sofas aus werden wir leider den politischen Stil unseres Landes
schlecht verbessern können. Alle Parteien fordern eine "aktive
Bürgergesellschaft", ok, die können Sie haben, aber dann ist mit
Sicherheit auch eine Verbesserung der direkten Demokratie wichtig. Die Schweiz
ist derzeit erheblich besser in der Lage, die Termiten abzuwehren, weil Sie
das Element des Volksentscheides pflegt. Auch unsere Politiker würden
sich ihrer Rolle als Volksvertreter wieder bewusster werden, wenn sie unter
der Legislaturperiode ihr Handeln öfter mit den Bürgern abstimmen
müssten. Ich denke, zur Erhaltung unseres Staates ist die Verstärkung
der direkten Demokratie auf Bundesebene sehr wichtig, wobei man sich schon
klar sein muss, dass durch die Abhängigkeit der Medien diesen dann durchaus
auch eine gefährliche Rolle zukommen würde. 4. Demokratisch denken
und handeln handeln: Wir sind ein Land voller unterschiedlicher Meinungen,
Menschen, Ideen und Gesinnungen. Wir sind ein Land mit Starken und mit Schwachen,
mit Rauchern und Nichtrauchern, mit Dicken und mit Dünnen, mit Klugen
und mit Dummen und alle haben ein Recht, hier in Frieden leben zu können.
In Bayern bezeichnet man diese Denkweise als "Liberalitas Bavariae", aber
dies ist auch Ausdruck der demokratischen Grundhaltung. Niemand darf durch
Wenn Sie diesen Text irgendjemand zeigen wollen, ihn auf Ihre Homepage stellen wollen oder versenden wollen, brauchen Sie mich nicht zu fragen, natürlich dürfen Sie das. Ich habe auch diesen Text nicht für mich, sondern für jeden interessierten Bürger geschrieben und er vertritt nur meine derzeitige Meinung. Machen Sie sich selbst ein Bild. Ich liebe unser Land und dessen Menschen, ich will hier nur in Frieden meinen Sohn aufwachsen sehen und für meine Patienten da sein. Aber wie steht es so schön in der Bibel und auf dem Grabstein meiner Eltern: Alles hat seine Zeit.
Dr. Jan Erik Döllein, Allgemeinarzt Gemeinderat, Kreisrat, Verwaltungsrat
Kreiskliniken Altötting/Burghausen JanDoellein@kabelmail.de
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Aktualisiert am 03.01.11